Leipzig/ Greifswald: 1.09. Lieber raus auf die Strasse als Heim ins Reich
rock 'em outta town! - 01¦09¦2001 in Leipzig und Greifswald
Nachdem der letzte Versuch eines Nazi-Aufmarschs in Leipzig am 1. Mai ´98 aeusserst effektvoll von AntifaschistInnen behindert wurde, wollen die "Freien Kameradschaften" am 1. September erneut einen Versuch starten, in Leipzig Fuss zu fassen. Der 62. Jahrestag des Ueberfalls Deutschlands auf Polen ist Hintergrund fuer einen Grossaufmarsch der "Freien Kameradschaften" fuer "Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung", bei dem ueber 2.000 Nazis erwartet werden. Dagegen mobilisieren antifaschistische Gruppen aus Leipzig. Das Buendnis gegen Rechts (Leipzig) hat ausserdem eine bundesweite Demonstration, unter dem Motto "Deutschland den Krieg erklaeren - Den zivilgesellschaftlichen Militarismus und die neue Weltordnung angreifen" angemeldet, welche fuer den Abend des selben Tages geplant ist.
Am selben Tag mobilisiert die NPD dagegen nach Greifswald. Text dazu
Aktuelle Situation - Stand: 29.08.2001
- Das Demonstrationsverbot gegen die Nazi-Demo wurde unter Auflagen aufgehoben. Wie bekannt wurde, duerfen keine Fahnen und Trommeln mitgeführt und nicht im Block marschiert werden. Die Route dieser Demonstration wurde nicht verändert
- Fuer den 1. September wurden alle Gegendemonstrationen aufgrund "Polizeinotstands" verboten. Betroffen sind die Demonstration des Buendnis gegen Rechts (Leipzig) und eine PDS-Demonstration unter dem Motto "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg!". Das Buendnis gegen Rechts (Leipzig) und die PDS halten jedoch an ihren Demonstrationen fest und wollen gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts klagen.
- die Polizei kuendigte an, schon vor Sonnabend, "gewaltbereite Linksradikale" von der Stadt "fernhalten" zu wollen
- Die "PeaceParade" des buergerlichen Buendnisses: "Courage zeigen" wurde von den AnmelderInnen zurueckgezogen. Stattdessen hat die Stadt Leipzig ein Stadtfest auf dem Augustusplatz angemeldet
Ausserdem hier Infos zum NPD-Aufmarsch in Greifswald:
http://de.indymedia.org/2001/08/6930.html
(Stadtpläne und aktuelle Infos zur geplanten NPD-Demo am 1. September in Greifswald)
Terminplan/ Leipzig - Stand: 29.08.2001
- 10 Uhr: Kranzniederlegung auf dem Ostfriedhof fuer die gefallenen Wehrmachtsdeserteure
- 12 - 15.30 Uhr: Fest der Stadt Leipzig unter dem Motto "Leipzig. Gesicht zeigen!" auf dem Augustusplatz mit dem Aktionsbuendnis "Leipzig. Courage zeigen"
- 11 - 12 Uhr: Friedensfest der PDS-Leipzig an der Moritzbastei - PDS-Demonstration "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg!" angemeldet
- ab 12 Uhr: "Grossdemonstration des nationalen Widerstandes" (vom Hauptbahnhof - Augustusplatz - Prager Str. - Voelkerschlachtdenkmal - Ph.-Rostenthal-Str. - Bayrischer Platz - Martin Luther Ring - Goerdelerring - Hauptbahnhof ca.10 km)
- ab 18 Uhr: Demonstration "Deutschland den Krieg erklaeren" des Buendnis gegen Rechts (Leipzig) - (Treffpunkt Bruehl/Ecke Katharinenstr. - Ende 21 Uhr am Marktplatz)
Anfahrtsrouten, Stadtplan und weitere aktuelle Infos bei
http://www.left-action.de/krieg/index.htm
Der "zweite" Versuch - Grossaufmarsch der "Freien Kameradschaften"
Die "Buergerinitiative fuer deutsche Interessen", eine Tarnorganisation der "Freien Kameradschaften" hat fuer den 62. Jahrestag des Ueberfalls der deutschen Wehrmacht auf Polen eine Grossdemonstration unter dem Motto "Fuer Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung" in Leipzig angemeldet. Ein Grossaufgebot von Polizei und Bundesgrenzschutz wird aus naheliegenden Bundeslaendern zusammengezogen, um den reibungslosen Ablauf des Grossaufmarsches zu gewaehrleisten und antifaschistische Gegenaktionen zu verhindern.
Der Anlass des 1. Septembers, als Jahrestag des Beginns des 2. Weltkriegs und als Weltfriedenstag, wurde von den Anmeldern Steffen Hupka und Thomas Wulff nicht zufaellig gewaehlt. Die geschichtsrevisionistische Leugnung der Kriegsschuld des Dritten Reichs am 2. Weltkrieg und die Darstellung, Deutschland haette sich "gegen den Angriff aeusserer imperialistischer Kraefte nur verteidigt", sind in der rechten Ideologie unumstritten und bergen ein hohes Mobilisierungspotenzial fuer rechte Kraefte.
Die Anmelder verfolgen mit der zweiten Grossdemonstration der "Freien Kameradschaften" nach Frankfurt/Main aber nicht nur geschichtsrevisionistische Absichten. Neben der Staerkung der Nazi-Szene in Sachsen gilt es, fuer sie auch die Profilierung des Prinzips relativ unabhaengiger Kameradschaften, gegenueber dem Parlamentarismus der NPD zu erreichen.
Eine Etablierung bundesweiter Grossaufmaersche der "Freien Kameradschaften" wuerde fuer die, durch die Verbotsdiskussionen und interne Richtungsstreits in ihrer Handlungsfaehigkeit gelaehmten NPD, eine weitere Abwanderung "enttaeuschter Kameraden" zu den Kameradschaften bedeuten. Durch eine, trotz Protesten, erfolgreiche Grossdemonstration waere in Deutschland ein neuer und vermeintlich erfolgversprechender Organisationsansatz fuer die Reaktivierung und Organisierung der Nazistrukturen begruendet.
"Deutschland den Krieg erklaeren" - Demonstration des Buendnis gegen Rechts (Leipzig)
Deutsche Soldaten kaempfen auf dem Balkan, das ist auch ein Grund dafuer, dieses Thema am 1.9. bei einer Demo aufzugreifen. Nachfolgend haben wir aus aktuellem Anlass den Aufruf des BgR Leipzig aufgegriffen. Schwerpunkt wird hier nicht nur auf den Kriegseinsatz in Mazedonien gelegt, sondern auch auf die Instrumentalisierung der sogenannten "Zivilgesellschaft" durch die Regierung und deren Aussenpolitik.
Das Buendnis gegen Rechts (Leipzig) mobilisiert fuer die Verhinderung des Naziaufmarsches und eine bundesweite Demonstration gegen den ?zivilgesellschaftlichen Militarismus und die neue Weltordnung? unter dem Motto "Deutschland den Krieg erklaeren!". Diese soll nach den antifaschistischen Aktionen, gegen 18 Uhr stattfinden. Hintergrund der Demonstration ist die Instrumentalisierung der durch Rot-Gruen wieder belebten ?Zivilgesellschaft? um bundesdeutsche Kriegseinsaetze im Ausland innenpolitisch zu rechtfertigen.
Doch was heisst Zivilgesellschaft?
Menschen, die engagiert und couragiert Verantwortung fuer die Gesellschaft uebernehmen, ohne dabei die gesellschaftlichen Verhaeltnisse zu kritisieren?
Menschen, die vertreten durch Stadtverwaltung, Gewerkschaften und Parteien links der CDU Feste und Kundgebungen organisieren, um rechte Strukturen zu thematisieren, ohne sich mit ihnen zu konfrontieren?
Menschen, deren vermeintliches Engagement gegen Nazis fuer die Rechtfertigung von Kriegseinsaetzen im Ausland instrumentalisiert wird!
In ihrem Aufruf argumentiert das BgR gegen die Instrumentalisierung der "Zivilgesellschaft" fuer die Rechtfertigung von NATO-Kriegseinsaetzen. Ein praegendes Beispiel dafuer war der NATO-Angriff auf Jugoslawien. Waehrend unter der Parole "Nie wieder Auschwitz" in Jugoslawien Bomben explodierten, demonstrierte die "Zivilgesellschaft" gegen Faschismus. Die Suche nach Parallelen mit der eigenen Geschichte aeusserten sich in Vergleichen von Milosevic mit Hitler, "Analogien" von Massengraebern und Holocaust und dem Aufruf es gelte ?ein zweites Auschwitz zu verhindern!? (Joseph Fischer, dt. Aussenminister). Die Suche nach Parallelen mit der eigenen Geschichte wird demnach nicht nur zur moralischen Rechtfertigung von Angriffskriegen gebraucht, sondern auch um in der Bevoelkerung die Militarisierung der bundesdeutschen Aussenpolitik zu verschleiern. So schloss sich der Kreis zwischen einer als antifaschistisch propagierten Aussenpolitik und einer ?antifaschistischen? Zivilgesellschaft im inneren. Damit die aeussere Rechtfertigung des Krieges auch glaubwuerdig erschien, formte sich die Aussenpolitik mit dem Krieg gegen Jugoslawien neu. Angesichts der Moeglichkeiten eines unabhaengig agierenden NATO-Militaerbuendnis, bot sich die Perspektive, die oekonomische und politische Vormachtstellung Deutschlands in Europa nun auch militaerisch auszugestalten. Die Normalisierung einer militaristischen Aussenpolitik ist auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden Mazedonieneinsatzes nachvollziehbar. Fuer einen Einsatz von deutschen ?Friedenspanzern? an alten Grenzen ist eine antifaschistische Rechtfertigung aber kaum noch notwendig. So dient nun das Argument ?fuer Frieden und Menschenrechte? dazu, durch Kriegseinsaetze und NATO-Protektorate, ?Stabilitaet? innerhalb der Krisengebiete zu schaffen.
Krieg ist fuer einige ein Geschaeft. Waehrend deutsche Ruestungsunternehmen von dem Kriegseinsatz in Jugoslawien profitierten, sind andere Wirtschaftszweige massgeblich daran beteiligt, die am Boden liegende Wirtschaft Jugoslawiens wieder aufzubauen. Auf diese Weise gelang es, Jugoslawien von deutschen und europaeischen Wirtschaftsstrukturen abhaengig zu machen.
So vollzieht sich die Unterwerfung des Balkans unter die Strukturen der Freihandelszone EU und das buergerlich-kapitalistische Demokratiemodell.
Dieser neue Imperialismus ist aufgrund des repraesentativ-demokratischen Charakters der deutschen Herrschaftsordnung jedoch auf die Zustimmung der Bevoelkerung angewiesen. Deswegen wird sich bemueht eine Aussenpolitik, die sich scheinbar gegen Faschismus und fuer Menschenrechte positioniert, auch nach innen glaubwuerdig erscheinen zu lassen.
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