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Moskau: Angehörige der Polizeisondereinheit OMON beenden Proteste

Mit den Vorbereitungen für eine Protestaktion gegen den auswärts stattfindenden Minigipfel der EU in Moskau begannen die antikapitalistischen Globalisierungsgegner bereits im März. Es wurde ein Organisationskomitee ins Leben gerufen, dem zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedliche Gruppen angehörten, darunter die "Rainbow Keepers", die Moskauer Gruppe des Bündnisses radikaler Künstler, der "Sozialistische Widerstand", die belorussische anarchistische Front, Attac Moskau, die Gewerkschaft "Schutz der Arbeit" und andere.

Zu den Hauptvorwürfen, die sich an internationale Wirtschafts- und Finanzinstitutionen richten, darunter auch an die EU, gehören die Kürzung von Arbeitsplätzen und eine neue Privatisierungswelle, die Verschärfung der Pass- und Registrationsgesetzgebung und die rassistische Politik gegenüber MigrantInnen. Neben den international üblichen und bekannten Vorwürfen ertönten auch etliche spezifisch russische, so z.B. die geplante Einfuhr von Atommüll aus den Ländern der EU nach Russland, die Nutzung umweltschädlicher und veralteter Technologien durch multinationale Grosskonzerne in unserem Land und der Völkermord an den Tschetschenen.

Um all dies den mehr oder weniger aktiven Leute zugänglich zu machen, sprich, nach Meinung der VeranstalterInnen, dem jüngeren Teil der Bevölkerung, war eine Demo mit Clowns, Musikwagen mit Live-Musik, Trommelschlagen und am besten sogar mit Feuerwerk geplant. Aber die zuständigen Behörden standen dieser Version von Anfang an ablehnend gegenüber und haben nahegelegt, sich mit einer Kundgebung auf dem Puschkinplatz zu begnügen, die bereits am 21. Mai genehmigt wurde. Am Vorabend den 27. Mai erhielten die VeranstalterInnen jedoch die Mitteilung vom Verbot der Kundgebung. Als formaler Grund wurde die Übereinstimmung des Datums der "globalisierungskritischen" Veranstaltung mit dem "Tag des Grenzsoldaten" genannt, doch liess man durchblicken, dass die Forderung nach einem Verbot "von oben" kam. Darüber hinaus wurden Drohungen gegenüber den TeilnehmerInnen und VeranstalterInnen der Kundgebung laut.

Logischerweise liessen sich die Leute nach mehrmonatiger Vorbereitungszeit nicht so leicht von ihrem Vorhaben abbringen. Am 28. Mai erschienen auf dem Puschkinplatz genau diese Leute um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Etwa 100 bis 150 Leute eröffneten die Kundgebung neben dem Denkmal für Alexander Puschkin mit schwarzen und roten Fahnen in der Hand.

Der Dumaabgeordnete und einer der Chefs der Gewerkschaft "Schutz der Arbeit" Oleg Schein hielt eine Rede, doch wurde diese jäh beendet, nachdem etwa 100 Polizisten das Areal um das Denkmal herum abgeriegelt hatten und einige Dutzend OMON-Angehörige, die mit Schlagstöcken und Hunden bewaffnet waren, begannen Leute zu verhaften. Betroffen waren in erster Linie diejenigen, die sich aus Protest gegen das Vorgehen auf den Boden geworfen hatten.

26 oder 27 Leute wurden schliesslich festgenommen und auf die Wache nach "Chamovniki" (einem Stadtteil Moskaus ein ganzes Stück entfernt vom Ort des Geschehens) gebracht. Die OMON-Angehörigen gingen äussert brutal vor und schlugen noch während der Fahrt zur Wache wahllos auf fast alle Festgenommenen ein, die übrigens nicht nur aus Moskau stammen, sondern auch aus Volgograd, Jekaterinburg, Minsk und anderen Städten.

Im übrigen hat die Polizei der Presse gegenüber mehrere Stunden lang jegliche Auskunft über den Verbleib der Festgenommenen verweigert oder nur ungenügend beantwortet. Bis zum späten Abend kamen fast alle Verhafteten frei, einige davon mussten medizinisch versorgt werden. Am kommenden Mittwoch findet die Verhandlung vor einem Verwaltungsgericht statt.

 

29.05.2002
Rupor Ivanov   [Aktuelles zum Thema: Osteuropa]  Zurück zur Übersicht

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