Zwei Jahre danach: Der steinige Weg zu Frieden und Demokratie!
Köln, 14. Februar 2001
Am 15. Februar 1999 wurde der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan aus der griechischen Botschaft in Nairobi / Kenia entführt und in die Türkei verschleppt – im offensichtlichen Zusammenwirken verschiedener Geheimdienste und unter der eingestandenen Führung der amerikanischen CIA. Grundlage hierfür war der Entschluss, die kurdische Befreiungsbewegung zu schwächen und handlungsunfähig zu machen.
Seit dem erlebte die Türkei eine Reihe von Entwicklungen, die Anlass zur Hoffnung gaben. Das von Abdullah Öcalan während seines Prozesses vorgeschlagene Modell einer politischen Lösung der kurdischen Frage im Rahmen einer Demokratischen Republik, löste in der Türkei eine breite Diskussion über eine längst überfällige Demokratisierung aus. Schon mehrmals machte die kurdische Seite mit mehreren Waffenstillständen ihre Bereitschaft für einen politischen Lösungsweg deutlich. Nach der Einstellung des bewaffneten Kampfes der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und dem Rückzug ihrer Guerillakräfte auf Territorien außerhalb der Türkei, war eine deutliche Entspannung im türkisch-kurdischen Konflikt zu spüren.
Angeregt dadurch hatte die türkische Politik erste Schritte in Richtung hin zu einer Demokratisierung angekündigt. Anfang Dezember 1999 wurde der Türkei der Kandidatenstatus für die EU-Mitgliedschaft zuerkannt, was weitere öffentliche Diskussionen um einen demokratischen Umbau nach sich zog. Jedoch wurde im Zusammenhang mit den Kopenhagener Kriterien, welche die Zuerkennung von kulturellen und sprachlichen Rechten an Minderheiten zur Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der EU machen, die innere Zerrissenheit der Türkei im Umgang mit ihren dringlichsten Problemen deutlich. Zwar beschlossen am 12. Januar 2000 die Führer der Regierungsparteien, die Hinrichtung Öcalans bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichthofes für Menschenrechte auszusetzen. Jedoch konnten sie bisher keine Einigung über eine generelle Abschaffung der Todesstrafe erzielen.
Nach anfänglichem politischen Tauwetter scheint der in den Kinderschuhen steckende Demokratisierungs- und Friedensprozess ins Stocken geraten zu sein. Das Massaker an den Gefangenen in den türkischen Gefängnissen im Dezember 2000, die zunehmende Repression gegen demokratische zivile Institutionen, Menschenrechtsvereinigungen und die HADEP, sowie das erneute Auftreten des Verschwindenlassens von unbequemen Personen, bestätigen den Negativtrend in der Türkei. Immer offener werden Bemühungen um eine Lösung im türkisch-kurdischen Konflikt von denjenigen Kräften innerhalb des türkischen Staates torpediert, die aufgrund ihrer ökonomischen Interessen nicht an einer friedlichen Lösung interessiert sind. Auch das türkische Militär greift wieder verstärkt in das politische Alltagsgeschehen ein, nach dem es sich zeitweilig gemäßigt hatte.
Seit Dezember 2000 laufen in Süd-Kurdistan die Vorbereitungen für eine Operation der Türkei gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), an denen sich mehr als zehntausend türkische Soldaten gemeinsam mit der patriotischen Union Kurdistans (PUK) beteiligen. Dies könnte sich bis zum Frühling zu einem größeren Krieg entwickeln, der sich auch auf den Norden Kurdistans (Türkei) und die gesamte Region ausweitet. Eine erneute größere bewaffnete Auseinandersetzung würde die anti-demokratischen Kräfte in der Türkei stärken sowie für Polarisierungen in der türkischen Politik sorgen, welche die erforderlichen grundlegenden Veränderungen massiv behindern.
Es gibt jedoch keine Alternative zu Demokratie und Frieden in der Türkei. Die kurdische Seite hat gezeigt, dass sie zu einem konstruktiven Handeln und demokratischem Wandel fähig ist. Nun sind die Mitgliedstaaten der EU und die kritische Öffentlichkeit gefordert, mit Nachdruck auf die Türkei einzuwirken, den Lippenbekenntnissen über Demokratisierung und gesellschaftlichen Ausgleich mit ihrer kurdischen Bevölkerung Taten folgen zu lassen. Nur ein konsequentes Eintreten für einen demokratischen Wandel in der Türkei, ohne die wirtschaftlichen Interessen über Menschenrechte und demokratische Selbstbestimmung zu stellen, wird die Türkei zum Umdenken in ihrer zögerlichen Haltung gegenüber den von der EU eingeforderten Reformen bewegen.
„Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan und der Türkei“
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