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Düsseldorf: Aktionstag gegen Krieg

Die bundesweite Koordination "Krieg ist Frieden!" ist ein Zusammenschluss
verschiedener Gruppen, die ausgehend von den bisherigen Mobilisierungen gegen den
Krieg eine Perspektive des Widerstandes gegen die herrschenden Zustände entwickeln
wollen. Das Motto "Krieg ist Frieden!" greift sowohl die Orwellschen Metaphern der
totalen Macht auf als auch die Einschätzung, dass die sich durchsetzenden
Herrschaftsstrategien keinen Unterschied mehr zwischen Krieg und Frieden zulassen.
Mit der Beschreibung der verschiedenen Dimensionen von Militarisierung und der
Benennung von verantwortlichen Strukturen wollen wir eine koordinierte
Handlungsfähigkeit ermöglichen, die gesellschaftliche Konfliktlinien auf- und
angreifbar macht. Die von uns zu entwickelnde Organisationierung soll ein inhaltlich
und praktisch abgestimmtes und aufeinander bezogenes Handeln unterstützen.
Zugleich soll die bundesweite Koordination es ermöglichen, dass sich auch Gruppen
und Initiativen, deren Arbeitsschwerpunkte in anderen Bereichen liegen, an einer
gemeinsamen Diskussion und Praxis beteiligen können.


Als ersten Schritt rufen wir zu einem koordinierten Aktionstag (voraussichtlich) am
26/27.April 2002 auf: Über militärische Einrichtungen hinaus wollen wir die
Strukturen, Institutionen und Akteure der Militarisierung von Herrschaft in
verschiedenen Städten und Regionen in ihrer jeweiligen Verantwortung konkret
benennen und politisch angreifen.

Aufruf zum koordinierten Aktionstag gegen
Krieg und Militarisierung

krieg ist frieden! bundesweite koordination

Der erste NATO - Krieg des neuen Jahrtausends ...

... ist scheinbar beendet - ein Krieg, den die einzige Supermacht der
Welt, die über die militärischen Potentiale verfügt jederzeit und
überall auf der Welt militärisch zu eskalieren gegen eines der ärmsten
Länder der Welt begonnen hat. Ein Krieg, der zeigte, mit welcher
Brutalität und Konsequenz die Interessen des Westens gegen den
globalen Süden durchgesetzt werden. Ein Krieg, der vorgibt mit
internationalen war-lords Frieden zu stiften und damit die Grenzen
von Krieg und Frieden verwischt. Deutlich wird dabei eines: Es gibt
für die sich durchsetzende "Neue Weltordnung" keinen
Friedenszustand mehr, der ohne Krieg auskommt. Frieden ist Krieg
ist Frieden!

Der "lang andauernde Krieg gegen den Terror", den die
us-amerikanische Regierung und ihre zahlreichen
Unterstützer-Regierungen in allen Teilen der Welt ausgerufen haben,
wird auch in den nächsten Jahren weitere militärische Eskalationen
hervorbringen. Die Liste der aktuellen Kriegsschau-plätze ist bereits
deutlich angewachsen: Afghanistan, Pakistan, Somalia und die
Philipinen. In den nächsten Monaten scheint ein weiterer Angriff auf
den Irak bevor zu stehen. Der Versuch, sich mit der "Verteidigung der
zivilisatorischen Errungenschaften" zu legitimieren, entlarvt den
Charakter der Zivilisation als Völkermord, als
Unterdrückungs-technologie, als Interessenpolitik: Um für die ,Neue
Weltordnung' funktional zu sein, kommt das neue Afghanistan auch
ohne "zivilisatorische Errungenschaften" aus. Als neue Formen der
Macht im internationalen Maßstab ist dort auch ein umzäuntes, von
außen durch die NATO bewachtes, aus der Luft durch die UNO
versorgtes und von verschiedenen Kriegsherren verwaltetes
Flüchtlingslager mit durchlaufender Pipeline denkbar. Öffentlich und
diplomatisch wird diese neokoloniale Besetzung des Landes als
'Friedensordnung' verkauft. Krieg ist Frieden!

Militäreinsätze sind nur eine Seite der globalen ökonomische
Durchdringung und der Durchsetzung von imperialistischen
Machtstrategien. Während gegenwärtig neue Kriege in Vorbereitung
sind, um Regime der Re-Kolonialisierung zu errichten, wird der
Frieden in Europa und den USA gefestigt, indem zu einer
permanenten Notstandssituation übergeleitet wird. Nicht nur die
neuen Sicherheitsgesetze, sondern vor allem auch eine dauerhafte
ideologische Kriegsführung und eine umfassende
rassistisch-nationalistische Mobilisierung prägen die militarisierten
Herrschafts-strategien nach Innen. Im Norden wie im Süden sind Krieg
und Frieden zwei Seiten derselben Strategie. Die neuen
Unterdrückungstechniken richten sich überall gegen Widerstand, egal
ob er bereits konkret stattfindet oder präventiv niedergehalten
werden soll. Es gibt keinen Frieden mit dem Krieg!


In Europa und der BRD...

... sind weitgehend die liberalen Regierungen der Motor und Garant
für die Durchsetzung der neuen Verhältnisse: in der BRD hat die
rot-grüne Regierung weltweite Kriegseinsätze zu einer
Selbstverständlichkeit werden lassen, indem die BRD sich an der
Vorbereitung und Durchführung des Kosovo-Krieges beteiligte. Diese
Kriegsbeteiligung soll nun, nach dem 11.September, öffentlich nicht
mehr hinterfragt werden. In Italien, Österreich und Dänemark sind es
inzwischen konservative Regierungen unter der Beteiligung von
Rechtsradikalen, die die gleiche Programmatik durchsetzen. Wie
bereits in den 80er Jahren, als noch mit der Blockkonfrontation die
globalen Sicherheitsfragen stets im nationalen Konsens entschieden
wurden, wird auch heute wieder deutlich, dass bei der Gestaltung
der EU-Verteidigungspolitik parlamentarische Scheingefechte keine
Rolle spielen: die Entwicklung neuer Militärstrategien und
Kommando-strukturen entspricht den grundlegend-sten Interessen der
EU und die Einsätze in Mazedonien, im Kosovo und in Afghanistan
werden unabhängig von Parteiprogrammen durchgesetzt.

Die verschiedenen Dimensionen der Militarisierung...

... wurden bereits 1999 im neuen strategischen NATO-Konzept formuliert:

die geografische Ausweitung des Einsatzgebietes auf den gesamten
Globus

die Erweiterung der inhaltlichen Einsatzkriterien um "Akte des
Terrorismus, der Sabotage und des organisierten Verbrechens, der
Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen, die
unkontrollierte Bewegung einer großen Zahl von Menschen,
humanitäre Notfälle, allgemeine Krisenbewältigung, menschliches
Leid, Umweltzerstörungen..."

die Verbindung militärischer, ökonomischer und politischer Elemente
hin zur Entwicklung eines umfassenden Sicherheitsbegriffs sowie den
Aufbau eines eigenständigen europäischen Pfeilers der NATO.

Vormals militärische Strukturen werden so zum Kern eines allgemeineren
Krisenmanagements kapitalistischer Ökonomie und wesentlicher Träger
einer globalen Herrschaftstechnologie. Es ist notwendig, die verschiedenen
Spektren des existierenden Widerstands zu verbinden, um diese komplexe
Herrschaftsformation bekämpfen zu können. Die wichtigsten Elemente der
Analyse und des Widerstandes sind:


Geostrategische Interessen. Die Militarisierung und beschleunigte
Durchsetzung der Neuen Weltordnung. Dabei geht es um mehr als
eine Neuaufteilung von Einflusssphären. Die militärische Intervention
und die Schaffung von neokolonialen Strukturen ist zugleich auch
immer die Krisenlösung für den entwickelten Kapitalismus.

Krieg als Sozialer Angriff. Angesichts der zu erwartenden Folgen von
wirtschaftlicher Radikalisierung, sozialer Polarisierung und des Abbaus
sozial(staatlich)er Sicherungen haben die Regierenden auch jeden
Grund sich gegen absehbare Proteste zu schützen. Die neoliberale
Politik die inzwischen auch in Europa auf Widerstand gestoßen ist, ist
Teil einer Neu-Organisation von Herrschaft, die mit der
ökonomischen Krise erst richtig ins Rollen kommt: ?Leistung' und
'Privatinitiative' sollen die 'überholten Denkmuster' von gegenseitiger
Hilfe und Solidarität für immer verdrängen. Auch hier in den reichen
Metropolen der Welt werden immer größer werdende Teile der
Bevölkerungen mit einem ernsthafteren Existenzdruck konfrontiert.
Aus der Perspektive einer fortgesetzten ökonomischen Ausbeutung ist
die Auflösung des Wohlfahrtsstaates nur mit dem Übergang zum
autoritären Kontrollstaat zu realisieren.

Ordnungs- und Sicherheitspoltik. Innenminister Schily
(Ex-Grüner/SPD) hat in wenigen Wochen ein Kontrollpotential
geschaffen, das die CDU-Regierung nicht einmal hätte vorschlagen
können: Die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten ist
praktisch aufgehoben, die Erfassung und zentrale Speicherung von
persönlichen Merkmalen wird auf allen Wegen verfolgt. Die von der
EU beschlossene Terrorismusdefinition ist dazu geeignet, weite
Bereiche außerparlamentarischen Protestes mit zu umfassen: die
Formulierung "schwere Zerstörung einer staatlichen oder öffentliche
Einrichtung, eines Transportsystems, einer Infrastruktureinrichtung,
inkl. eines Informations-systems" ist sehr weit dehnbar und kann auch
Hacker-Anriffe, Onlinedemonstrationen und Castorproteste mit
umfassen. Auch eine Formulkierung wie die "Destabilisierung (von)
fundamentalen politischen, konstitutionellen, wirtschaftlichen oder
sozialen Strukturen eines Landes oder einer internationalen
Organisation" kann nur als Kampfansage an alle erntshafteren Fo0rmen
des Widerstandes verstanden werden. Die Erwähnung der baskischen
Gefangenenhilfsorganisation Gestoras pro-amnistia auf der
EU-Terror-Liste gibt einen Vorgeschmack darauf, was unter
Unterstützung des Terrorismus zu verstehen ist.

Rassistische Mobilisierung. Die neuen Sicherheitsgesetze haben
jedoch nicht nur präventiven Charakter gegen künftige politische
Unruhen. Flüchtlinge und Migranten haben den neuen Wind bereits
unmittelbar nach den Anschlägen zu spüren bekommen verschärfte
Kontrollen, deutlich weniger Visa-Verlängerungen, kaum noch
genehmigte Asylanträge, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von
AsylbewerberInnen. Im Schatten der Terrorpanik wurden die
rassistischen ?Zuwanderungsgesetze? kurz vor ihrer Beschlussfassung
ein weiteres mal verschärft. Eine rassistische Mobilisierung richtet
sich aber auch außerhalb des gesetzlichen und institutionellen
Rahmens als ein alltäglicher Generalverdacht gegen alles sichtbar
?Fremde?...

Medien. Dass die Medien nur wenige Wochen brauchten, um erste
"Entgleisungen" selbstkritisch einzuräumen, schmälert nicht ihre Rolle
in diesen Mobilisierungen. Wie in allen anderen Kriegen blieb es
dabei, dass kritische Positionen kaum und wirkliche Information nur in
den Elite-Medien zu finden sind. Während in den frei zugänglichen
Alltagsmedien mit den Mitteln der Lüge, des Verschweigens und der
Desinformation das Publikum manipuliert wird, werden in der
Öffentlichkeit der Elite auch die strategischen Momente der
Kriegsdynamik offen verhandelt. In den neuen Medien begann sich,
obwohl sie noch Experimentierfeld und auch schön bunt und
dezentral sind, der Haupttrend der Vereinheitlichung in Form und
Inhalt durch zusetzen. Abgestimmt auf die jeweiligen Zielgruppen
sind die Medien hier (fast) ausnahmslos Teil einer ideologischen
Kriegsführung und somit Stütze der Macht.

Wir wollen Perspektiven für Widerstand entwickeln und praktisch
umsetzen

Die oben beschrieben Militarisierung bedeutet nichts anderes, als daß wir
sowohl inhaltlich als auch zeitlich mit einer permanenten und
ausgeweiteten Kriegssituation konfrontiert sind. Das ist unser Ausgangspunkt
für Widerstand den wir gemeinsamen entwickeln wollen.

Als ersten Schritt rufen wir zu einem koordinierten Aktionstag
(voraussichtlich) am 26/27.April 2002 auf: Über militärische Einrichtungen
hinaus wollen wir die Strukturen, Institutionen und Akteure der
Militarisierung von Herrschaft in verschiedenen Städten und Regionen in
ihrer jeweiligen Verantwortung konkret benennen und politisch angreifen.

"Koordinierter Aktionstag" heißt für uns, lokale Initiativen durch
Koordination zu stärken und vor allem eine Vielzahl von Objekte,
Institutionen und Verantwortlichkeiten der Militarisierung von Herrschaft
zum Thema zu machen. Wir wollen damit den umfassenden Charakter
unseres Widerstands zum Ausdruck zu bringen. So sollen bundesweit nicht
nur Militärobjekte ins kritische Licht gestellt werden, sondern auch
Flüchtlingsverwaltungsbehörden, Knäste, Überwachungszentralen,
Überwachungskameras, Konzerne die von der Neuen Weltordnung
profitieren, GEN-Tech-Firmen und Uni-Forschungsinstitute (als Teil der
militärischen und polizeilichen Aufrüstung), Waffenschmieden,
Medien-Zentralen, die verordnete Trauer, Wut und Kriegsbegeisterung
transportieren...

Wir rufen Euch auf, mit uns zusammen einen solchen Aktionstag
vorzubereiten, durchzuführen und Euch auch darüber hinaus an einem
koordinierten Widerstands zu beteiligen...

Rückfragen bitte an  wladiwostok@ostbuero.de

Nächstes bundesweites Treffen: "KRIEG IST FRIEDEN" 22-24.03.2002
Düsseldorf Hinterhof [Linkes Zentrum] Corneliusstrasse 108

Themen werden die Vorbereitung des Aktionstages und die Abstimmung von weiteren Aktivitäten
gegen Krieg und Militrarisierung (evntl. Vorbereitung zur Nato-Tagung in Prag) sein.

(Anmeldungen bitte unter: Antifa KOK Düsseldorf  http://www.antifakok.de Email:
 kok@free.de; tel-nr: 0172 - 211 13 11)

 

27.02.2002
Krieg ist Frieden!   [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

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