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Schwanenwede: Keine Gewissensfreiheit bei der Bundeswehr: Kriegsdienstverweigerer soll abermals 21 Tage in Arrest

Am gestrigen Montag hat die Bundeswehr zum dritten mal Arrest gegen
den konsequenten Kriegsdienstverweigerer Kai S. aus Bremen beantragt,
der bereits seit 21 Tagen in einer Arrestzelle der Weser-Geest Kaserne
im niedersächsischen Schwanewede einsitzt.

Kai S. war am 02. Juli 2001 seiner Einberufung in die Schwaneweder
Lützow-Kaserne gefolgt, wo er seine Gewissensentscheidung gegen jede
Art von Kriegsdienst bekundet und alle Befehle verweigert hatte. Wie
andere konsequente Kriegsdienstverweigerer - auch Totalverweigerer
genannt - lehnt Kai S. als Pazifist nicht nur den Dienst an der Waffe,
sondern auch den sogenannten Zivildienst ab, da dieser im Rahmen der
Gesamtverteidigung in die Kriegsplanung der Bundesrepublik integriert
ist. Für seine Entscheidung wurde Kai S. von der Bundeswehr bereits
zweimal mit "Disziplinararrest" von 7 bzw. 14 Tagen belegt.

Der Bremer Freundeskreis "Non Serviam!" (lat.: Ich werde nicht
dienen), der Kai S. bei seiner Gewissensentscheidung unterstützt,
protestiert gegen das Vorgehen der Bundeswehr. Ein Sprecher der Gruppe
sagte heute: "Der Arrest ist nicht nur sinnlos, sondern auch
vollkommen unzulässig, denn Disziplinarstrafen dürfen nur verhängt
werden, wenn dadurch eine Verhaltensänderung zu erwarten ist. Bei
einer Gewissensentscheidung, wie sie totale Kriegsdienstverweigerer
treffen, ist das nicht der Fall. Da die Bundeswehr auch ein sofortiges
Dienstverbot aussprechen könnte, kann der Arrest nur als gezielter
Versuch bezeichnet werden, konsequente Kriegsdienstverweigerer durch
Zwang dazu zu bringen, gegen ihr Gewissen zu handeln. Das zeigt auch
der Vollzug, denn Bundeswehrarrest bedeutet Haft unter
Isolationsbedingungen, wie sie im gewöhnlichen Strafvollzug nicht
anzutreffen sind. Hinzu kommen willkürliche Schikanierungen, die nun
immer häufiger zu Tage treten. Zum Beispiel mißweisende oder gar
falsche Rechtsbelehrungen durch Disziplinarvorgesetzte. Oder die
Tatsache, daß Kai seine Post mit einer Verzögerung von vier bis sieben
Tagen ausgehändigt wird, obwohl die Bundeswehrvollzugsordnung
eindeutig vorschreibt, daß Häftlingspost nicht überwacht werden darf
und sofort auszuhändigen ist."

Nach dem Willen des derzeitigen Disziplinarvorgesetzten, dem
stellvertretenden Kasernenkommandeur Major Baron, sollen gegen Kai S.
nun erneut 21 Tage Arrest verhängt werden - diesmal am Stück. Noch muß
das zuständige Truppendienstgericht Nord dem dritten Arrestantrag
zustimmen. Der Freundeskreis "Non Serviam" befürchtet allerdings, daß
das Gericht gegen die Genehmigung des dritten Antrags ebensowenig
Bedenken haben werde, wie bei den beiden vorherigen Anträgen. Ein
Sprecher der Gruppe: "Üblicherweise genehmigen die
Truppendienstgerichte Disziplinararrest bis zu einer Gesamtzeit von
63, manchmal auch 84 Tagen. Erst dann wird ein Dienstverbot gegen den
Totalverweigerer ausgesprochen und ein Verfahren wegen Fahnenflucht
gegen ihn eingeleitet. Die Arbeitsweise des Truppendienstgerichts ist
nicht mit der eines ordentlichen Gerichts zu vergleichen - es besteht
kein Recht auf Verteidigung, das Gericht fällt seine Entscheidung ohne
Anhörung des Angeklagten oder dessen Anwalt."

Die Entscheidung des Truppendienstgerichts über den dritten
Arrestantrag gegen Kai S. wird für den heutigen Dienstag erwartet. Die
Gruppe Non Serviam! fordert die sofortige Freilassung von Kai S. und
ruft dazu auf, Protestschreiben an Major Baron als verantwortlichen
Befehlshaber bei der Bundeswehr und an Richter Domininghaus als
zuständigen Richter beim Truppendienstgericht Nord zu richten und Kai
S. mit Briefen und Karten zu unterstützen.

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Weitere Informationen über Kai S. und Totalverweigerung im Allgemeinen
können über den Freundeskreis "Non Serviam!" bezogen werden, an dessen
Adresse auch Post an Kai S. gerichtet werden kann:

NON SERVIAM!, c/o Infoladen, St.Pauli-Str. 10-12, D-28203 Bremen,
E-Mail:  non.serviam@gmx.net

Weitere Adressen:

Verantwortlich für den dritten Arrestantrag:

Major Baron, An der Kaserne 41, 28 790 Schwanewede

Der Kompaniechef der Einheit, zu der Kai S. eingezogen wurde:

Kompaniechef von Block, 4. Panzergrenadierbatallion 323, An der
Kaserne 41, 28790 Schwanewede, Tel.: 04209-922340 und 04209-922347

Die Einheit zu der Kai S. eingezogen wurde:

4. Panzergrenadierbatallion 323, Tel.: 04209-922341

Zentrale der Lützow-Kaserne:

Tel.: 04209-920

Spendenkonto für Kai S.:

Rote Hilfe Göttingen, Konto 350 670 309, Postbank Hannover,
BLZ 250 100 30, Stichwort: Non serviam/TKDV

 

24.07.2001
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