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Durban/ Southafrica: zum Scheitern der UN-Konferenz gegen Rassismus

Jungle-World
Nr. 37/2001 - 05. September 2001
-Die wahren Opfer-

Den arabischen NGO ist es gelungen, den Zionismus zu einem zentralen Thema der UN-Konferenz gegen Rassismus in Durban zu machen. von götz nordbruch

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Zum Eklat kam es bereits am Tag vor der Eröffnung der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban. Überwiegend arabische Demonstranten protestierten gegen eine von jüdischen Gruppen organisierte Pressekonferenz, drangen zum Podium vor und erzwangen eine vorzeitige Beendigung der Veranstaltung. »Das ist typisch dafür, wie wir während der Konferenz behandelt worden sind«, erklärte Rabbi Abraham Cooper vom Simon Wiesenthal Center in Los Angeles.

Am ersten Tag der Konferenz wurden die Demonstrationen und Proteste fortgesetzt, unter anderem bei einem Workshop gegen Antisemitismus. Den Vertretern arabischer Staaten und NGO ist es gelungen, den israelisch-palästinensischen Konflikt zu einem, wenn nicht sogar zu dem zentralen Thema der Konferenz zu machen. In den Debatten wird die einseitige Verurteilung Israels kaum in Frage gestellt, umstritten ist allerdings die Schärfe der Formulierungen.

Die in Durban derzeit diskutierte Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus wird von fast allen Vertretern der arabischen Welt propagiert. »Israel ist Apartheid«, war noch eine der gemäßigten Parolen, die bei der Demonstration am vergangenen Donnerstag gerufen wurden. Auf einer am Abend zuvor von der arabischen Anwaltsvereinigung organisierten Veranstaltung war allerdings deutlich geworden, dass der Vergleich mit dem südafrikanischen Apartheidssystem vielen nicht weit genug ging. Hier lud man ein, um über das »nazistische Israel« zu diskutieren, anschaulich illustriert mit Davidstern und Hakenkreuz.

Differenzen unter den arabischen NGO gab es während der Vorbereitung der Konferenz allein über die Schärfe der Formulierungen und das taktische Vorgehen. So standen sich beim Vorbereitungstreffen in Kairo Mitte Juli Hardliner und Gemäßigte gegenüber. Das renommierte Institut für Menschenrechtsstudien hatte ohne nähere Absprache mit anderen ägyptischen Organisationen zu der viertägigen Konferenz eingeladen, auf der die gemeinsame Erklärung der arabischen NGO verabschiedet werden sollte. Nicht nur dieses Vorgehen wurde von den Hardlinern als Affront empfunden.

Die Entscheidung, nicht nur über die Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten zu diskutieren, sondern auch über Menschenhandel, Einwanderung und Islamophobie in Europa, und diese Themen in die Abschlusserklärung aufzunehmen, geriet in die Kritik. Zahlreiche arabische NGO sahen damit ihre Bemühungen torpediert, die Politik Israels zum zentralen Thema der Vorbereitungstreffen, der Konferenz und insbesondere des NGO-Gipfels zu machen.

Auf einer Versammlung der NGO aus Asien im Februar dieses Jahres in der jordanischen Hauptstadt Amman hatte man sich schließlich auf die Forderung geeinigt, von den Vereinten Nationen eine Erneuerung der 1991 widerrufenen UN-Resolution von 1975 zu verlangen, die den Zionismus als eine Form rassistischer Diskriminierung bezeichnete. Diese Forderung aber wurde in der Erklärung von Kairo nun nicht mehr ausdrücklich erhoben, und die Verurteilung Israels als Apartheidssystem wurde an den Schluss verbannt.

Überraschend sei das nicht, meint Abd al-Qadr Yassin, ein palästinensischer Kritiker der Erklärung. Schließlich erhalte das Kairoer Institut für Menschenrechtsstudien seit Jahren Geld aus dem Ausland. In der ägyptischen Tageszeitung al-Arabi bedauerte er am 29. Juli, dass »zionistische Elemente in die internationalen Menschenrechtsbewegungen« eingedrungen seien.

Doch auch wenn die in Kairo beschlossenen Formulierungen den Hardlinern nicht weit genug gehen, sind die Diffenrenzen überwiegend taktischer Natur. Immer wieder wurde während der Konferenz in Kairo der »israelische Vernichtungskrieg« angeprangert und die Politik gegenüber den Palästinensern als »letztes Apartheidssystem auf der Welt« beschrieben. Auf Abendveranstaltungen des Instituts wie jener zur Frage, »ist es möglich, Israel aus der UN auszuschließen«, wurden die Forderungen der Hardliner wohlwollend aufgegriffen.

Essam ad-Din Muhammed Hassan vom Kairoer Institut vertritt die Ansicht, dass es bei der Verurteilung der israelischen Politik zunächst um pragmatische Schritte gehe. Die Forderung nach einer Erneuerung der Zionismus-Resolution von 1975 sei momentan unrealistisch. Viel wichtiger sei es, auf andere Weise die ideologischen Ähnlichkeiten von Rassismus und Zionismus zu entlarven.

Dem stimmen selbst Hardliner aus den ägyptischen NGO zu, ebenso wie der Literaturwissenschaftler Professor Abd al-Wahab al-Missiri, ein notorischer Holocaust-Relativierer, der für die Durban-Delegation vorgesehen war. Al-Missiri hat mehrere Bücher über das Judentum und den Zionismus veröffentlicht. In einem seiner letzten Werke, »Zionismus, Nazismus und das Ende der Geschichte«, vertritt er die These, Zionismus und Nazismus seien Ausdruck einer Neigung zur Vernichtung, die der westlichen Moderne wegen ihrer Abwendung von religiösen Werten anhafte. Ausgehend vom Begriff »Muselmänner«, der in den Erinnerungen von Überlebenden des Holocaust für eine Gruppe von Häftlingen in Auschwitz verwendet wurde, versteigt er sich zu der These, die eigentlichen Ziele der nationalsozialistischen Vernichtung seien nicht die Juden, sondern die Muslime gewesen. In ähnlicher Weise, so seine Argumentation, ziele der Zionismus auf die eigentlichen Objekte der westlichen Vernichtungsambitionen, auf Muslime und eben auch Palästinenser.

Diverse Publizisten setzen wie der syrische Präsident Baschar al-Assad und andere Vertreter seines Regimes den Zionismus mit der Nazi-Ideologie gleich und unterstellen dem Judentum den Willen zur Vernichtung aller Religionen. »Der Zionismus«, so der ägyptische Journalist Muhammad Said-Ahmed in al-Ahram Weekly vom 23. August, »ist per Definition rassistisch, da es sich dabei um eine Ideologie handelt, die auf dem Prinzip der Einzigartigkeit, der Überlegenheit einer Rasse« aufbaut. Muhammad Faris referierte in der zwei Tage zuvor erschienenen Ausgabe der Wochenzeitung al-Qahira: »Das jüdische Volk war zersplittert. Sie verließen ihre Heimatländer, getrieben vom rassistischen Gedanken (sich in Israel zu vereinen), und bestärkt durch Hitlerdeutschland, um die Religionen zu zerstören und die Geschichte zu verfälschen. Sie zogen aus, um das von ihnen erhoffte Reich zu errichten, mit dem sie als jüdische Herrenmenschen über die Welt herrschen würden.«

Argumente dieser Art sind in den arabischen Debatten über den Zionismus immer häufiger zu hören. Bereits während der Diskussionen um die Entschädigung osteuropäischer Zwangsarbeiter hatten arabische Publizisten die trickreiche Hand des Zionismus erkannt. Das eigentliche Ziel sei es nicht, die Folgen des Antisemitismus zu bekämpfen, sondern rassistische Gewalt gegenüber Arabern in Europa zu provozieren.

Die Proteste arabischer Demonstranten in Durban spiegeln diese Argumentation wider. Schließlich, so die Verfechter dieser Thesen, führten die ständigen Hinweise auf eine Zunahme des Antisemitismus, die von jüdischen und israelischen Organisationen auf der Konferenz vorgetragen würden, in die Irre. Nicht die Juden, sondern die »semitischen Araber« seien die Opfer der weltweiten Zunahme des Antisemitismus.

 

23.09.2001
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