Kiel: Nazis greifen AntifaschistInnen an
Enough is Enough !
Zeitschrift für Antifaschismus und Antirassismus in Schleswig-Holstein
Schweffelstraße 6
24118 Kiel
Kiel, 28. April 2001
P r e s s e m i t t e i l u n g
Landesvorsitzender der NPD Schleswig-Holstein verletzt jungen Antifaschisten
Kiel. Am heutigen Samstag verteilten zum wiederholten Male ca. 15-20 Neonazis in der Kieler Innenstadt Propagandamaterial der NPD. Dabei handelte es sich überwiegend um militante Neonazis aus dem Spektrum der sogenannten „Freien Nationalisten“, die eng in die Strukturen um den Hamburger Nazichef Christian Worch eingebunden sind, sowie dessen Nachwuchskader für Schleswig-Holstein, Peter Borchert. Darunter allerdings auch etliche jüngere und offensichtlich stark verunsicherte NPD-Sympathisanten, die von ihrem äußeren Erscheinungsbild her nicht als Nazis zu erkennen waren. In den letzten Monaten ist kaum ein Samstag vergangen, an dem in Kiel keine Flugblätter mit rassistischen und neonationalsozialistischen Inhalten verteilt wurden. Zumeist handelte es sich bei den Schriften um Flugblätter der NPD, vereinzelt wurden vom selben Personenkreis auch Texte der sogenannten „Nationalen Jugend Kiel“ in der Kieler Fußgängerzone verteilt. Bisher gelang es anwesenden AntifaschistInnen meistens, die Neonazis aus der Innenstadt zu vertreiben und dafür zu sorgen, dass die NPD-AktivistInnen ihre Verteil-Aktionen abbrechen mussten. Für den heutigen Samstag hatten sich die Kieler Nazis Verstärkung aus anderen Städten Schleswig-Holsteins geholt und konnten unter Polizeischutz etwa eine Stunde lang ihre Pamphlete auf dem Asmus-Bremer-Platz verteilen. Empörte PassantInnen und AntifaschistInnen, die sich mit dieser Provokation nicht abfinden wollten, beobachteten die Szenerie und folgten den Neonazis, nachdem diese ihre Aktion unterbrochen hatten um anschließend auf dem Alten Markt weiter ihre Hetzschriften zu verteilen. Etliche der 15-köpfigen Nazi-Truppe gehören sowohl der militanten „Kieler Kameradschaft“ als auch der NPD an. Darunter der mehrfach wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Kieler Peter Borchert und neuer Landesvorsitzender der NPD Schleswig-Holstein und der erst vergangene Woche vom Neumünsteraner Schöffengericht verurteilte Patrick Thiele, der für seine Beteiligung an diversen neonazistisch motivierten Straftaten zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten (auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt) verurteilt wurde. Beide, Borchert und Thiele, sind in der Vergangenheit wiederholt gewalttätig gegen MigrantInnen, Andersdenkende oder „anders aussehende“ vorgegangen und machen aus ihrer Gesinnung keinerlei Hehl. (siehe hierzu beigefügte Artikel der Enough is Enough – Nr. 13) Das wurde auch heute wieder deutlich, als die beiden sich in der Fußgängerzone ziemlich aggressiv zeigten und gezielt auf einen jungen Antifaschisten losgingen. Peter Borchert folgte dem jungen Mann und trat ihm mit seinen Stiefeln brutal in die Genitalien und verletzte ihn dabei. Die anwesende Polizei griff daraufhin ausnahmsweise schnell ein, nahm die Personalien einiger der Neonazis auf und Peter Borchert vorübergehend fest. Ob diese erneute durch Peter Borchert verursachte Körperverletzung diesmal die Gerichte dazu bewegen wird, seine Bewährungs-Schonzeit aufzuheben, bleibt abzuwarten. So oder so werden wir es auf gar keinen Fall länger hinnehmen, dass sich diese Nazi-Schläger weiterhin in Kiel oder Schleswig-Holstein ausbreiten können und wir werden uns auch in Zukunft gegen rassistische und faschistische Aktivitäten entschieden zur Wehr setzen. Die Stadt Kiel will das Erstarken sowohl der Kieler als auch der gesamten norddeutschen Naziszene offensichtlich nicht wahrnehmen. Erst bei der letzten Ratsversammlung wurde ein Antrag des Grünen-Ratsherrn Rainer Pasternak mehrheitlich angeschmettert, die Fraktionen über etwaige anstehende Veranstaltungen von Neonazis in Kiel künftig im Vorfeld zu informieren. Schließlich habe man sich erst im Herbst vergangenen Jahres einmütig gegen Rechtsextremismus ausgesprochen, so der SPD-Ratsfraktionschef Eckehard Raupach in der Ratsversammlung am 15. März diesen Jahres. Damit war das Thema erledigt und von den berühmten und gebetsmühlenartig vorgetragenen Aufrufen zu Zivilcourage oder dem „Aufstand der Anständigen“ aus dem vergangenen Jahr ist wieder nichts übriggeblieben als leere Worthülsen.
Kieler AntifaschistInnen werden auch in Zukunft darauf achten, dass in Kiel keine Nazipropaganda mehr ungestört verteilt werden kann und rufen die Kieler Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich an den Aktionen gegen Rassisten und Nazis zu beteiligen.
Mit freundlichen und antifaschistischen Grüßen
für die Enough is Enough - Redaktion
|