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Berlin: Gedenken für Wehrmachtsdeserteure soll außen vor bleiben

20. Juli 2002: Gedenken für Wehrmachtsdeserteure soll außen vor
bleiben - wir kommen trotzdem

Das Bundesministerium des Inneren und die Bundeswehr verweigern dem
Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung
Opfer der NS-Militärjustiz e.V., und der Kampagne gegen Wehrpflicht,
Zwangsdienste und Militär den Zugang vor die Berliner "Gedenkstätte
Deutscher Widerstand" am 20. Juli vor und während der offiziellen
Feierstunde der Bundesregierung, die um 12 Uhr beginnt.

Wie in den Vorjahren haben wir beabsichtigt, direkt im Anschluß an
die offiziellen Feierlichkeiten eine eigene Ehrung mit Kranzniederlegung
in Gedenken an die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure durchzuführen.
Wir haben in den vergangenen Jahren vor dem Eingang der Gedenkstätte
bis zum Ende der Regierungsveranstaltung gewartet und sind anschließend
in den Innenhof der Gedenkstätte gegangen. Dies soll in diesem Jahr
erstmals so nicht mehr möglich sein. Regierung und Bundeswehr
gestatten uns den Zugang erst um 13.30 Uhr.

Der Kommandeur des Standortkommandos Berlin und Hausherr der
militarisierten Zone um die Gedenkstätte, Oberst Schultze, begründete
dies gegenüber der Kampagne damit, die Bundeswehr wolle "einen
störungsfreien Ablauf" der einstündigen Regierungsveranstaltung
gewährleisten. Auch der zuständige Protokollchef des
Bundesinnenministeriums König argumentierte so.

Bundesregierung und Bundeswehr grenzen die Ehrung von Wehrmachts-
deserteuren aus. Allein die bloße Anwesenheit von Militärgegnern
und eines Wehrmachtsdeserteurs gilt als "Störung". Trotz der
pauschalen Rehabilitierung der wegen Desertion Verurteilten - die
der Bundestag erst 57 Jahre nach Kriegsende vorgenommen hat - ist
eine Ehrung nicht nur unerwünscht, sondern wird verdrängt. Im Jahr
2000 wurde Ludwig Baumann von einem Feldjäger beleidigt und unser
Kranz zu Ehren der Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, trotz
Sicherheitsstufe 1 und Bundeswehrbewachung - oder gerade deshalb -
innerhalb von wenigen Stunden entwendet.

Wir halten an unserer Ehrung fest. Deserteure haben sich am
entschiedensten der Beteiligung an den verbrecherischen Kriegen der
Wehrmacht entzogen. Über 30.000 Todesurteile wurden gegen sie durch
die NS-Militärjustiz gefällt, über 20.000 wurden davon vollstreckt.

Am 20. Juli werden Ludwig Baumann und Mitarbeiter der Kampagne um
11.30 Uhr am "Fußgängereingang" zum militärischen Sperrbezirk an
der Sigismundstraße Ecke Hitzigallee auf Einlass zur Gedenkstätte
drängen. Unsere Ehrung wird voraussichtlich erst um 13.30 Uhr im
Innenhof stattfinden können.

 

18.07.2002
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