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Marburg: Rede bei Antikriegstag in Marburg

KALASCHNIKOV - DAS RADIOMAGAZIN FÜR MILITANTEN PAZIFSMUS /
PRESSEDIENST (KPD)

Liebe Leute,

die Marburger Friedensinitiative "Nein zum Krieg" organisierte unter dem
Motto "Bundeswehr - Nein zum Einsatz in Mazedonien!" am Antikriegstag
2001 eine Kundgebung am Marburger Deserteure-Denkmal. Den Redebeitrag
der Kundgebung hielt Roland Grimm (DFG-VK Marburg und
"Kalaschnikov"-Redaktion). In der Anlage dokumentieren wir seine
Ansprache.

Darüber hinaus möchten wir Euch auf ein lokales Event zum 1.9.
aufmerksam machen. Noch bis zum 14. September sind in der Marburger
Brüder-Grimm-Stube (am Marktplatz) Plakate der Marburger
Friedensbewegung aus den letzten 20 Jahren zu sehen. Veranstalterin der
Ausstellung ist ebenfalls die Marburger Friedensinitiative "Nein zum
Krieg".

Mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Bröhling
DFG-VK Marburg

KALASCHNIKOV ist seit 1996 bei "Radio Unerhört Marburg" auf Sendung und
wird produziert von der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Marburg

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Anlage

BUNDESWEHR - NEIN ZUM EINSATZ IN MAZEDONIEN!

Wieder schickt die Bundesregierung im Rahmen einer NATO Intervention
Besatzungstruppen auf den Balkan. Der Bundestag hat der Entsendung von
500 Soldaten nach Mazedonien mit überwältigender Mehrheit zugestimmt und
dabei wie selbstverständlich wieder einmal das Grundgesetz gebrochen.
Dort findet sich nämlich nach wie vor das Verbot die Armee außer zum
Zweck der Landesverteidigung einzusetzen. Dieses Verbot des
Angriffskrieges war eine, wenn auch unzureichende Konsequenz aus eben
jenem 1. September 1939, dem Angriff Nazi-Deutschlands auf Polen, der
Entfesselung des Zweiten Weltkrieges durch Deutschland, Italien und
Japan und dem völkisch-antisemitischen Vernichtungskrieg der deutschen
Wehrmacht in Osteuropa. Das Großalbanien, von dem die UCK träumt,
existierte bereits einmal: Als faschistischer Vasallenstaat von Hitlers
und Mussolinis Gnaden, der dann beim Rückzug der Wehrmacht von den
albanischen und jugoslawischen kommunistischen Partisanen zerschlagen
wurde.

Glaubt man der offizielle Propaganda, geht es auch bei der neuesten
NATO-Intervention nur um den Schutz der Witwen und Waisen. Wann wurde
denn jemals aus anderen Gründen Krieg geführt? Doch nicht etwa aus
machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen! Die gibt es nicht.
Jedenfalls, wie man uns glauben machen will, nicht für das weltweit
stärkste Militärbündnis, die NATO.

Worum geht es in Mazedonien tatsächlich? Zunächst einmal ganz einfach um
die Sicherung der Nachschubrouten der Besatzungstruppe KFOR im Kosovo.
Und das zeigt, wie ein Militäreinsatz mit logischer Konsequenz den
nächsten nach sich zieht. Erst werden mit militärischen Mitteln Probleme
geschaffen bzw. verschärft, anschließend sollen mit Hilfe desselben
Militärs diese Probleme wieder behoben werden, wobei dann aber wieder
nur neue Probleme geschaffen werden... . Das klingt völlig verrückt? Ist
es auch, aber es ist nichts anderes als die Logik der Balkanpolitik von
USA, Deutschland und den übrigen NATO-Staaten.

Die Stationierung von NATO Truppen in Mazedonien ist an sich nichts
neues. Im Krieg gegen Jugoslawien 1999 hat Mazedonien dann sein
Territorium für den Aufmarsch der NATO-Bodentruppen bereitgestellt.
Einen Bodenkrieg der eigenen Truppen konnte die NATO damals verhindern.
Diese Aufgabe wurde von der UCK übernommen. Nach dem Rückzug der
jugoslawischen Polizei und Militäreinheiten wurde die UCK unter
Oberhoheit von NATO und UNO die eigentliche Macht im Kosovo. Dies nutzte
sie zunnächst zur Vertreibung von nichtalbanischen Minderheiten wie
Serben, Roma und Juden, dann begann sie Anfang dieses Jahres vom Kosovo
aus den Krieg gegen Mazedonien. Dabei war die UCK doch den
Verlautbarungen der NATO zufolge längst entwaffnet und in ein ziviles
Kosovoschutzkorps umgewandelt worden. Durch diesen großartigen Erfolg
angespornt, erklärt sich die NATO jetzt in Mazedonien plötzlich zur
unparteiischen Macht und verkündet, sie wolle mit 4 500 Soldaten in 30
Tagen das machen, was sie in den letzten zwei Jahren im Kosovo nicht
geschafft hat - nämlich die UCK zu entwaffnen. Zuvor haben die USA in
den letzten Monaten noch einmal ordentlich Waffen und Militärberater an
die UCK geschickt. 17 amerikanische Militärberater befanden sich auch
unter den 400 UCK-Kämpfern, die sich Mitte Juni in der Nähe der
mazedonischen Hauptstadt Skopje verschanzt hatten. Sie wurden von
US-amerikanischen KFOR Soldaten aus der Einkesselung durch
Regierungstruppen befreit, die ihnen und ihren amerikanischen
Instrukteuren den bewaffneten Rückzug ermöglichten.

Jetzt ist also davon die Rede, daß die UCK freiwillig ihre gesamten
Waffen abgibt. Abgesehen davon, davon überhaupt nicht die Rede sein
kann, stellt sich doch die Frage stellen, warum dazu eine
Militärintervention nötig ist. Warum werden die Waffen nicht einer
zivilen, neutralen Organisation übergeben? Die NATO, die bereits
gemeinsam mit der UCK Krieg geführt hat, ist für eine Entwaffnung der
UCK völlig ungeeignet.
Noch nicht einmal über die Zahl dieser Waffen gibt es Einigkeit zwischen
der UCK, der NATO und der mazedonischen Regierung. 3 500 Waffen soll die
UCK der NATO übergeben. Dagegen spricht die mazedonische Regierung von
etwa 85 000 Waffen im Besitz der Separatisten und dürfte mit dieser
Schätzung weit näher an der Wirklichkeit liegen. So ist aber die gesamte
Entwaffnung von vornherein bereits eine Farce.

Das ist auch der Hintergrund für die heftigen und teilweise
gewalttätigen Proteste der nichtalbanischen Bevölkerung Mazedoniens
gegen die NATO-Intervention, die bereits einem britischen Soldaten das
Leben gekostet haben. Die UCK kann derweil ganz zufrieden mit den
Ergebnissen ihrer Eskalationsstrategie, mit der sie bereits im Kosovo
durchschlagenden Erfolg hatte. Wie im Kosovo gibt sie auch diesmal
demonstrativ ein paar veraltete Waffen ab und kann sich darauf
einrichten, unter NATO-Oberhoheit ihre Herrschaft über Teile Mazedonien
zu festigen.

Daran, daß die NATO nach 30 Tagen wieder abzieht glaubt schon jetzt
niemand mehr. Ergebnis der ganzen Aktion wird entweder die dauerhafte
Errichtung eines oberflächlich "befriedeten" Protektorats, in Mazedonien
sein, in dem die NATO eine oberflächliche Ruhe herstellt, während die
UCK in den von ihr kontrollierten Gebieten de facto die Macht übernimmt.
Oder aber eine Verwicklung der NATO in den mazedonischen Bürgerkrieg.
Die UCK kann die jetzige NATO Intervention als Etappensieg auf dem Weg
nach Großalbanien begreifen. Dieses Großalbanien soll auch Teile
Griechenlands umfassen, das so bald das nächste Opfer von UCK-Angriffen
werden kann. Für den Fall, daß sich die NATO allerdings irgendwann
ernsthaft den Kämpfern für Großalbanien entgegen stellen sollte , hat
sich andererseits schon mal eine kompromisslose Abspaltung der UCK, die
"Albanische Nationalarmee" zu Wort gemeldet. Aber wie meinte doch
Außenminister Fischer: "Die albanische Frage ist offen". In Berlin
können die Kämpfer für Großalbanien ja traditionell auf Unterstützung
rechnen.

Es ist das große Unglück der Menschen auf dem Balkan, in einer
strategischen Schlüsselregion zu leben, die immer wieder zwischen
verschiedensten Großmächten heftig umkämpft war. Genau dies hat den
inneren Konflikten in dieser Region die besondere Schärfe gegeben. So
auch nach dem Zusammenbruch Tito-Jugoslawiens, das mehrere Jahrzehnte
einen außenpolitischen Kurs der Neutralität verfolgt hat. Dieser
Staatszerfall hatte zwar hauptsächlich innere Gründe, wurde aber von
außen gezielt gefördert. Eine besonders üble Rolle spielte dabei von
Anfang an die deutsche Außenpolitik.

Für Deutschland ging es nach dem der Anschluß der DDR um die
Wiedergeburt als militärische Großmacht, die ohne Rücksichtnahme auf die
Erinnerungen an den Naziterror überall dort zuschlagen darf, wo es ihr
beliebt. Es geht darum, die Grenze zwischen EU und ihrem
südosteuropäischen Hinterhof zu ziehen.

Es geht darum, die Bevölkerung dieser Länder unter Kontrolle zu halten.
Eine Bevölkerung, die zu großen Teilen für das Kapital schlicht
überflüssig ist. In Mazedonien sind mindestens zwanzig Prozent der
Bevölkerung erwerbslos. Der Balkan ist der verelendete Hinterhof der EU,
den diese in Zusammenarbeit aber auch in Rivalität mit den USA unter
ihre Kontrolle zu bringen sucht. Die USA versuchen andererseits nach
Kräften die Entstehung einer EU als ebenbürtige Weltmacht, die
inzwischen schon ihre eigene Armee aufbaut, zu verhindern. Wie schon so
oft werden auf dem Balkan wieder einmal die Interessensphären der
Großmächte neu abgesteckt - mit verheerende Folgen für die Bevölkerung.
Und genau deswegen wird jetzt auch Mazedonien destabilisiert.

Auch dieser Militäreinsatz dient angeblich dazu, den Krieg zu
verhindern, nicht ihn zu führen. Aber tatsächlich damit wird nur wieder
nur Öl ins Feuer gegossen. Mit dem ernsthaften Bemühen, die Kämpfe zu
beenden, und die Lebenssituation der Menschen in Südosteuropa zu
verbessern hat das alles nicht das geringste zu tun.

Auch dieser Militäreinsatz dient angeblich dazu, den Krieg zu
verhindern, nicht ihn zu führen. Auch damit wird wieder nur Öl ins Feuer
gegossen. Mit dem ernsthaften Bemühen, die Kämpfe zu beenden, und die
Lebenssituation der Menschen in Südosteuropa zu verbessern hat das alles
nicht das geringste zu tun. Dazu wären ganz andere Maßnahmen nötig.

Beispielsweise eine Beendigung der Produktion und des Verkaufs von
Kriegswaffen.
eine großzügige Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und Deserteuren, um
jenen eine sichere Zuflucht zu gewähren, die sich dem Morden entziehen
wollen, ein Schuldenerlaß, um die ökonomischen Ursachen des
Staatszerfalls zu bekämpfen, statt die Menschen mittels
IWF-Strukturanspassungsmaßnahmen immer tiefer ins Elend zu stürzen.
Solche Maßnahmen würden freilich weder der Machtposition Deutschlands
noch den Profitinteressen seiner Konzerne dienen. Statt dessen schickt
man Soldaten und rechtfertigt damit weitere Aufrüstung.

Die imperialistischen Militäreinsätze sind nicht die Lösung der Probleme
Südosteuropas sondern eine der Hauptursachen für die dortigen
Bürgerkriege. Die NATO hat in Südosteuropa nichts zu suchen.


Wir fordern:

- Den Stopp des Mazedonieneinsatzes der Bundeswehr!
- Den Rückzug der Bundeswehr aus den besetzten Gebieten!
- Auflösung der interventionsfähigen Truppenteile, den
Bundeswehr-Einsatzkräften - als erster Schritt zur Abschaffung der
Bundeswehr


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DFG-VK Marburg
Postfach 1246
35002 Marburg
 dfgvk@lahn.net
 http://www.lahn.net/dfgvk
Wenn unsere Mitteilungen nicht erwünscht sind, dann schickt uns bitte
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03.09.2001
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