nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

Berlin: Wehrpflicht bleibt - dank immer neuer Rekorde der Wehrpflichtigen

Das Festhalten der rot-grünen Bundesregierung an der Wehrpflicht
ist skandalös und offenbart, wie gering sie die Grundrechte junger
Staatsbürger schätzt.

Ohne jede glaubwürdige sicherheitspolitische Begründung werden junge
Männer dazu gezwungen, einen Dienst im Rahmen der Wehrpflicht zu
leisten und erfahren massive Einschränkungen ihrer Freiheitsrechte.
Sie unterbrechen die Berufsausbildung oder das Studium, dürfen nicht
ohne Genehmigung der Wehrpflichtbehörden ins Ausland, werden an
Existenzgründungen gehindert, in die Arbeitslosigkeit getrieben und
müssen sich einer militärärztlichen Untersuchung unterziehen, um
unter Aufhebung grundlegender Rechte neun Monate Wehr- oder zehn
Monate Zivildienst zu leisten.

Die Umsetzung der Wehrpflicht ist zudem in eklatanter Weise
rechtswidrig. Ob Wehrpflichtige den Zwangsdienst leisten müssen,
hängt mittlerweile von General Zufall ab. Es ist nicht ungewöhnlich,
dass Wehrpflichtige jahrelang von Kreiswehrersatzämtern in Ruhe
gelassen werden, obwohl sie einberufbar sind. Es ist nicht ungewöhnlich,
dass Wehrpflichtige bereits Jahre vor Erreichen ihrer Einberufungsgrenze
ohne Rechtsgrundlage eine Nichtheranziehungszusage erhalten.
Andererseits ist es auch nicht ungewöhnlich, dass Wehrpflichtige
trotz des Vorliegens gewichtiger Gründe gegen eine Einberufung bis
zum letzten Tag gejagt werden. Und diese Willkür wird noch zunehmen!
Zwischen 2003 und 2015 werden durchschnittlich jedes Jahr über
410.000 junge Männer wehrpflichtig, und lediglich 92.000 können zum
Wehrdienst einberufen werden. Wer angesichts dieser Zahlen noch von
einer "Allgemeinen Wehrpflicht" redet, sollte sich von einem
Musterungsarzt auf seine Tauglichkeit untersuchen lassen.

Ohne die starke Zunahme von Kriegsdienstverweigerungen wäre das
Wehrpflichtsystem längst zusammengebrochen. Die immer neuen
Rekordmarken helfen dem Verteidigungsministerium, da jeder anerkannte
Kriegsdienstverweigerer aus der direkten Zuständigkeit des Militärs
fällt. Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres haben 108.423
Wehrpflichtige einen solchen Antrag gestellt, rund 6 Prozent (in
absoluten Zahlen 6.110) mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen wird am 7. Oktober der Fahrplan
zur Außen- und Sicherheitspolitik für die nächsten vier Jahre
festgelegt. Die SPD will an der Wehrpflicht festhalten, und die
Grünen werden die Koalition an dieser Frage nicht scheitern lassen.
Es bleibt bei der Wehrpflicht und somit bei den hunderttausendfach
erlebten Einschränkungen demokratischer Rechte gerade für junge
Staatsbürger.

 

04.10.2002
Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär [homepage]   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht