Nizza: News
Nizza und das europäische Projekt
Seitenauswahl
Live aus Nizza Background zu Nizza Bilder aus Nizza
Berichterstattung aus Nizza
Nach den Live-Berichterstattungen aus Prag sind wir jetzt wieder auf
Achse und berichten Euch von den Demonstrationen am Rande des
EU-Gipfels in Nizza.
Berichterstattung auf dem Netz
Von , 7. Dec. 2000, 17:01
www.indymedia.org
Weitere Informationen zu den Vorgaengen in Nizza findet mensch unter
www.indymedia.org
Sinn einer Blockade
7. Dec. 2000, 16:34
Der Protest in Nizza sollte nicht die Austragung des baskischen
Freiheitskampfes werden und sollte nicht in offensiver Weise Gewalt
anwenden. Ziel war eine friedliche und provokativ konsequente
Blockade von Strassen, Eingaengen, Hotels, etc. damit die hohen
"Entscheidungstraeger" und Politfuehrer ebenfalls augeschlossen
wurden. So wird die herrschende Ausgrenzung von Menschen und
Minderheiten etwas anders als in Form von Arbeitslosen, Bettler,
Obdachlosen und working poor deutlich. Entweder haben alle oder
keiner die gleichen Mitbestimmungsrechte, dies war die Forderung!
Die Polizei hat aus Prag gelernt und dies schon beim Anzug der
DemonstrantInnen mit Traenengas versucht zu vereitelen, waehrend die
mobilien Strassenkampfeinheiten jedes sit-in auf einer Strasse
wegpruegelten. Die Militanz seitens der AktivistInnen sorgte dann
fuer den Ausnahmezustand.
Strassenschlachten in einer besetzten Stadt
7. Dec. 2000, 15:59
Schon am fruehen Morgen streiften in der ganzen Stadt AktivstenInnen
etwas ziellos herum, immer auf der Suche nach groesseren Gruppen,
nach Versammlungsorten und nach genaueren Inforamtionen.
Um etwa 5:30 Uhr fanden sich mehrere tausend Menschen in einer
heruntergekommen Gegend noch einige Kilometer entfernt vom bald
beginnenden EU-Gipfel.
Der bunt gemischte Umzug, aus allen Winkeln Europas, darunter viele
Basken, Italiener und Englaender, bewegte sich dann in grosser
Geschwindigkeit hin zum Kongresszentrum.
Ziel war die Blockierung der Zufahrten und Eingaenge, wobei die
Polizei und die Nationalgarde schon alles waehrend der Nacht
abgesperrt hatte. Da nuetzte auch nicht das sehr ruehe Aufstehen.
Schon um 8:00 Uhr ist es dann zu ersten ernsthaften
Frontalkollisionen gekommen, als die Polizei bei dem vorbeiziehenden
Umzug Traenengas einsetzte. Daraufhin entwickelten sich rauhe
Strassenschlachten, Steine flogen, Scheiben gingen in Bruch und Autos
kippten. Die Polizei setzte immer wieder massiv Traenengas ein und
konnte damit keine Aufloesung erreichen.
Nach einer kurzen Pause wechselte die Polizei ihre Strategie und
griff mit dutzenden von Strassenkampfeinheiten ins Geschehen ein.
Diese etwa 20-30 Mann starken und in schwarzen Kampfmonturen und
Gasmaksen ausgeruesteten Gruppen erinnerten an den einschlaegig
bekannten Schwarzen Block vom 1. Mai. Die Folge waren sich weit in
die Stadt ausdehende Strassenkaempfe, so dass ueberall diese
Einheiten Demonstranten verflogten und um sich schlugen ohne
Verhaftungen zu machen.
Ohne Sinn, Zweck und Ziel ging dieses martialische Schauspiel weiter.
Nach ein paar Stunden hatten sich dann doch wieder eine groessere
Gruppe von DemonstrantInnen und AktivistInnen an einem Ort
versammelt, um gemeinsam ins Schlaflager zurueckzugehen.
Nach kurzem Fussmarsch entstand daraus die wildeste und brutalste
Strassenschlacht des ganzen Tages.
Die baskischen Militanten griffen in krasser Unterzahl wie aus dem
Nichts ein Meer von Polizisten an und demolierten einen komplette
Polizeiinfrastruktur bestehend aus Einsatzwagen und -bussen. Sie
gelangten sogar in den Besitz eines grossen Stadtbuses, mit dem sie
auf die Polizeibarrikaden losfuhren.
Die um sich greifende Panik steigerte die schon grosse Verwirrung,
versprengte die letzten AktivistInnen und DemonstrantInnen und setzte
dann dem ganzen ein jaehes Ende.
Die Innensstadt ist momentan ein geschlossener Bunker, keiner kommt
rein, kein kommt raus.
Die Minister tagen.
70000 an der Demo fuer ein soziales Europa
Von , 7. Dec. 2000, 15:51
Voller Erfolg fuer die Mobilisierungen der Gewerkschaften
Amtliche Angaben zu Folge waren es \"nur\" etwa 70000 Demonstranten,
waehrend die Organisatoren von weit ueber 100000 Menschen sprachen.
Auf jeden Fall uebertrifft diese europaeische Gewerkschaftsdemo in
ihrer Staerke etlichen Anlaessen der letzten Jahren.
Unter dem Motto der Schaffung eines sozialen Europas wurde die
demokratische Mitbestimmung eingefordert bei der Konstruktion eines
\"neuen\" Europas.
Gare Nice besetzt
, 7. Dec. 2000, 15:46
Ende der Verkehrsfreiheit
Das franzoesische OK, unter der Fuehrung der lokalen
ATTAC-Organisation, hat sofort nach der Inforamtion ueber die
Grenzschliessung eine Demo vor dem staedtischen Hauptbahnhof
ausgerufen.
Fast zwei tausend DemonstrantInnen blockierten darauf fuer mehrere
Stunden den Hauptbahnhof, wobei es zu verschiedenen Zusammenstoessen
mit der Polizei kam.
Global Action Express & freier Personenverkehr in der EU
Von lup, 7. Dec. 2000, 15:34
Der Spezialzug der italienischen Ya Basta! wurde noch vor der
franzoesisch Grenze gestoppt. Die Auswirkung geschlossener
Uebergaenge waren langwierige Verkehrsblockaden
Wie schon bei der weltweiten Mobilisation fuer die Aktionstage in
Prag, organisierte Ya Basta! wieder einen Global Action Express der
ungefaehr 1200 italienische AktivistenInnen nach Nizza bringen
sollte.
Daraus wurde nichts. Die franzoesische Regierung liess die
italienisch-franzoesische Grenze von der Gendarmerie schliessen,
ausser Gruenden der nationalen Sicherheit...
Nachdem die Vertreter von Ya Basta! von einem riesigen
Polizeiaufgebot an die Wand gedrueckt wurden, entwickelte sich eine
wahrhaftige Grenzblockade.
Die Aktivisten blockierten bis spaet in die Nacht hinein den gesamten
Zugverkehr und die Autobahn. Der Versuch zu Fuss nach Frankreich zu
gelangen, verhinderte die franzoesische Nationalgarde.
Seattle, Prag und nun Nizza
7. Dec. 2000, 15:28
Während beim IMF/WB-Treffens von diesem September in Prag die Medien
schon im Vorfeld bürgerkriegsähnliche Zustände heraufbeschworen, war
bis an den Tag des eigentlichen Ministertreffens in Nizza nicht ein
Wort bezüglich der Proteste zu vernehmen.
Die lokale ATTAC-Organisation hat in einem breiten Linksbündnis zu
einer konsequenten, aber gewaltfreien und friedlichen Blockade der
Stadt Nizza und des EU-Gipfels aufgerufen.
Nach den Demonstrationen und heftigen Protesten beim letzten Treffen
der EU-Minister in Biarritz haben nun auch traditionelle
Gewerkschaften, grösstenteils in Deutschland, Frankreich und Italien,
zu Mobilisierungen für Nizza aufgerufen. Mit der starken Verankerung
des Organisationskomittee in Nizza selber und der aktiven
Aufbauarbeit des Netzwerks der Europäischen Märkte, bekamen die
geplanten Proteste einen starken ?gewerkschaftlichen? Hintergrund.
Die Euromärsche fordern die Garantierung eines europäischen
Existenzminiums für alle, dies vorallem im Bezug auf die hier
entstehende Charta. Diese Charta wird ein Kernbestand der
entstehenden europäischen Verfassung werden und dort sollen diese
sozialen Grundrechte verankert sein. Das Netzwerk der Erwerblosen
verfolgt eine ausserparlamentarische Politik und will als europäische
Basisgewerkschaft diese Rechte erkämpfen. ?Papiere für alle? und
?Service Public? runden das Programm der Bewegung ab.
Das lokale Komitee ruft auch in Erinnerung, dass in Nizza mit dem
Front National die extreme Rechte in der Regierung waltet, wie
Österreich mit der, nach oberflächlichen Mahnungen, etablierten FPÖ
am Gipfel teilnimmt.
Es ist darauf hinzuweisen, dass an diesem wegweisenden europäischen
Gipfel die bisherige EU-Politik in all ihrer Härte gegenüber sozialen
und ökologischen Belangen weitergeführt und in den Grundfragen nicht
eine wirkliche Auseinandersetzung stattfinden wird.
Wie schon bei den grossen Protesten anlässlich des EU-Gipfels von
1999 in Köln gegen eine ökologisch zerstörerische, kapitalintensive
und durchindustrialisierte Agrarpolitik, gegen die zunehmende
Verschlechterung der Lebensbedingungen lohnabhängier und erwerbsloser
Menschen (z.B. durch die Ausweitung ungesicherter Arbeitsverhältnisse
auf europäischer Ebene), gegen den Ausbau des EUROPOL ohne
parlamentarische Kontrolle und gegen die immer perfektere Abschottung
der Festung Europa gegen Flüchtlinge und MigrantInnen demonstriert
wurde, sind diese Themen nicht vergessen gegangen und hier Nizza
wieder aufgegriffen worden.
Mit der Osterweiterung der Union und der damit notwendigen gewordenen
inneren Strukturreformen wäre eine echte Demokratisierung möglich, in
dem man neben einer unabdingbaren Gewaltenteilung zwischen der
Exekutive, Legislative (selbstverstanden mit einem richtigen
Parlament) und Judikative auch starke föderalistische Staatselemente
eingeführt hätte. Nur diese vertikale Gewaltenteilung zwischen unten
und oben ermöglicht die Verwirklichung einer europäischen Idee, wo
alle, ob arm oder reich, ob klein oder gross, mitmachen können.
In Nizza streiten sich die Grossen nur um ihre Pfründen. Deutschland
will sein Vetorecht nicht in Immigrationsfragen verlieren, Frankreich
nicht in der Handelspolitik und Spanien nicht in der
Subventionspolitik. Es soll das wahre Gewicht, d.h. Die
Bevölkerungszahl zählen, und nicht die einzelnen Regionen oder
Länder.
Nizza stellt eine Chance dar für die Vernetzung verschiedender
Bewegungen in Europa, zeigt Wege in eine Alternative auf und bietet,
nach den weltweiten Protesten für Mitbestimmung unserer Geschicke auf
globaler Ebene (WTO/IMF/WB), einen Ansatz für ein anderes Europa.
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