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Aachen: Eisenacher Rechtsextremisten verurteilt

Der rassistische Ueberfall

Im Dezember 1997 sind "Shadows towards my sky" in der als Treffpunkt von
Rechten bekannten Aachener Discothek "Ritz" aufgetreten. Nach Ende des
Konzerts haben Kai-Manfred Arnstedt, Gino Hofmann, Denis Pufke und Thomas Meng den
zufaellig vorbeilaufenden ruandischen Studenten zunaechst vor der Disco
angepoebelt: "Scheiss Nigger, was hast du hier zu suchen? Bist du aus dem
Urwald entlaufen?" Als der Beschimpfte die Band-Mitglieder zur Rede stellen
wollte, wurde er von Arnstedt mit den Worten "Kein Neger redet mit mir" zu Boden
geschlagen. Anschliessend schlugen und traten alle vier auf ihn ein. Der als
Haupttaeter deklarierte Arnstedt zueckte ein Butterfly-Messer.

An dieser Stelle mischten sich 3-4 zufaellig vorbeikommende Jugendliche -
von den Taetern als "10-15 Tuerken" wahrgenommen - ins Geschehen ein. Sie
bewaffneten sich an einer nahegelegenen Baustelle mit Holzlatten, Eisenstangen
und Pflastersteinen und verjagten die Angreifer, die spaeter der Polizei in
die Arme liefen. Der Angegriffene und alle Augenzeugen waren sich einig,
dass nur dieses spontane Eingreifen Schlimmeres verhindert hat.

Der ruandische Student, der Gesichtsverletzungen und Rippenbrueche erlitt,
hatte noch weitere Unannehmlichkeiten zu ueberstehen. Von Polizisten wurde
er ebenfalls rassistisch beschimpft, ein Krankenhaus verweigerte seine
Behandlung.


Das Vorgehen der Aachener Justiz

Der Prozess hatte bereits im Vorfeld fuer Aufsehen gesorgt, da die
Aachener Justizbehoerden ihn offenbar bewusst verschleppt hatten. Als die
Verhandlung nun fast drei Jahre nach der Tat doch zustande kam, war die oertliche
Presse entsprechend zahlreich erschienen. In dieser Atmosphaere waren Richter
und Staatsanwalt offenbar um Wiedergutmachung bemueht. Vor allem Staatsanwalt
Bernklau, sonst eher als eifriger Anti-Antifaschist bekannt, ueberraschte
die ProzessbeobachterInnen durch sein engagiertes Auftreten gegen die
Angeklagten. Da auch die Nebenklage gut vorbereitet war, kam der Richter nicht
umhin, die rassistische Motivation fuer den Ueberfall klar zu benennen und auch
"generalpraeventiv" im Urteil zu beruecksichtigen.


Die Band "Shadows towards my sky" und die rassistischen Einfluesse im
'Black Metal'

Eine rassistische Motivation fuer ihre Tat wiesen die Angeklagten
entschieden von sich. Stattdessen sahen sie sich als "voellig unschuldig" bzw.
"Opfer von Missverstaendnissen" oder gar "nur angeklagt, weil sie aus Thueringen
kommen".

Das vermag doch zu verwundern. Im Januar 1999 warb der rechtsextreme
Erfurter Mailorder-Verlag "Darker than Black" fuer ein Konzert im Erfurter "Club
Elmix", bei dem auch "Shadows towards my sky" auftraten.

"Darker than Black" wird von Hendrik Moebus geleitet, der durch den Mord
an einem Mitschueler zu 'Ruhm' gelangte. Moebus und seine Black-Metal-Band
"Absurd" kamen mit Moebus? Verurteilung zu einem Kultstatus in dem
entsprechenden Milieu. Nach seiner Haftentlassung rechtfertigte Moebus den Mord: Es
habe sich bei seinem Opfer um ein "lebensunwertes Geschoepf" gehandelt. Er
belebte seine alte Band wieder und nahm die Faeden in der
nationalsozialistischen bzw. rassistischen Stroemung in der Black-Metal-Szene in die Hand.

Die sich selbst als NS-Black Metal bezeichnende Szene radikalisiert die
gaengige Kritik des Genres am Christentum. Naechstenliebe und Mitleid bedeutet
fuer sie Schwaeche und wird als Widerspruch zum vermeintlichen Naturgesetz
des "Ueberleben des Staerkeren" interpretiert. Die Hinwendung der
ueberwiegenden Black-Metal-Bands zu heidnischen bzw. germanischen Mythen und
Glaubenslehren wird mit nationalsozialistischen Ideologieelementen angereichert.
Haeufig greifen die Bands auf die Rasselehre des Nationalsozialismus zurueck und
beziehen sich auf deren antisemitische Propaganda und voelkisches Denken.
Aber auch die nationalsozialistische Massenvernichtung, die Ermordung der
europaeischen Juden, die Ermordung von Behinderten und vermeintlich
rassefremden Elementen wird honoriert.

Zu diesem Weltbild passt das Auftreten der Mitglieder von "Shadows towards
my sky" - auch vor Gericht: Von Reue auch drei Jahre nach der Tat keine
Spur. Gino Hofmann, Textschreiber der Band, kommentierte die Verletzungen
seines Opfers mit: "Jeder hat mal Schmerzen". Auch die Unschuldsbehauptung der
Angeklagten erscheint vor diesem Hintergrund in einem anderen Licht. Nach dem
Weltbild des NS-Black-Metal bedeutet der Angriff auf einen Farbigen - ja,
womoeglich ein versuchter Mord - natuerlich keine Schuld...

Die Mitglieder von "Shadows towards my sky" stammen allesamt aus Eisenach
und Umgebung. Denis Pufke lebt heute in Koeln.


infocafe aachen, 12. Dezember 2000

 

13.12.2000
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