Karlsruhe: 20 Nazideppen vs. 3000 GegendemonstrantInnen
(junge-welt vom 12.03. 2001)
600 Polizisten für 20 NPD-Anhänger
Karlsruhe: Mehrere tausend Demonstranten zeigten Gesicht gegen rechts
--------------------------------------------------------------------------------
Tomatenwürfe, aber wenig Zuspruch bei der Bevölkerung erntete die NPD am Samstag in Karlsruhe bei ihrer Kundgebung zur baden-württembergischen Landtagswahl am 25. März: Kaum 20 Anhänger der Rechtspartei, die in beiden Karlsruher Wahlkreisen kandidiert, wagten sich auf den von Absperrgittern und insgesamt 600 Polizisten abgeschirmten Kronenplatz. Die Rede des NPD-Landesvorsitzenden Michael Wendland ging im gellenden Pfeifkonzert Hunderter meist jugendlicher NPD-Gegner unter.
Derweil waren 3 000 Gegendemonstranten dem Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sowie rund 20 weiterer Organisationen gefolgt und demonstrierten gegen das Auftreten der NPD in der Fächerstadt. Es gehe darum, Gesicht zu zeigen und Solidarität mit den jüdischen und ausländischen Mitbürgern zu üben, sagte die Karlsruher DGB-Vorsitzende Sabine Leidig. Man wolle keine Nazi- Parolen dulden und die Bürger ermutigen, bei der menschenverachtenden Hetze der Rechtsextremisten nicht wegzuschauen, so Leidig. Die bündnisgrüne Karlsruher Bundestagsabgeordnete Monika Knoche forderte, in der Bundesrepublik dürfe für die Ideologie der Ungleichheit kein Platz sein. Es sei in erster Linie die Linke gewesen, die zuverlässig gegen den Faschismus aufgestanden sei, während man staatlicherseits auf dem rechten Auge bisher blind gewesen sei. Die Karlsruher Rechtsanwältin Brigitte Kiechle vom Antifaschistischen Aktionsbündnis sagte, wer zu Rechtsradikalismus Nein sage, müsse auch zu staatlichem Rassismus Nein sagen. Wer etwa in gute und schlechte Ausländer differenziere und in Folterländer abschiebe, lege die Grundlage für diejenigen, die damit ihr Süppchen kochen. Rechtes Gedankengut habe bereits auf Funktionsträger dieser Gesellschaft übergegriffen, kritisierte Kiechle.
Sylvia Schulze von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) zeigte sich empört, daß die Stadt der NPD den Kronenplatz überlassen habe, der sich in allernächster Nähe zu der von den Hitlerfaschisten 1938 zerstörten ehemaligen Synagoge befinde. Wenige Tage vor der NPD-Veranstaltung hatten Unbekannte beim Karlsruher Ordnungsamt, bei dem die Wahlkundgebung der Rechten angemeldet worden war, acht Fensterscheiben eingeworfen. Aufgrund der am Gebäude angesprühten Parole »Kein Bürgerservice für Rechte« geht die Polizei davon aus, daß die Urheber dem »linksextremen Spektrum« zuzuordnen sind, so ein Polizeisprecher auf Anfrage.
Dieter Balle
|