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Hamburg: Veranstaltung | Das vergessene Lager Belzec - nationalsozialistische Todesfabrik der »Aktion Reinhardt«

Veranstaltung mit dem britischen Historiker Michael Tregenza am
Dienstag, 17. September 2002 um 19.30 Uhr im Kölibri,
Hein-Köllisch-Platz 12, Hamburg

Das vergessene Lager Belzec - nationalsozialistische Todesfabrik der
»Aktion Reinhardt«

Der zentrale Teil des nationalsozialistischen Massenmordes an
europäischen Juden fand unter dem Decknamen »Aktion Reinhardt« vor
allem in den Vernichtungslagern Treblinka, Sobibór und Belzec in
Ostpolen statt. Nur sehr wenige Menschen überlebten diese Aktion und
konnten von den Vernichtungslagern berichten.

Auch deshalb drohen diese Lager aus dem gesellschaftlichen
Geschichtsbewusstsein und dem öffentlichen Gedenken herauszufallen
und in Vergessenheit zu geraten.

»Aktion Reinhardt«

... war die nationalsozialistische Bezeichnung für die geplante
Ermordung von Juden in Ostpolen im Rahmen der »Endlösung«. Bezog sich
der Name der Aktion ursprünglich auf den Staatssekretär des
Reichsfinanzministeriums, Fritz Reinhardt, so wurde er einige Monate
nach dem Beginn der »Aktion« zum Gedenken an Reinhard Heydrich,
Planer des Holocaust, der am 27. Mai 1942 von Mitgliedern des
tschechischen Widerstandes getötet wurde, umgedeutet.

Als erstes Vernichtungslager wurde Belzec zwischen November 1941 und
März 1942 eingerichtet. Die Morde begannen dort Mitte März 1942. Das
Lager in Sobibór östlich von Lublin, wurde im März und April 1942
errichtet; hier begann Anfang Mai 1942 der Massenmord. Das Lager
Treblinka, 80 Kilometer nordöstlich von Warschau (Warszawa), wurde im
Juni und Juli 1942 erbaut, die Morde begannen dort am 23. Juli 1942,
nach den Massendeportationen aus dem Warschauer Ghetto.

Zur Beseitigung der Leichen wurden Hunderte jüdischer Gefangener, so
genannte »Arbeitsjuden«, gezwungen, die zuvor aus den ankommenden
Transporten ausgesucht wurden. Sie entgingen auf diese Weise zunächst
den Vergasungen. In der Regel wurden die Gefangenen nach einigen
Wochen oder Monaten getötet und durch Neuankömmlinge aus den
Transporten ersetzt. Nur wenige blieben längere Zeit am Leben. Ab
Ende 1942/Anfang 1943 wurden die Leichen auf riesigen Scheiterhaufen
verbrannt, um sämtliche Beweise für die begangenen Verbrechen
auszulöschen.

Ziel der »Aktion Reinhardt« war gemäß den Protokollen der
Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942 die Tötung der 2.248.000 Juden,
die ab 1940 in den fünf Distrikten des Generalgouvernements –
Warschau (Warszawa), Lublin, Radom, Krakau (Krakow), und Lemberg
(Lwow) – von den Nationalsozialisten zwangsghettoisiert worden waren.

Den Abschluß bildete Anfang November 1943 die »Aktion Erntefest«,
durch die die letzten Juden in den Lagern Majdanek, Poniatowa und
Trawniki ermordet wurden.

Insgesamt sind der »Aktion Reinhardt« annähernd 2,5 Millionen
Menschen zum Opfer gefallen, vor allem Juden aus Ostpolen, aber auch
aus anderen Ländern.

Belzec
Belzec ist ein Ort im südöstlichen Teil des Distrikts Lublin, an der
damaligen Eisenbahnlinie Lublin-Lemberg (Lwow). Im Mai 1940 richtete
die SS dort einen Lagerkomplex für jüdische Zwangsarbeiter ein, die
sie zum Bau von Festungsanlagen und Panzergräben an der
Demarkationslinie zwischen dem deutsch- und dem sowjetisch-besetzten
Polen einsetzten. Ende des Jahres wurden die Lager geschlossen.
Anfang November 1941 begann die SS mit dem Bau eines
Vernichtungslagers bei Belzec. Sie wählten einen Ort nahe dem Bahnhof
Belzec, etwa 500 Meter entfernt an einem Nebengleis. Die dort
gelegenen Panzergräben dienten später als Massengräber für die
ermordeten Juden.

Die Gesamtzahl der Mordopfer in Belzec wird auf 600.000 geschätzt.

Wie in Treblinka und in Sobibor wurde – anders als in Auschwitz – in
Belzec Kohlenmonoxyd zur Ermordung der Menschen verwendet. Im
Dezember 1942 wurden die Transporte nach Belzec sowie die Ermordung
in den Gaskammern eingestellt. Zu dieser Zeit waren die meisten Juden
den Generalgouvernements getötet worden, und die Leitung der »Aktion
Reinhardt« schloss das Lager.

Zwischen Dezember 1942 und Frühling 1943 wurden die Massengräber in
Belzec geöffnet und die Leichen der Opfer exhumiert und verbrannt.
Knochenreste wurden zermalmt und zusammen mit der Asche in den
Gräbern verscharrt, aus denen die Leichen entfernt worden waren.

Als die Verbrennung der Leichen abgeschlossen war, wurde das Lager
abgerissen; alle sichtbaren Spuren des Massenmordes wurden entfernt.
Die jüdischen Gefangenen, etwa 600 an der Zahl, die im Lager
zurückgehalten worden waren, wurden nach Sobibór deportiert und dort
ermordet.

Auf dem Gelände wurde ein Bauernhof gebaut, das Gebiet wurde
umgepflügt und mit Bäumen bepflanzt.

Michael Tregenza
Michael Tregenza ist britischer Historiker, seit knapp zehn Jahren
lebt und arbeitet er in Lublin. Seit den 60er- Jahren arbeitet und
forscht er über die »Aktion Reinhardt«.

Da nur wenige Daten, Fakten und schriftliche Dokumente bekannt waren,
stellte er eigene Recherchen in verschiedenen Archiven in Deutschland
und der ehemaligen Sowjetunion an und führte Interviews mit
Zeitzeugen. Er ist heute einer der sachkundigsten Kenner der
Geschichte des Vernichtungslagers Belzec.

Veranstaltet von “rat – reihe antifaschistischer texte” und
“Arbeitskreis gegen das Vergessen Hamburg”

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Kurzfassung

Veranstaltung mit dem britischen Historiker Michael Tregenza am
Dienstag, 17. September 2002 um 19.30 Uhr im Kölibri,
Hein-Köllisch-Platz 12, Hamburg

Das vergessene Lager Belzec - nationalsozialistische Todesfabrik der
»Aktion Reinhardt«

Der zentrale Teil des nationalsozialistischen Massenmordes an
europäischen Juden fand unter dem Decknamen »Aktion Reinhardt« vor
allem in den Vernichtungslagern Treblinka, Sobibór und Belzec in
Ostpolen statt. Nur sehr wenige Menschen überlebten diese Aktion und
konnten von den Vernichtungslagern berichten.

Auch deshalb drohen diese Lager aus dem gesellschaftlichen
Geschichtsbewusstsein und dem öffentlichen Gedenken herauszufallen
und in Vergessenheit zu geraten.

Michael Tregenza
Michael Tregenza ist britischer Historiker, seit knapp zehn Jahren
lebt und arbeitet er in Lublin. Seit den 60er- Jahren arbeitet und
forscht er über die »Aktion Reinhardt«.

Da nur wenige Daten, Fakten und schriftliche Dokumente bekannt waren,
stellte er eigene Recherchen in verschiedenen Archiven in Deutschland
und der ehemaligen Sowjetunion an und führte Interviews mit
Zeitzeugen. Er ist heute einer der sachkundigsten Kenner der
Geschichte des Vernichtungslagers Belzec.

Veranstaltet von “rat – reihe antifaschistischer texte” und
“Arbeitskreis gegen das Vergessen Hamburg”

 

29.08.2002
rat [reihe antifaschistischer texte] & AK gegen das Vergessen Hamburg   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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