Moskau: Antiatomaktion auf dem Roten Platz
Die Aktion wurde von jungen UmweltschutzerInnen und BurgerrechtlerInnen aus den internationalen Organisationen "Ecodefense" und der Jugendrechtsschutzbewegung MPD vorbereitet und umgesetzt. An der Offentlichkeitsarbeit beteiligte sich der Dachverband russischer Umweltorganisationen "Sozialokologische Union".
Die Wahl fiel nicht zufallig auf diesen Tag. Am 26. April jahrte sich zum 16. Mal der Supergau im AKW Tschernobyl, in Folge dessen einige Millionen EinwohnerInnen der umliegenden Gebiete in der Ukraine, in Belarus und Russland radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren und noch heute mit den Folgeerscheinungen zu kampfen haben. Da fur den 26. April bereits grossere Proteste der "Apfel-Partei" (Jabloko) geplant waren, beschlossen die UmweltschutzerInnen am Tag zuvor eine nachrichtenrelevante Aktion durchzufuhren.
Die Teilnehmenden an der Aktion naherten sich dem Zielort von verschiedenen Seiten und in Kleingruppen oder einzeln, um keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen. Dies war insofern begrundet, als die Mitarbeiter des staatlichen Wachschutzes den Roten Platz wie ihren Augapfel huten, denn die Durchfuhrung von noch so harmlosen Aktionen ist auf dem Roten Platz strikt verboten.
Punktlich zum geplanten Augenblick zogen etwa drei Dutzend junger Frauen und Manner aus mehreren Stadten in Windeseile weisse Overalls mit dem Radioaktivitatssymbol und aufgenahten Kurzeln fur Atommull uber. Daraufhin warfen sie sich auf den gepflasterten Boden und krochen auf allen Vieren zum Erlosertor, durch das ublicherweise die Kremlbeamten, Abgeordneten und die fur sie abgestellten JournalistInnen den Kreml betreten. Der Sinn der Aktion war also durchaus verstandlich. Es sollte aufgezeigt werden, dass Radioaktivitat auch nicht vor dem Kreml halt macht, denn sie kennt keine Grenzen. Zudem sitzen an diesem Ort die Entscheidungstrager fur die russische Atompolitik, die sich mit der im vergangenen Jahr durchgesetzten Aufhebung des Verbots der Einfuhr von Atommull nach Russland grosse Profite erhoffen.
Die Milizangehorigen und der staatliche Wachschutz haben offenbar nicht mit einem derartigen Kniff gerechnet und wirkten absolut hilflos. Da sie die kriechende Menge recht lange nicht aufhalten konnte, entlud sich deren Wut an den versammelten JournalistInnen. Anfangs wurden diese lediglich daran gehindert Aufnahmen von dem Geschehen zu machen, schliesslich aber ging die Miliz dazu uber Foto- und Videokameras von den Umstehenden zu beschlagnahmen. Ein anwesender Vertreter von Indymedia beobachtete, wie mindestens zwei Fernsehteams die Kameras abgenommen wurden. Als es schliesslich gelang, die weiter kriechenden AktivistInnen aufzuhalten, wurden uber 20 Personen umgehend festgenommen und durch die brutale Behandlung teils verletzt. Bis zum Abend kamen alle Betroffenen wieder frei.
http://www.ecoline.ru/antinuclear
http://www.ecodefense.ru
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