Türkei: Solidarität mit dem Kampf gegen den F-Typ in der Türkei!
Unterstützt den Kampf gegen die F-Typ Gefängnisse in der Türkei!
Solidarität mit den Hungerstreikenden in der Türkei!
Seit nunmehr elf Monaten befinden sich in türkischen Gefängnissen hunderte Gefangene im Hungerstreik, um unter Einsatz ihres Lebens Widerstand gegen die Einführung neuer Isolationshaftanstalten, die sogenannten F-Typ Gefängnisse, zu leisten.
Der Hungerstreik gegen die Einführung des F-Typs wurde am 20. Oktober 2000 von Gefangenen der DHKP-C, TKP/ML und TIKB aufgenommen, und Gefangene sieben weiterer Organisationen folgten dem aufruf unter dem Motto: "Wir werden eher sterben, aber niemals die Isolationszellen annehmen! Es lebe unser Widerstand!".
Die Einführung des F-Typs bedeutet für die Gefangenen die Verlegung von Gemeinschaftszellen mit bis zu einhundert Gefangenen in Einzel- bis Dreierzellen, ausgerichtet nach dem Vorbild von Isoträkten westlicher Bauart. Die Gefangenen werden so der in türkischen Knästen alltäglichen Polizeiwillkür schutzlos ausgeliefert. Die physische Folter in den Gefängnissen wird so durch die psychische Folter der Isolationshaftbedingungen ergänzt. Ziel ist nicht nicht alleine das Brechen des politischen Bewußtseins und Widerstands der Gefangenen, sondern auch die Zerstörung ihrer Persönlichkeit und menschlichen Identität. Dazu werden alle Zellen nach einer speziellen Bauweise ausgerichtet, die nicht nur von optischer Monotonie gekennzeichnet ist, sondern deren Architektur auch auf akkustische Isolation angelegt ist. Die Zelle im F-Typ gleicht einem Sarg, "F-Typ bedeutet, lebendig begraben zu werden" ( Bericht eines Gefangenen ).
Politisches Ziel ist die Zerschlagung des Widerstandes in den türkischen Knästen. Zudem ist die Einführung des F-Typs auch ein Ergebnis des massiven Drucks von EU und USA auf eine "konsequentere" Bekämpfung der linken Opposition im NATO-Land Türkei.
Der Widerstand der hungerstreikenden Gefangenen in den Knästen, und die Solidarität tausender Menschen draußen blieben nicht ohne Folge:
Am 19. Oktober 2000 stürmten Spezialeinheiten und Militär landesweit 20 Knäste, beschossen diese mit ( Gas- ) Granaten und scharfer Munition, um die hungerstreikenden Gefangenen so zwangsweise zu verlegen. 28 von ihnen wurden bei der Aktion, die von offizieller Seite zynischerweise "Rückkehr ins Leben" benannt wird, ermordet. Sechs Frauen sind bei der Erstürmung der Knäste bei lebendigem Leibe verbrannt worden, von offizieller Seite wird monatelang die Darstellung beibehalten, sie hätten sich eigenhändig angezündet...
Doch mit dem Massaker konnte der türkische Staat den Widerstand der Gefangenen nicht brechen. Auch nach der Zwangsverlegung wurde der Hungerstreik fortgesetzt. Der Widerstand der politischen Gefangenen wird zudem außerhalb der Gefängnismauern europaweit durch Proteste und Solidaritätsaktionen, teilweise auch durch die Aufnahme befristeter Hungerstreiks, unterstützt.
In den Knästen wird massiv gegen die Hungerstreikenden vorgegangen, indem gegen viele der Inhaftierten rigoros Zwangsernährung eingesetzt wird. Dabei wird eine Infusion angewandt, welche aus einer Mischung aus Dextrose und Glukose besteht. Diese führt bei den völlig geschwächten Menschen zu einer Überlastung des Organismus, und somit zu einem Totalverlust des Gedächtnisses, eventuell sogar zum Tod. Eine medizinische Hilfe stellt die Zwangsernährung von Hungerstreikenden keinesfalls dar... Die Staatsanwaltschaft Ankara hat ein Strafverfahren gegen neun Mitglieder des Hohen Ehrenrates des türkischen Ärztebundes (TTB) eingeleitet, weil dieser im April in einer Presseerklärung die Zwangsernährung eines Todesfastenden kritisiert hat. Gefordert wird eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren für "Anstachelung zum Selbstmord". Der Ehrenrat des TTB hatte in der Pressekonferenz folgende Ansicht vertreten: "Die Zwangsernährung eines Hungerstreikenden, der bei Bewusstsein ist, steht im Widerspruch zu internationalen medizinischen Werten. Es handelt sich dabei um eine Initiative, die kein Resultat hervorbringt und lebensbedrohliche Risiken birgt" (...). Ein weiteres, seit Juni 2001 angewandtes Mittel, den Widerstand der Gefangenen zu brechen, ist die sogenannte "bedingte Entlassung". Konkret bedeutet dies, daß mittlerweile fast zu Tode geschwächte, gesundheitlich irreparabel geschädigte Gefangene teilweise eine zeitlich befristete Haftverschonung erhalten. Ein Sprecher der Gefangenenhilfsorganisation TAYAD kommentiert dies treffend mit dem Satz: "Mit der Freilassung der Gefangenen aus der Haft versucht der Staat, sich jeglicher Verantwortung zu entledigen" Denn die Toten draußen müssen in der offiziellen Statistik nicht erwähnt werden. Über 120 Gefangene wurden bislang "bedingt" entlassen, viele von ihnen setzen ihren Hungerstreik fort, so etwa in dem in Istanbul gelegenen Viertel Kücükarmutlu:
Das Viertel gilt als eine Hochburg dieses Widerstands außerhalb der Knäste, viele Angehörige setzen hier gemeinsam mit "bedingt" entlassenen Gefangenen den Hungerstreik gegen den F-Typ fort. Deshalb wird Armutlu bereits seit Ende Juli dieses Jahres von Militärpolizei mit schwerem Einsatzgerät belagert. Die Bewohnerinnen werden von der Außenwelt systematisch abgeriegelt, niemand kann ohne Paßkontrolle in das Viertel gelangen, bzw. dieses verlassen. Sie befürchten, daß eine Erstürmung des Stadtteils, ähnlich den Ereignissen des 19. Dezember - unmittelbar bevorsteht:
Die Situation eskaliert dort seit Mitte August, als das Haus der Hungerstreikenden Yildiz Genicioglu, welche zu diesem Zeitpunkt nach 301 Tagen Hungerstreik im Sterben liegt, von mit Waffen ausgestatteten Mitgliedern ihrer Familie, unterstützt von Polizeieinheiten, gestürmt wird. Yildiz wird zur Zwangsernährung in ein Krankenhaus verschleppt. Die Polizei zieht sich erst aus dem Viertel zurück, nachdem UnterstützerInnen Barrikaden errichten und Hungerstreikende in anderen Streikhäusern des Viertels mit Selbstverbrennung drohen.
Die Gefangenenhilfsorganisation TAYAD spricht von mehreren weiteren Fällen, in denen Familienangehörige der Hungerstreikenden bedrängt wurden, mit den Sicherheitskräften zu kooperieren.
Zu dem vorerst letzten großen Angriffen auf Kücükarmutlu kam es während der Beerdigung des 34. Toten des Hungerstreiks am 15. September `01. Nach Angaben von Angehörigen griff die Polizei den Beerdi- gungszug an und stürmte schließlich zwei von vier Häusern in dem Viertel, in denen sich insgesamt 20 weitere Hungerstreikende aufhielten. Teilnehmer der Beerdigung und Anwohner aus dem Viertel bauten Barrikaden und wehrten sich mit Steinen und Molotowcocktails gegen die Angreifer. Diese setzten Plastikgeschosse, Tränengas und Räumpanzer ein. Etliche Leute wurden vorübergehend festgenommen, darunter auch Teilnehmer einer Solidaritätsdelegation aus Westeuropa. Da die Todesfastenden ihren Aufenhaltsort gewechselt hatten, fanden die Angriffe gegen die leer stehenden Häuser statt. Ein Aktivist wurde dennoch getötet.
Nach Angaben des aktuellen Jahresberichts des türkischen Menschenrechtsvereins IHD wurden allein im ersten Halbjahr 2001 gegen 1.519 Personen Verfahren als "Unterstützer terroristischer Organisationen" angestrengt, da diese von der türkischen Justiz bezichtigt werden, den Hungerstreik der Gefangenen gegen die Einführung des F-Typs unterstützt zu haben.
In der Türkei existieren mittlerweile vier F-Typ Gefängnisse, die Einrichtung zweier weiterer in Buca und Izmir ist bereits entschieden, und weitere fünf sollen laut Äußerungen des türkischen Justizministers, Hikmet Sami Türk, neu errichtet werden. Auch in den kurdischen gebieten wurden die bisherigen Sicherheitsgefängnisse des E-Typs mittlerweile alle in den F-Typ umgewandelt.
Noch immer befinden sich rund 1.000 Gefangene im Hungerstreik, unterstützt von hunderten FreundInnen Angehörigen draußen. Der Hungerstreik wird europaweit - innerhalb und außerhalb der Knastmauernn - mitgetragen.
Bis heute hat der Hungerstreik den 39. Toten gefordert, und täglich sind es mehr Menschen, die im verzweifelten Widerstand gegen die Einführung der Isohaft in der Türkei ihr Leben lassen. Einschließlich der Toten des Massakers vom 19. Dezember, forderte der Kampf mittlerweile weit über 60 Tote.
Ihr Leben kann man Ihnen nehmen, ihren Widerstand nicht !
Deshalb:
Unterstützt den Kampf gegen die Isolationshaft - in der Türkei und weltweit!
Keine Urlaubsreisen in den Folterstaat Türkei!
Für eine freie Gesellschaft ohne Knäste, Grenzen und Zwangsanstalten!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Hoch die internationale Solidarität!
Weitere Infos z.B. unter : http://www.noisolation.org
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku
http://www.linkeseite.de
http://www.nadir.org
Gemeinsames Antirepressionsbündnis (GARB), Berlin
mail: antirepression@gmx.de
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