Bernsdorf: Bericht von der Bernsdorf-Demo 9. 12. 01
Demonstration in Bernsdorf / Ostsachsen am 9. Dezember 2001
GEGENGEWALT gegen Rassismus
Gegen die deutsche Gemeinschaft - Freiheit für Tung
Redebeiträge, Lokal-Presse-Berichte
unter http://venceremos.antifa.net
250 Leute mit quietschvergnügter Stimmung waren auf der Demo, gutes Pöbeln gegen die Bernsdorferinnen! Auch Sprühereien auf der Strasse und andere Nettigkeiten gelangen. Kaum Neo-Nazis an der Route (sie fanden teilweise "Zuflucht" in der Kirche). Bürger waren viele auf der Strasse, die teilweise mit Abstand folgten, teilweise in der Demo später mitgelaufen sind. Die Bullentaktik war, Konfrontationen zu vermeiden.
Der Bernsdorfer Weihnachtsmarkt hat trotz markiger Ankündigung, sich nicht stören lassen zu wollen, nicht stattgefunden. Sämtliche Imbisse und die berühmte elf-Tankstelle waren geschlossen. Weiträumig an Zufahrtsstrassen zu Bernsdorf waren handgemalte Schilder angebracht mit der Aufschrift "Chaoten nicht willkommen".
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Die Demo im Einzelnen
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Die Demo zog mit ausführlichen und detaillierten Redebeiträgen zu den bernsdorf-deutschen Zuständen an den örtlichen Sehenswürdigkeiten vorbei. Gefordert wurde u.a. ein UNO-Protektorat für Bernsdorf. Gerufen wurde u.a. "Viva viva viva, Tung Tung Tung". Die Polizei bat später darum, dass Kleben von Spuckies zu unterlassen.
Am Treffpunkt der Demo war die elf-Tanke, an der sich vor Beginn der Demo die etwa zehn Nazis trafen, die früh am Friedhof einen Kranz am Grab des Neo-Nazis niederlegten. Die elf-Tanke ist üblicherweise ein Neo-Nazi-Treffpunkt.
Auch der Bürgermeister stand an der Demo-Route, mit Teilen des Stadtrates und anderen Bürgern und nickte wohlwollend zum Lob für seinen Umgang mit Neo-Nazis. (Er stellt ihnen Räume zur Verfügung, verkündete den Nazi-Trauermarsch für Matthias Förster am 16. Dez. 01, ...) Später entschloss sich der Bürgermeister dann noch für eine Anzeige gegen eine Person aus dem Lauti wegen Beleidigung (erst mal wegen "Bullen"), daraufhin erspähte die Polizei bei der Abreise eine mutmassliche Person aus dem Lauti, von der unter Gewaltanwendung ein Foto gemacht wurde. Und noch später ist dem Bürgermeister endgültig das wohlwollende Grinsen vergangen: er verkündete am 11. Dez. der Lokalpresse, er wolle gegen Demonstrantinnen klagen wegen Volksverhetzung.
Das neu restaurierte Bernsdorfer Kriegerdenkmal (am 18. Nov. diesen Jahres feierlich eingeweiht), an dem sich frische Blumenkränze befanden, wurde mit "Stalingrad"-Rufen bedacht, sowie einer Lesung aus einem Buch von Lion Feuchtwanger. Währenddessen hielten sich Bernsdorfer Neo-Nazis in der nahegelegenen Kirche auf. Die Neo-Nazis wurden hereingebeten, weil sie vor dem Kriegerdenkmal auf die Demo warteten. Die "liberale" Pfarrerin und die "Junge Gemeinde" hatten die Kirche als Ort der "Zuflucht und Fürbitte" geöffnet.
An der Todesstelle des Neo-Nazis, an der sich schon zwei Kerzen befanden, wartete ein Bürger mit einer Rose in der Hand auf die Demo, um die Rose niederzulegen. Seine wüsten Beschimpfungen führten dazu, dass er von der Polizei mit Gewalt weggezogen werden musste. Trotz Bullen-Spalier wurde währenddessen eine Kerze ausgeblasen, sowie Rose und Kerze zertrampelt. Die Bullen versuchten daraufhin Personen aus der Demo rauszuziehen, was nicht gelang.
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Reaktionen der Bernsdorferinnen
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Die Bürger wollten das Ereignis mit Foto und Video festhalten, mussten mehrfach aufgefordert werden, das zu unterlassen. Im Neubaugebiet waren die Logenplätze auf den Balkonen gut besetzt, es wurden massig hate-Gesten wie "ihr seid bescheuert" und ähnliches ausgetauscht. Es wurden Namen und teilweise Adressen von Bernsdorfer Neo-Nazis veröffentlicht, die an einem rassistischen Mordversuch im März diesen Jahres beteiligt waren. Hier im Neubaugebiet hatten sich am frühen Morgen die Neo-Nazis mit ihrem Kranz fürs Grab getroffen.
Auch am Friedhof waren grössere Gruppen von Bürgern, die die Demo unflätig beschimpften, teilweise mit rassistischen Sprüchen.
Bernsdorfer Jugendliche liefen von Anfang an in der Demo mit, ihnen waren zwar die Reden über Bernsdorf zu krass, gaben sich aber damit zufrieden, dass ihre Anwesenheit über eine Lauti-Durchsage zur Kenntnis genommen wurde.
Durch den absoluten Mangel an Zivilcourage in der Region und dem Aufruf der Jusos, gegen Gewalt und Rassismus zu demonstrieren an diesem Tag (nur nicht so wie die beleidigende Demo) kam es zu der Situation, dass Bernsdorfer Bürger sich dann doch in die Demo begeben haben. Das führte zu Zwiespalt und Diskussionen zwischen den Bürgern innerhalb und ausserhalb der Demo.
Die Lokalpresse versuchte in ihren ausführlichen Berichten am Tag nach der Demo, die Demonstrantinnen als fanatischen und überdrehten Mob darzustellen. Die Hoyerswerdaer Ausgabe der Sächsischen Zeitung musste noch eine Verharmlosung des Neo-Nazi-Übergriffs vom 9. Dez. 2000 auf Tung anfügen.
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Neo-Nazi-Trauermarsch am 16. Dez. 01
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In der Region zur Tradition geworden ist der sog. "Holger Müller Gedenkmarsch" in Zittau. Am 05.07.1992 griffen Nazischläger in Zittau drei marokkanische Asylbewerber mit einem Messer an. Glücklicherweise konnte einer der Asylbewerber das Messer umdrehen, so dass ein Neonazi in sein eigenes Messer lief und daran verblutete. Der Marokkaner wurde wegen Notwehr freigesprochen. In Zittau ist dieses Märtyrergedenken zur Normalität avanciert, wo anfangs selbst der damalige Oberbürgermeister Jürgen Kloß mitmarschierte, in Bernsdorf konnten wir zumindest in diesem Jahr dieses mehr oder weniger wirkungsvoll durch unsere Demonstration einschränken.
Der letztjährige Bernsdorfer Trauermarsch mit 200 bis 300 Neo-Nazis, fand statt mit regionalen Neo-Nazis unter Beteiligung von "Odins Legion" (Kittlitz), den üblichen Dresdner Neo-Nazis (z. B. Alexander Kleber von der JLO Dresden) und dem Bernsdorfer Bürgermeister an der Spitze.
Offenbar hat nun der Bernsdorfer Bürgermeister für dieses Jahr den Deal mit den Neo-Nazis ausgehandelt, dass diese eine Woche später demonstrieren.
Es bleibt abzuwarten, ob die Jusos der Region auch zum 16. Dez. dazu aufrufen, gegen Rassismus zu demonstrieren.
Von den Veranstalterinnen der Demo am 9. Dez. wird es keine Initiative gegen den Nazi-Aufmarsch geben. Zivilcourage und Anti-Nazi-Arbeit können ruhig andere übernehmen.
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Bekannte Dresdner Neo-Nazis griffen
den Dresdner Bus zur Demo an
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Auf dem Treffpunkt zur Demo in Dresden standen 30 hinlänglich bekannte Neo-Nazis in Form einer Demonstration mit Megaphon, Transpi und Sprüchen. Sie versuchten eine Kundgebung anzumelden und zogen dann, ebenfalls als Demonstration zum verlegten Treffpunkt. Die anwesende Bereitschaftspolizei unternahm an diesem Punkt nichts. Als die Neo-Nazis in der Nähe des neuen Treffpunktes zufällig den Bus sahen, der schon am alten Treffpunkt gewesen war, griffen sie den Bus mit Steinen an, was nur zu einem Kratzer führte. Dieser zögerliche Versuch war wohl nicht geplant. Die Neo-Nazis wurden danach von Antifas verjagt.
Diese Neo-Nazi-Aktivität reiht sich ein in die allgemein neue Qualität der Neo-Nazi-Übergriffe in Dresden seit dem "Staats-Antifa-Sommer". Es wurden sämtliche öffentliche Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus gestört, am 9. November diesen Jahres wurde die Weihe der Synagoge in Dresden massiv gestört, am 1. Dez diesen Jahres nach der Demonstration gegen die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941-1944" waren sie beteiligt am Terror und am Übergriff im Zug von Berlin nach Elsterwerda.
Zu diesem Thema wird es noch eine ausführliche Veröffentlichung geben.
http://venceremos.antifa.net
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