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Wendland: Hausdurchsuchung am 28.8. im Wendland

Hausdurchsuchung am 28.8.01 in Meuchefitz (Wendland)

Schienensägen ist keine Gewalt, sondern...


Am 28.8. haben ein Einsatzzug Bereitschaftspolizei aus Lüneburg, Ermittler
der PI Lüchow-Dannenberg und zwei ZeugInnen der Samtgemeinde Lüchow einen
Bauwagen in Meuchefitz durchsucht. Ziel der Aktion war es, "unbefangenes
Schriftmaterial, das Handschriftliche Aufzeichnungen und Unterschriften des
Beschuldigten enthält" (Zitat Durchsuchungsbeschluss) sicherzustellen.
vorgeworfen wird dem Bewohner des Bauwagens, am 22.2. eine Kleinanzeige in
der Elbe-Jeetzel-Zeitung (EJZ) mit dem Text "Schienensägen ist keine Gewalt,
sondern sauberes Handwerk! Herzlichen Glückwunsch.", veröffentlicht zu
haben. Die Anzeige war mit 5 Namen unterzeichnet und stellt laut
Staatsanwaltschaft Lüneburg "Belohnung und Billigung von Straftaten" dar.
Ein Schriftenvergleich mit dem bei der EJZ handschriftlich eingegangenen
Anzeigentext soll nun Licht ins Dunkel des Widerstandes bringen.

Beschlagnahmt wurden bei der Aktion: Eine (handschriftliche) Rechnung, die
Blaupause der Steuererklärung, eine Matheklausur, einen Brief an den
Landkreis Lüchow-Dannenberg zum Thema leben im Wagen und ein sonstiges,
irgendwo abgeheftetes Schriftstück.

Der Hintergrund: Am 18.2. trennten Unbekannte ein ca. 3 m langes Gleisstück
aus der Bahnlinie Lüneburg-Dannenberg und legten es in Form eines X-es in
die Lücke. Obwohl noch in derselben Nacht ein Anruf erfolgte, in dem auf
das X hingewiesen wurde, ließen Polizei und BGS den nächsten Personenzug
planmäßig bis zur Lücke fahren. Ein Gelungener Show-down, der zur
altbekannten Floskel der gefährdeten Menschenleben und skrupellos
gewaltbereiten AtomkraftgegnerInnen führte. Die näheren Umstände wie
Absperrung der Lücke mit Trassierband, der besagte Warn-Anruf und der
überwiegend mit PolizeibeamtInnen besetzte Personenzug kamen erst Tage
später und auf beharrliches Nachbohren bei den Behörden heraus.

Die PolizeistrategInnen verstanden es sofort, den Anschlag auf die Bahnlinie
in ihr PR-Konzept von "friedlichem Widerstand" einzubinden und ihn für die
Hetze gegen die skrupellosen, gewaltbereiten AtomkraftgegnerInnen zu
benutzen. Dabei waren sie weitaus schneller als der Widerstand selbst, denn
während innerhalb der Bewegung im Wendland noch weiträumige Spekulationen
über eine mögliche Staatsschutzaktion die Runde machten (hervorgerufen durch
das Trugbild einer lückenlosen, allmächtigen Überwachung der Schienen und
der angeblich schlechten Auswirkungen auf den Widerstand (???) ...), wurde
der öffentliche (Zeitungs-) Raum durch staatliche oder staatsloyalistische
Kettenreaktionen gefüllt, die dem herausgetrennten Gleisstück keinen Hauch
widerständischem oder politischem Handeln zugestehen. Dabei wird einzig und
alleine eine rein legalistische Ebene in den Vordergrund gerückt, in der der
Begriff "Gewalt" als zentraler und zugleich hochgradig verschleiernder Punkt
instrumentalisiert wird.

Die Stoßrichtung der Hausdurchsuchung liegt auf der Hand: Nicht nur der Akt
der Gleisentfernung selber, sondern auch jegliche Abweichung der offiziell
vorgegebenen Linie im Spannungsfeld politisches Handeln – Gewalt-/Straftäter
wird mit Entschlossenheit verfolgt. Nicht nur politisches Handeln wird
kriminalisiert, sondern auch das Verlangen der Mitgestaltung öffentlicher
Auseinandersetzung darum. In einer Bewegung, in der ziviler Ungehorsam und
die Bereitschaft zu aktivem Widerstand auch nach Jahren noch salonfähig ist
und sich durch nahezu alle gesellschaftlichen Schichten zieht, greift der
(Atom-) Staat zu totalitären Mitteln, um die BewohnerInnen zu
disziplinieren. Ein Demokratisches Antlitz zu bewahren hat er anscheinend
auch hier nicht mehr nötig.


... immer einen Schritt voraus

 

02.09.2001
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Antiatom]  Zurück zur Übersicht

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