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Jena: Lokalredaktion rechtsextremer Zeitung !

Lokalredaktion rechtsextremer Zeitung in Jena!

?Lokalredaktion der Jungen Freiheit? - Umbenennung
des Philosophischen Instituts der FSU Jena durch die
Antifaschistische Hochschulgruppe

Eine öffentlichen Überraschungs-Aktion hatte die
Antifaschistische Hochschulgruppe für heute Nachmittag
angekündigt. Im Rahmen der Kampagne zu dem
Honorarprofessor Zehm, wurde das Philosophische Institut
der Universität in die ?Lokalredaktion der Jungen Freiheit?
umbenannt. Bei dem Genuß von Glühwein und Lebkuchen
konnten sich die Studentinnen und Studenten über Zehm
informieren. Zehm publiziert unter anderem in der
rechtsextremen Wochenzeitung Junge Freiheit und
verteidigt den Holocaust-Leugner David Irving.
Hintergrund der Aktion ist die andauernde
Auseinandersetzung um Zehm. Das Philosophische Institut
organisiert für Anfang Februar 2001 eine Veranstaltung unter
dem Titel ?Pankraz trifft seine Leser?, bei welcher Zehm
auftreten soll. Zehm schreibt unter dem Pseudonym
Pankraz in der Jungen Freiheit. Es handelt sich also
offenbar bei der Veranstaltung um ein Treffen derer, die die
Junge Freiheit zur ihrer Wochenlektüre zählen.
Im Rahmen der antifaschistischen Weihnachtsaktion wurde
dem Institutsdirektor und der Bibliothek auch ein
Abonnement der antifaschistischen Zeitung "Der Rechte
Rand" geschenkt.

Flugblatt der Antifa HG Jena:
Antifa heißt Weihnachtsfeier!
Geschenke & Überraschung für das philosophische Institut der FSU Jena

"Junge Freiheit - Lokalredaktion Jena". Die Umbenennung des
philosophischen Instituts der Friedrich-Schiller-Universität Jena in die örtliche
Dependance des Nazi-Blattes ist provokant. Aber Professoren und Stu-
dentInnen dürften damit nur wenig Probleme haben. Gilt die Junge Frei-heit
doch als "rechtsnational" (Thüringer Allgemeine, Ostthüringer Zeitung),
"rechtskonservativ" (Thüringische Lan-deszeitung), bestenfalls "rechtslastig"
(OTZ). Probleme sehen Professoren und StudentInnen erst, wenn sich die
Antifaschistische Hochschulgruppe, gar im Komplott mit Gewerkschaf-tern,
erdreistet, die Personalpolitik der Universität zu kritisieren. Die
AntifaschistInnen hatten den Hono-rarprofessor Günther Zehm für seine
Mitarbeit bei der Jungen Freiheit, seine Thesen von der "Ablösung Gottes
durch den Holocaust" (O-Ton Zehm) und seine publizistische Verteidigung
des britischen Holocaust-Leugners David Irving, angegriffen. Die Harmo-nie
am philosophischen Institut ist gestört, wenn ein "verlorener Haufen von
Radikalkommunisten" (Zehm gegenüber der TLZ) die in letzter Zeit viel
bemühte Zivilcourage einfordert und Zehm als das benennt, was er ist - ein
geistiger Brandstifter.

Aber so ist der Deutsche. Schlimm und falsch ist etwas erst dann, wenn es
verboten und verurteilt ist. Bevor man sich inhaltlich äußert, werden Gesetze
bemüht und Vorwürfe auf ihre Vereinbarkeit mit der freiheitlich-demokratische
Grundordnung abgeklopft. Zehm sei zwar ein "streitbarer konservativer
Publizist" (Prof. Dr. Gabriel) und auch die "von ihm gewählten
Publikationswege" findet man "nicht adäquat" (Rektor Prof. Dr. Meyn). Aber
er sei keiner, der "den Boden unserer freiheitlich-demokra-tischen
Verfassung verlassen hat" (Meyn) oder sich außerhalb von Mei-nungs- und
Wissenschaftsfreiheit bewegt. Man müsse "Respekt für einen Schüler Ernst
Blochs" (Gabriel) aufbringen; immerhin hat er für sein Be-kenntnis zur
Meinungsfreiheit, "Verhaftung und eine mehrjährige Ge-fängnisstrafe in Kauf"
genommen (Meyn). Schon deswegen sei er eine "Bereicherung fürs
philosophische Institut" und seine Anstellung "ein Stück Wiedergutmachung"
(Gabriel). Wann ist der DDR-Bonus aufgebraucht? Wie oft muss Zehm noch
von der allgegenwärtigen Bedrohung durch die "Auschwitzkeule"
phantasieren, damit seine VerteidigerInnen an der FSU merken, dass von
den Lehren Blochs bei seinem ehemaligen Schüler nichts übriggeblieben ist?
Wie oft muss er eine angebliche "Patriotenverfolgung" herbeilügen, bei der
"tausende bürgerlicher Existenzen vernichtet" werden, weil sie "irgendwas
'geleugnet', irgendwas 'verharmlost', irgendwelche Zahlen öffentlich 'nicht
geglaubt', irgendwelche Vor-gänge 'nicht als historische Haupt-sache,
sondern nur als historisches Detail' bezeichnet (haben)" (Pankraz in der
Jungen Freiheit vom 10.4.1998), damit auch die letzten verstehen, dass
Auschwitzleugnung und Antisemi-tismus keine Kavaliersdelikte sind?
Wie groß (klein) ist der Schritt von der aktiven Auschwitz-Leugnung zur
Verteidigung der Meinungsfreiheit derer, die "wegen sogenannter
'Propagandadelikte'" (ebd.) verurteilt sind?

Nicht nur gesetzestreu muss es zugehen bei den Deutschen; auch Sauber-
keit und Ordnung müssen gewahrt bleiben. Wer Formalien nicht beachtet
oder sich gar erlaubt Fehler zu machen, hat schon verloren, bevor die
Debatte beginnen kann.
Hatte die Antifaschistische Hoch-schulgruppe nun einen offenen Brief
verfasst oder nicht? Unterstützte der StuRa die Veranstaltung? Öffentlich
oder halböffentlich? Haben wir Zehm eingeladen? Aufs Podium oder ins
Publikum? "Debatte statt Tribunal?" (TLZ) "Denunziation oder Aufklä-rung?"
(TLZ) "Rufmord"? (Zehm)

Aber es wird nicht gefragt: Welche Rolle spielen die Universitäten beim
Rechtsruck der Gesellschaft? Wo liegen die Defizite, die dazu führen, dass
"rund 15 Prozent (der Stu-dentInnen) zu rechtsextremen Positionen
tendieren, (...) in den Fächern Ingenieurwissenschaften,
Wirtschaftswissenschaften und Jura sogar bis zu 25 Prozent" (Alex
Demirovic vom Frankfurter Institut für Sozialforschung gegenüber unicum
9/00)? Wie 'normal' ist es eigentlich, Auschwitz zu leugnen und Ausch-witz-
Leugner öffentlich zu hofieren?

Zehm sei "geschlagen worden" (Prof. Kodalle) hieß es bei der durch die
AntifaschistInnen organisierten Dis-kussionsveranstaltung am 30.11.2000.
Denunziation und unfaires Vorgehen wurde uns vorgeworfen. Wer inhaltlich
nichts beizutragen hat, echauffiert sich auch schon mal über die
Gewerkschaften, die es als außeruniversitäre Instanz wagen, die heiligen
Hallen zu beschmutzen...

Und was meint Zehm - die verfolgende Unschuld - selbst? Auch hier
zunächst der obrigkeitsstaatliche Re-flex: Er will sich nicht vorwerfen lassen
"für eine Zeitung zu arbeiten, die keine Gesetze verletzt". Die
"Radikalkommunisten" würden einen "Rufmord" an ihm begehen. Er sei "in
rüder Weise aufgefordert worden, (zur Veranstaltung) zu kommen", solch ein
"Tribunal" lehne er jedoch ab. Und die Sache mit David Irving? "Wenn ein
englisches Gericht sagt, dass er ein Auschwitz-Leugner ist, ist er für mich
noch lange kein Verbrecher". Wie nun? Ist das englische Gericht ein mit
Winkeladvokaten besetztes Tribunal antideutscher Kräfte und ist es darum
im deutschen nationalen Rechtsstaat ohne Bedeutung? Das kann es nicht
sein - schließlich hat auch ein deutsches Gericht Irving ein Einreiseverbot
ausgesprochen. Ist es dann vielleicht gar kein Verbrechen, Auschwitz zu
leugnen? Oder vielleicht nur ein Kavaliersdelikt, nicht aber ein Verbrechen?
Schwingen "deutschfeindliche Elemente" selbst schon in hiesigen Gerichten
die "Auschwitzkeule"? Prof. Zehm - wir bitten um Klärung...

Es geht ja hierbei gar nicht nur um Zehm, den "greisen Honorarprofes-sor"
(Akrützel), sondern um die universitäre Abwehrfront und Verteidi-gung
Zehms. Der rechte Vielschreiber findet einen breiten Rückhalt an der
Universität. Uns geht es um die Mei-nungsbildung der StudentInnen und
Professoren.

Zehm spielt durchaus eine bedeutende Rolle innerhalb der Neuen Rechten.
Diese neofaschistische Strö-mung läßt sich am besten als rechtsextreme
Bestrebung in der Braunzone zwischen rechtskonservativem Rand der
Gesellschaft und militanten Rechtsextremisten beschreiben. Rassismus und
Rechtsextremismus lassen sich jedoch nicht personifizieren. Sie finden ihren
Niederschlag in intellektuellen Strömungen, in gesellschaftlichen Strukturen
und in der politischen Kultur. Auch ohne Günther Zehm ist die Neue Rechte
nicht am Ende. Die rechte Graswurzelrevolu-tion schreitet unmerklich voran.
Galten noch in den 80ern die Repu-blikaner als neofaschistisch und wurde
die Junge Freiheit bis vor wenigen Jahren einmütig als rechtsextrem
bezeichnet, findet heute eine zunehmende Entwertung der Begriffe und eine
Enttabuisierung der Diskurse statt. Im Namen von Wissenschafts- und Mei-
nungsfreiheit soll es möglich sein, Auschwitz zu leugnen, neofaschistische
Äußerungen sollen als diskutabel etabliert werden. Die Konsequen-zen sind
barbarisch.

Junge Freiheit und REPs sind heute "nationalkonservativ". Nicht weil sich
die inhaltliche Ausrichtung geändert hat, sondern weil sich das politische
Spektrum nach rechts verschoben hat. Die intellektuellen Rechten können
den Extremismusvorwurf so an NPD und prügelnde Naziskins weiterreichen.

Die ursprünglich für den 11. Januar geplante Veranstaltung mit Günther
Zehm trägt den Titel "Pankraz (Prof. Dr. Günther Zehm) trifft seine Leser."
Sie wird organisiert vom philosophischen Institut und vom Fachschaftsrat
Philosophie. Die Einladung erinnert an eines der vielen Leserkreistreffen der
Jungen Freiheit, wie sie bis 1996 stattfanden. Damals wurden die
Diskussionszirkel um Konservative und Neofaschisten aus taktischen
Gründen aufgefordert, auf das Label Junge Freiheit zu verzichten. Auch hier
zeigt sich die Rechtsverschie-bung: Die Einladung macht den Eindruck, als
handele es sich um eine Veranstaltung von, für und mit der Jungen Freiheit.
Wie 'normal' ist es, diese Zeitung zu lesen, zu kaufen, für sie zu arbeiten?

Wir wollen noch einmal betonen, dass es uns nicht um Verbote geht.
Rassismus lässt sich nicht verbieten, sondern nur durch eine breite Gegen-
mobilisierung, einen kollektiven Lernprozess und grundlegende
gesellschaftliche Veränderungen beseitigen. Antifa statt Verbote!

Wir werden auch nicht die Entlassung Zehms fordern. Das würde darauf
hinauslaufen, das Problem an Verwal-tungsinstanzen und Behörden zu
delegieren. Wir wollen "Druck von unten" aufbauen. Da mag sich Prof.
Kodalle im Harmoniestreben noch so gestört und an die 60er erinnert fühlen,
aber was wir tatsächlich brauchen ist mehr Selbstverantwortlichkeit und
Enga-gement bei der Mitgestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Dieses endet nicht am Campus. Rassismus und Rechtsextremismus in
allen ihren Formen müssen bekämpft werden; egal wo sie auftauchen.

Zum Zweck der Antifaschistischen Re-cherche und Bildung schenken wir
dem philosophischen Institut zu Weihnachten ein Jahresabonnement der
antifaschistischen Zeitung "Der Rechte Rand". Ein Exemplar ist für die
Professorenschaft bestimmt, das andere für die Instituts-Bibliothek.
Antifaschistische Hochschulgruppe
c/o Schillergaesschen 5, 07745 Jena
Email:  antifahg_jena@gmx.net
Internet: www.japs-jena.de/antifahg
AHG-Handy: 0177 - 8985523

 

21.12.2000
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