Schweden: Berliner hinter schwedischen Gardinen
Berliner hinter schwedischen Gardinen - Berichte ueber die Anti-EU-
Aktivisten in Deutschland
Berliner hinter schwedischen Gardinen
Nach Gipfelsturm in Goeteborg sitzen sieben Deutsche in U-Haft,
darunter mindestens vier aus Berlin oder Brandenburg
Es sollte ein Wochenendausflug mit Freunden zum Demonstrieren
werden. Doch anstatt am Montag wieder in Berlin zur Schule zu gehen,
sitzt der 18-jaehrige Joerg D. (Name von der Redaktion geaendert)
seit Freitag Nachmittag in Goeteborg in Haft.
Seine Mutter erfuhr davon erst am Sonntag Abend, als der Sohn mit
den anderen jungen Maennern und Frauen aus Schweden zurueckkehrte.
Sie habe gewusst, dass Joerg zu den Protesten gegen den EU-Gipfel
nach Skandinavien reisen wollte, sagt die 43-jaehrige Angestellte aus
dem Ostteil Berlins. Den Bezirk moechte sie nicht nennen. Zu tief
sitzt die Angst, ihr Sohn koennte von Nachbarn und Medien den
Stempel "Hooligan" bekommen. Dabei ist Regine D. mit dem politischen
Engagement ihres Sohnes durchaus einverstanden.
Joerg sei eher introvertiert und nicht vorbestraft, sagt seine
Mutter. Sie kann sich nicht vorstellen, dass der Vorwurf
des "schweren Landfriedensbruchs" gegen ihn zutrifft. Allerdings
waren die schwedischen Haftrichter da anderer Meinun: Am Sonntag
entschieden sie, fuer insgesamt 52 Festgenommene - darunter auch
Joerg, vier weitere 18- bis 21-jaehrige Berliner und Brandenburger
sowie zwei Deutsche aus bisher unbekannten Wohnorten - vierzehn Tage
Untersuchungshaft anzuordnen. Das bedeutet Unterbringung in
Einzelzellen und kaum Kontakte zur Aussenwelt.
Bis zum 29. Juni haben die Ermittler nun Zeit, handfeste Beweise
vorzulegen und Untersuchungshaft bis zum Prozessbeginn zu erwirken.
Was Joerg vorgeworfen wird, ist bei der Goeteborger
Staatsanwaltschaft nicht genau zu erfahren. Jedenfalls "eine schwere
Straftat", die mit einer Haftstrafe geahndet werden muesse.
Seine Mutter berichtet dagegen, Joerg sei schon am Freitag
Nachmittag in einem Park verhaftet worden - Stunden vor jener
Demonstration, die mit schweren Auseinandersetzungen und drei
verletzten Demonstranten durch Polizeischuesse endete. Joergs Mutter
geht davon aus, dass die jungen Deutschen nachtraeglich
funktionalisiert werden, um den AErger der schwedischen
OEffentlichkeit ueber das Polizeikonzept auf die "fremden Chaoten"
aus Deutschland und Daenemark zu lenken. Dabei kamen laengst nicht
alle Berliner, die nach Goeteborg reisen wollten, ueberhaupt ueber
die Grenze. Die deutsche Polizei hatte ihre schwedischen Kollegen
vorab detailliert ueber die Reisenden informiert. In einigen Faellen
reichte schon ein in Deutschland eingestelltes Ermittlungsverfahren
wegen Hausfriedensbruchs oder auch ein Freispruch, um den
schwedischen Grenzbaum vor der Nase zugeschlagen zu bekommen.
In mehreren deutschen Staedten kam es am Sonntag deshalb zu Spontan-
Demonstrationen. Auch die Eltern der Betroffenen wollen gemeinsame
Schritte ueberlegen. Und die Freunde sagen: "Geld sammeln und
Carepakete schicken". HEIKE KLEFFNER
Spendenkonto: Rote Hilfe, Stichwort: Goeteborg, Konto-Nr. 71 89 59
06 00, Berliner Bank, BLZ 100 200 00
taz Berlin lokal Nr. 6475 vom 20.6.2001, Seite 20, 98 TAZ-Bericht,
HEIKE KLEFFNER
Mittwoch, 20. Juni 2001
Berliner Krawalltouristen sitzen in Haft
Verhaftungen in Goeteborg
VON ANDREAS KOPIETZ
An den Krawallen am Rande des EU-Gipfels in Goeteborg waren auch
zahlreiche Berliner beteiligt. Nach Polizeiangaben sitzen noch fuenf
Steinewerfer in Schweden in Haft. Ihnen wird unter anderem schwere
Koerperverletzung vorgeworfen. Fuer solche Straftaten drohen in
Schweden bis zu zehn Jahre Gefaengnis. Die Berliner Polizei habe den
schwedischen Kollegen die persoenlichen Daten der Beschuldigten zur
Verfuegung gestellt, sagte ein Beamter am Dienstag.
Das "Køpi" ist eine der Zentralen
Zu der Teilnahme an den Protesten in Goeteborg hatten auch Berliner
linke Gruppen aufgerufen, darunter die Antifaschistische Aktion. Vor
allem ueber das Internet mobilisieren Globalisierungsgegner gegen
Treffen internationaler Institutionen wie EU-Gipfel, G 8 oder
Weltbank. Einer der betreffenden Internet-Provider befindet sich in
Kreuzberg. Er hat die OEffentlichkeitsarbeit fuer das "Køpi"
uebernommen. Das Mietshaus an der Koepenicker Strasse 137 in Mitte
ist eine von mehreren Berliner Zentralen der Globalisierungsgegner
geworden. Die Bewohner sind ehemalige Hausbesetzer. Das Gebaeude
sollte mehrmals zwangsversteigert werden. Doch potenzielle Kaeufer
schreckten bislang zurueck, weil sie dann auch die Mietvertraege fuer
Punks und Autonome uebernehmen muessten. In dem Haus treffen sich
inzwischen regelmaessig unter anderem die "Goeteborg-Gruppe",
die "Barcelona-Gruppe" oder die "Genua-Gruppe". Fuer den G-8-Gipfel
in Genua Ende Juli mobilisiert bereits ein breites Spektrum
politischer Initiativen zu Gegenaktivitaeten. Die italienische
Polizei befuerchtet dort schwere Ausschreitungen.
Berliner Krawalltouristen sollen nach Polizeiangaben am vergangenen
Wochenende auch in Dresden aktiv gewesen sein. In Internet-Foren
wurde dort zu einer Party aufgerufen, die unter dem Motto
stand: "Reclaim the streets" - die Strasse zurueckerobern.
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