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Sebnitz: Presseerklärung zur verbotenen Demonstration "Öffentliche Hinrichtung"

Presseerklärung

Leipzig, den 16.02.2001

- Oberverwaltungsgericht in Bautzen verbietet linksradikale Demonstration gegen das deutsche "Opferkollektiv" und die völkische Versöhnung in Sebnitz
- Verhinderung öffentlicher Kritik durch staatliche Willkür
- Rechtliche Schritte und Neuauflage einer Demonstration werden erwogen


Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat mit einer Verbotsverfügung vom 16.02.01 eine linksradikale Demonstration in Sebnitz verboten. In der sächsischen Kleinstadt wollten am 17.02.2001 etwa 500 Personen "gegen den kollektiven Freispruch für Sebnitz und gegen den nationalistischen Hintergrund des staatlichen Antifaschismus" demonstrieren. Hintergrund war der Tod von Joseph Abdulla-Kandelberg. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten aus dem linksradikalen und antinationalen Politik-Spektrum der BRD kommen und verstanden ihre nun verbotene Demonstration als symbolische Provokation.

Die Sprecherin des Vorbereitungskreises, Nora Jost, erklärte darufhin: "Mit der Verbotsverfügung beweist nun auch das sächsische Oberverwaltungsgericht, daß es ebenso wie die anderen staatlichen Behörden nicht an einer Aufklärung des Todes von Joseph Abdulla interessiert ist. Darüberhinaus wird deutlich signalisiert, daß anstatt öffentlicher Kritik an den Sebnitzer Ereignissen jetzt Ruhe und nationaler Frieden durchgesetzt wird. Weder eine Kritik am rassistischen Konsens in Sebnitz/Deutschland, der einen Mord an vermeintlichen "Nicht-Deutschen" jederzeit möglich macht, noch am nationalistischem Charakter des regierungsamtlichen Antifaschismus wird zugelassen."
Dabei handelt es sich auch um einen weiteren eklatanten Einschnitt des politischen Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit. Die Begründungen für das Verbot sind völlig konstruiert. So wird ein Zitat des sächsischen Ministerpräsidenten Biedenkopf, welches im Demonstrationsmotto Verwendung findet, als Verbotsgrund ausgeschlachtet.
Die Sprecherin des Vorbereitungskreises erklärte daraufhin: "Linksradikaler Widerstand gegen Nationalismus, Rassismus und Kapitalismus läßt sich nicht verbieten!"
Das ursprüngliche Anliegen der Demonstration faßte die Sprecherin des Demonstrations-Vorbereitungskreises, Nora Jost, folgendermaßen zusammen: "In Sebnitz und in allen anderen Orten der BRD sind Morde aus rassistischen Motiven nicht nur denkbar, sondern sie geschehen. Ebenso realitätsnah ist die Vorstellung, daß rassistische Taten von einer still-zustimmenden Mehrheit gedeckt werden. Der Tod des Joseph Abdulla ist für uns - entgegen der offiziellen Version - nicht aufgeklärt! Auch die Wende der öffentlichen Meinung steht nicht für eine neue Faktenlage, sondern in erster Linie für das Bedürfnis nach Versöhnung mit den potentiellen Tätern.
Der provinzielle Mief des Ostens und die besonders ausgeprägte deutsche Opferperspektive, mit denen die Menschen hier die Dinge sehen, machen die aggressive Tat und ihre heimtückische Verschleierung allerdings in den neuen Bundesländern um einiges gewöhnlicher als im Westen.
Die Reaktionen nicht nur der Sebnitzer Bevölkerung auf die Bemühungen der Familie Abdullah, den Tod von Joseph aufzuklären, haben die Motivationslage für Mord und Totschlag anschaulich unter Beweis gestellt. Als "Ausländer", "Araber", "Wessis" und/oder "Drahtzieher einer Medienverschwörung" schloß man die Familie aus dem heimischen Kollektiv aus und stellte sie an den Pranger. Dies war nicht selten von Gewalt- ja Todesdrohungen begleitet. Daß die Sebnitzer Bürgerinitiative zur Ausbesserung des angeblichen Imageschadens von der NPD bis zur SPD reichte, daß sie nicht nur von der sächsischen Landesregierung, sondern letztendlich von der gesamten öffentlichen Meinung Unterstützung erhielt, zeigt, daß hierzulande immer noch die nationale Integration mehr zählt als eine demokratische Gesinnung.
Sebnitz steht, wenn auch nicht für das Ende des regierungsamtlichen Antifaschismus, so doch für seine Begrenztheit. Ausdrücklich grenzen wir uns aber vom demokratischen Budenzauber a là Schröder, Fischer, Thierse, etc. ab. Der "Aufstand der Anständigen" war in seinem Wesen nichts als ein etwas anderes nationales Integrationsprojekt unter zivilgesellschaftlichen Vorzeichen. Das Modell "Zivilmacht Deutschland" verspricht derzeit wohl nicht nur in der internationalen Standort- und Machtkonkurrenz den größten Erfolg. Hier hat es jedenfalls deutsche Außenpolitik im antifaschistischem Gewand bis zum gleichberechtigten Partner eines Angriffskrieges gegen Jugoslawien geschafft. Der kurze mediale Aufruhr, wie er in der Bildschlagzeile "Eine Stadt schaut weg" seine deutlichste Verkörperung fand, steht für den Versuch, das zivilgesellschaftliche Nationalismuskonzept, welches nach außen bereits so große Taten vorweisen kann, auch mit der inneren Gesellschaftsformation kongruent zu machen. Die mediale Empörung ohne wirkliches Interesse für den Inhalt versuchte wie der gesamte "Aufstand der Anständigen" den Nationalisierungsschub über die Ausgrenzung der Rechten und offensichtlichsten Rassisten. Sie schoß dabei über die Realität der Zustände hinaus.
Das völkische Kollektiv von Sebnitz, welches sich geschlossen gegen "Westmedien" und "Ausländer" positioniert hat, zeigte die Grenzen dieser öffentlichen Inszenierung. Im Osten verlangt die nationale Selbstvergewisserung mehr noch als im Westen Zugeständnisse an völkischem Rassismus und offensichtlicher Nazi-Gesinnung. In der Selbstgeißelung von Medien und Politik wegen der angeblichen "Vorverurteilung" und journalistischen Leichtfertigkeit, sowie in der plötzlich beendeten Solidarität mit der Famile Abdullah spiegelt sich die Integration auch des traditionellen deutschen Nationalbewußtseins."
Die Sprecherin des Vorbereitungskreises betonte abschließend: "Sowohl die anfängliche Medienkampagne gegen die Stadt Sebnitz als auch ihre hündische Zurücknahme stehen für nationalistische Integrationskonzepte, nach denen gute Deutsche von Volksschädlingen getrennt werden. Die Lehre aus Sebnitz kann also nur heißen:

- Gegen den nationalen Konsens als wahren Charakter des staatlichen Antifaschismus!
- Gegen den rassistischen Konsens!
- Schluß mit der Kampagne gegen die Familie Kandelberg-Abdullah!
- Scheiß Sebnitz, Scheiß Deutschland!
- Kapitalismus und Nationen abschaffen!
- Für eine neue radikale Linke!"

Demo-Vorbereitungskreis: "Kein Friede für Sebnitz, keine Ruhe für Deutschland"
Pressetelefon: 0177-3576212 (Samstag, 12.00-16.00 Uhr)

 

16.02.2001
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