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Hamburg: Nazi-Provokation am 27./28.1.

Naziaufmarsch am 27./28. in Bramfeld:
Hier wird der Kampf um die Straße geführt

Mittlerweile vergeht kaum noch ein Wochenende ohne eine Demonstration
militanter Neonazis. War zuletzt Elmshorn das Ziel der extremen Rechten,
so soll am kommenden Wochenende erneut Hamburg - genauer gesagt Bramfeld
zum Aufmarschgebiet der Freien Nationalisten und "revolutionäre
Kräften in der NPD" werden. Die Neonazis wollen, den Internetseiten
des Norddeutschen Aktionsbündnis zufolge, am Samstag den 27., dem
Jahrestag der Befreiung des KZ-Auschwitz, sowie am Sonntag den 28.
Januar für "Meinungsfreiheit" und "gegen die Kumpanei zwischen Behörden
und Antifaschos" demonstrieren.
In der Regel sind die Themen und Anlässe für die Nazis austauschbar
und Worch selbst gesagt: "Mir ist es meistenteils sogar ziemlich egal,
wofür oder wogegen gerade demonstriert wird; für wichtig halte ich
allein, dass das ,nationale Lager' demonstriert." Diesmal stellt sich
die Situation allerdings noch etwas anders dar: Ort, Zeit und Tenor der
Veranstaltung sind eindeutige Provokation und Kampfansage gewählt und
es ist alles andere als Zufall, das die vom Christian Worch angemeldete
Route sich am historischen Vorbild, der SA orientiert. 1933 marschierten
die nationalsozialistischen Sturmtruppen durch Bramfeld und schleiften
beim sogenannten "Propagandamarsch" Sozialdemokraten, Kommunisten und
andere Oppositionelle aus ihren Häusern, um sie öffentlich zu
verprügeln und zu demütigen.
Zusätzlich, so schreibt die Zeitzeugin und Vorsitzende des
Auschwitz-Komitees, Esther Bejerano in einem offenen Brief am 17.1. an
die Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft, wäre es "schon ein Erfolg
für Worch und eine ungeheuerliche Provokation für die Überlebenden
des Holocaust", wenn ein solcher Aufmarsch am Gedenktag zur Befreiung
von Auschwitz von der Innenbeh=F6rde und den Gerichten genehmigt werden
würde.
Offensichtlich teilt inzwischen auch die Hamburger Innenbehörde diese
Sicht, zumal der offizielle Gedenktag in der Bürgerschaft und in
mehreren Bezirksparlamenten begangen wird. Bilder von einem gleichzeitig
stattfinden Naziaufmarsch könnten das Ansehen der Hansestadt
beschädigt werden. Deshalb wurde der Naziaufmarsch verboten.
Nach Information der Bürgerschaftsgruppe Regenbogen, sei die
Entscheidung nach einem Gespäch mit dem Anmelder gefallen. Dort sei
Worch ein anderer Termin, sprich der darauffolgende Sonntag angeboten
worden. Eine Offerte, die er mit der Hoffnung ablehnte einen
Präzedenzfall zu schaffen. Jetzt baut Worch auf den Instanzenweg. Zum
anderen hat er eine weitere Veranstaltung für Sonntag den 28. Januar
angemeldet. Legt man die Urteile und Erfahrungen der vergangenen acht
Aufmärsche in den letzten zwei Jahre zu Grunde, so ist die Gefahr,
dass die Nazis eine der beiden Anmeldungen durchzubekommen groß:
"Tatsächlich werden nationale Demos heutzutage nicht mehr so leicht
verboten wie vor sagen wir einmal vier, fünf Jahren. Bzw. die Verbote
werden von den Verwaltungsgerichten leichter einmal aufgehoben"; stellt
Worch im bereits oben zitierten Briefwechsel mit Peter Töpfer fest.
"Allerdings gilt das in erster Linie noch immer für Anmelder, die das
Parteienprivileg in Anspruch nehmen können." Anmelder, die wie Worch
"außerhalb einer Partei stehen, haben es da vor Verwaltungsgerichten
erheblich, ganz erheblich schwerer." Um das zu ändern und den Freien
Kameradschaften eine günstigere Ausgangslage zu verschaffen, wurden
bereits im Oktober regelrechte "Seminare zur Rechtsschulung" mit
"Kameraden" aus Norddeutschland abgehalten.
Antifaschisten und Antifaschistinnen können sich ergo nicht auf die
Innenbehörde verlassen, der es in der Vergangenheit nur selten gelang
eine wasserdichte Verbotsverfügung zu stricken. Auch diesmal hebt die
Behörde auf die besonderen Umstände ab, anstatt die prinzipielle
Frage aufzuwerfen, warum Worch als führendes Mitglied der inzwischen
verbotenen Neonazi-Organisationen "Aktionsfront Nationaler
Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) und "Nationale Liste" (NL)
seine Organisationstätigkeit ungehindert fortsetzen kann.
Schließlich sind die ständigen Demonstrationsanmeldungen nichts
anderes als die Fortführung verbotener Organisationen.
Am 27. Januar sind auch der Bramfelder Neonazis Torsten Bärthel sowie
Torben Klebe mit von der Partie, beides Leiter des vor wenigen Wochen
verbotenen "Hamburger Sturms". Auch sie betreiben die Fortführung
verbotener Organisationen.
Um den Nazis am Auschwitzgedenktag nicht die Straße zu überlassen
und um die örtlichen Proteste zu unterstützen, ruft neben Regenbogen
und der VVN-BdA auch das Hamburger Bündnis gegen Rassismus und
Faschismus dazu auf, die örtlichen Proteste zu unterstützen. In
Bramfeld selbst ist ein breites Bündnis (Kultureinrichtungen, Schulen,
Kirchen...) tätig, das mit "Sternmärschen" von verschiedenen
Punkten aus zu einer gemeinsamen Kundgebung und Demonstration
orientiert. Auch autonome und antifaschistischen Gruppen sind in die
Vorbereitung mit einbezogen (Treff siehe unten).
Inzwischen scheint es unwarscheinlich, daß die angemledete
Bündniskundgebung sowie die Sternmärsche verboten werden. Selbst der
Hamburger DGB-Vorsitzende Erhard Pumm hat unmissverständlich klar
gemacht: "Der DGB und die Hamburger Gewerkschaften werden diese
Veranstaltung unterstützen, indem sie wiederum ihre Mitglieder
aufrufen, an dieser Gegenveranstaltung teilzunehmen."
Jetzt liegt es an uns, ein sichtbares Zeichen zu setzten und den
Naziaufmarsch in Bramfeld zu verhindern. Ob Samstag, ob Sonntag: Kein
Fußbreit den Faschisten!! Achtet auf weitere Ankündigungen! - aus
Lokalberichte Hamburg 3/2000, 26.1.2000

Gegen den Naziaufmarsch in Bramfeld:
Samstag, 27. Januar:

10.00 Uhr, "Umlenken"
"Verkehrstechnische Intervention" autonomer und antifaschistischer
Gruppen. Treff: U/S-Bahn Ohlsdorf, Fahrrad erforderlich.

10.30 Uhr, Sternmarsch
ab Thomas-Kirche, Martin-Luther-King Kirchengemeinde, Simeon-Kirche und
Schule Hegholt.

11.00 Uhr, Auftaktkundgebung und Demonstration
"Die Würde des Menschen ist unantastbar - Bramfeld gegen
Rechtsextremismus", Treff: Osterkirche, Steilshooper-Allee Ecke
Bramfelder Chaussee.


 

25.01.2001
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