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Neubrandenburg: Polizei räumt Weg frei für Neonazis

Polizei räumt Weg frei für Neonazis
Bericht zu antifaschistischen Protesten in Neubrandenburg

Am Samstag kam es in Neubrandenburg (Mecklenburg) zu schweren Übergriffen
von Polizeikräften auf NazigegnerInnen. Ein Bündnis aus Vereinen,
Gewerkschaften, Jugendverbänden, Parteien und der Stadtpräsidentin hatte zum
Protest gegen
einen Aufmarsch von Kameradschaften aufgerufen. Zu dem Treffpunkt der
Gegendemonstration, die durch die Landtagabgeordneten Koplin (PDS) und
Schier (SPD)
angemeldet wurde, kamen an die 2000 Menschen. Die Demo begann in
unmittelbarer Nähe des Nazitreffs und blieb nach kurzem Weg stehen, um den
rechten
Aufmarsch zu blockieren. Nach 45 min folgten etwa die Hälfte der
GegendemonstrantInnen der angemeldeten Route, kehrten aber später
größtenteils wieder zum
Versammlungsort der Neonazis zurück.
Die verbliebenden DemonstrantInnen versperrten weiterhin den Nazi den Weg
und ließen sich durch ein massives Polizeiaufgebot und das Auffahren von
zwei
Wasserwerfern und einem Räumpanzer nicht abschrecken. Obwohl sich der
Protest
bis dahin nur friedlich äußerte, bis auf vereinzeltes Werfen von
Wasserballons und leeren Plasteflaschen, griff die Polizei die Demonstration
an. Die
Wasserwerfer fegten ohne Rücksicht auf ältere Menschen und Kinder, die sich
in
der Menge befanden, die Strasse und Bürgersteige leer. Es kam zu
Verletzungen
und ersten Verhaftungen. Am Rande stehende NeubrandenburgerInnen verfolgten
den unangemessenen Einsatz mit blanken Entsetzen und Wut. Als die Polizei
versuchte die DemonstrantInnen in eine Seitenstrasse zu treiben, wehrten sie
sich
durch Stein- und Flaschenwürfe. Es gab weitere Verhaftungen. Die Menge wurde
dann zerstreut, allerdings begaben sich trotz des brutalen Vorgehens die
meisten TeilnehmerInnen wieder zum Ausgangspunkt zurück bzw. zum
Endkundgebungsplatz der Nazis.
Der rechte Aufmarsch begann dann mit 2,5 Stunden Verspätung. Nicht mal 150
Neonazis aus Berlin, Mecklenburg/Vorpommern, Brandenburg und Hamburg hatten
sich zusammengefunden. Zwei Busse sollen im durch die Blockade entstandenen
Stau stecken gebliebenen sein. Zu dem Anmelder Enrico Harmisch vom
Kameradschaftsbund Usedom gesellte sich zu allem Überfluss Christian Worch,
dessen eigene
Demonstration in Elmshorn verboten wurde, woran er auch in Neubrandenburg
durch Fußtritte einiger beherzter Antifas in den nationalen Hintern erinnert
wurde.
Der Nazi-Umzug wurde von einigen Hundert BürgerInnen mit Buh-Rufen und
Beschimpfungen empfangen. Die Polizei machte wiederum rabiat den Weg frei
für die
Neonazis. Im weiteren Verlauf wurden die Neonazis immer wieder beschimpft
und
mit Gegenständen oder faulem Obst und Gemüse beworfen. Eine zwanzigminütige
Strassenbesetzung stoppte den Aufmarsch auf halben Weg, wurde aber wiederum
von der Polizei aufgelöst. Wieder Verhaftungen. Die Polizei versuchte
mehrmals
die NazigegnerInnen abzudrängen, was deren Ortskenntnis , aber im wieder
zunichte machte. Ein verletzter ,,Kamerad" musste durch einen
Krankenwagen abgeholt werden.
Am Platz ihrer Endkundgebung angekommen, sahen sich die Neonazis wiederum
von einer Menge von geschätzten 1000 GegendemonstrantInnen umzingelt. Auch
dieser Platz, der sich provokanter Weise in der Nähe eines selbstverwalteten
Jugendzentrums befindet, musste durch die Polizei vorher frei geräumt
werden. Die
Redebeiträge der Faschos gingen im Lärm der Umstehenden und eines
Polizeihubschraubers unter.
Da die nunmehr reichlich gestressten Nazis offenbar ein Angebot der Polizei
ablehnten, in Transportern aus der Gefahrenbereich gekarrt zu werden, ging
es
nun in erhöhter Geschwindigkeit zum Ausgangspunkt zurück.
Aber auch hier waren die AntifaschistInnen schneller und warteten schon auf
(!) den Autos der Rechten auf deren Ankunft. Wieder musste Polizei auffahren
und mit dem Einsatz von Wasserwerfern drohen, um denn Platz zu räumen. Zu
guter letzt mussten sich ,,Kameraden" ohne Fahrzeug, im
Laufschritt
durch die Stadt von der Polizei zu Bahnhof eskortieren lassen -
verfolgt, begleitet und beschimpft von Menschen, die sich von deren Abfahrt
überzeugen wollten.
Der Nazi-Aufmarsch konnte nicht verhindert werden. Ihre erste Demonstration
in Neubrandenburg seit 9 Jahren wurde aber so unangenehm wie möglich
gestaltet. Möglich wurde dass, durch die fast ausschließlich einheimischen
TeilnehmerInnen des Protests, der getragen wurde von unterschiedlichsten
Gruppen und
Institutionen, vielen ganz normalen NeubrandenburgerInnen und sehr vielen
unorganisierten Jugendlichen der verschiedensten Szenen.
Auch deshalb wird der überzogene Polizei-Einsatz ein Nachspiel haben, da er
sich kaum als Einsatz gegen die üblichen ,,Linksextremisten"
verkaufen lassen wird. Es wurden 30 Personen festgenommen (bis zur Nacht
wieder
freigelassen) und gab mehrere Verletzte.

Mehr Infos und auch Bilder bei www.likedeeler-online.de


 

15.07.2001
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