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Berlin: Kommt zum Antifa-Block auf der LL-Demo in Berlin! (12.01. - 10 Uhr Frankfurter Tor)

Antifa-Block auf der LL-Demo 2003: Gegen den kapitalistischen Alltagsbetrieb!

Am 12. Januar 2003 ist es wieder soweit. Die antikapitalistische Bewegung in der BRD bläst zur alljährlichen Lux-Parade – der Demonstration zum Gedenken an die 1918 von reaktionären Freikorps ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. So altbacken für einige das Ritual für die KPD-GründerInnen daherkommt, so wenig haben Antimilitarismus und Antikapitalismus für die die beiden exemplarisch stehen, an Aktualität eingebüßt.
Die Antifaschistische Aktion Berlin [AAB] ruft zum Antifablock auf der LL-Demo auf, die in diesem Jahr eine Anti-Kriegs-Demonstration gegen die bevorstehende us-britische Invasion gegen den Irak werden soll.
Aber auch eine Demonstration gegen den permanenten Kriegszustand, der seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York, das Gesicht der Welt prägt, sowohl in den kapitalistischen Zentren als auch in der Peripherie. In den Zentren, wo im Zuge des Antiterrorkrieges ein Umbau in nationalistische Notstandsgesellschaften stattfindet, aus denen all diejenigen noch massiver als bisher herausgedrängt werden sollen, die keinen Mehrwert produzieren. Und in der Peripherie, wo die neu entstandene weltpolitische Lage oder auch der „permanente Kriegszustand“ genutzt wird, die Rahmenbedingungen der globalen Verwertung zu verbessern: sei es durch Kriege, durch Warlordisierung oder nation-building. Auch wenn der Feldzug gegen den Irak fast im Alleingang durch die unangefochtene Weltmacht USA vollzogen wird, so kann die Zustimmung zu einer „kleineren“ kapitalistischen Macht nicht der Schluss daraus sein. Insbesondere Deutschland als Führungsmacht der Europäischen Union steht im offenen Konkurrenzverhältnis zur USA.
Für uns bedeutet die Teilnahme an der LL-Demonstration und der Bezug auf die Kämpfe der KommunistInnen Liebknecht und Luxemburg eine Absage an kapitalistische Barbarei, Ausbeutung und Krieg, gegen die USA, und insbesondere gegen Deutschland. Der Hauptfeind steht im eigenen Land.

Schurke nach Geschäftslage
Es scheint unvermeidbar. Seitdem der US-Präsident Bush noch während der „Neuordnung“ Afghanistans mit der Achse des Bösen „Nordkorea-Iran-Irak“ nächstmögliche Ziele des Antiterrorkampfes genannt hat, ist die „Bestie von Bagdad“ wieder in aller Munde.
Auf Druck der USA hat Anfang November 2002 die UNO eine Resolution verabschiedet, die die irakische Regierung dazu verpflichtet, nicht nur ihre biologischen und chemischen Waffen samt Trägersystemen, sondern auch die ihr unterstellten Entwicklungsprogramme – einschließlich ihres angeblichen Atomprogramms – vollständig und in allen Einzelheiten offen zu legen.
Während die Uno die ersten Einzelheiten des 12000 Seiten starken irakischen Rüstungsberichtes veröffentlicht, steht für die US-Regierung das Urteil bereits fest: „Die Waffeninspektoren werden etwas finden“.
Sowohl die USA als auch Großbritannien erklären beständig ihren Willen, alles zu unternehmen, um der irakischen Regierung Unehrlichkeit nachzuweisen und verkünden die Veröffentlichung von eigenen Beweisen für die Produktion von Massenvernichtungswaffen im Irak. Es geht in erster Linie um chemische und biologische Kampfstoffe, deren Verbleib nach Abbruch der Inspektionen von 1998 ungeklärt geblieben war und um „dual use“-Produkte, die sowohl zivilen als auch militärische Zwecken dienen können.
Aber nicht nur für den Irak könnten diese Enthüllungen unangenehm werden. Der irakische Bericht enthält lange Auflistungen technischer Kooperationen mit dem Ausland, die nachweisen, welche Unternehmen und Staaten Unterstützung bei der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen geleistet haben. An vorderster Front stehen deutsche Unternehmen, die noch bis vor einem Jahr das Embargo gegen den Irak umgingen.
Seit dem Ende des 2. Golfkriegs im Februar 1991, haben die USA, teilweise gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich, teilweise auch mit Zustimmung der russischen Regierung, schon eine ganze Reihe von Militärschlägen gegen den Irak durchgeführt.
Ungefähr zwei Drittel des Landes wurden zu „Flugverbotszonen" erklärt, d.h. dort dürfen sich keine irakischen Flugzeuge und Hubschrauber bewegen; anderenfalls werden sie ohne weiteres abgeschossen. Teile des Landes befinden sich unter direkter Kontrolle der UNO.
Das schon vor dem letzten Krieg verhängte Wirtschaftsembargo gegen den Irak ist größtenteils immer noch in Kraft. Eine Million Menschen sind laut UN-Bericht aufgrund des Embargos durch Hunger, Mangel an Medikamenten usw. gestorben, die Säuglings- und Kindersterblichkeit hat sich vervielfacht, die dauerhafte, perspektivlose Not der Bevölkerungsmehrheit hat ernste Ausmaße angenommen.
Die Beziehungen zum Irak orientierten sich immer an der Bedeutung, die die Regierung in Bagdad für die Interessen der USA in der Golfregion darstellte. So war zum Beispiel die iranische Revolution 1979 ein Grund, sich um bessere Beziehungen zum Irak zu bemühen. Ein stabiler Faktor in einer instabilen Region musste geschaffen werden.
Der Irak wurde in der Folge nicht nur aufgrund seiner großen Ölvorkommen interessant für westliche Interessen, er entwickelte sich auch zu einer der größten Militärmächte der Region. Gleich nach der Machtübernahme Saddam Husseins stand der Irak an der Spitze der weltweiten Rüstungsimporteure. Beliefert wurde er unter anderem von den beiden Supermächten, aus Frankreich und der BRD. 1982 setzte der Irak zum ersten Mal Giftgas im Krieg gegen den Iran ein, 1988 ließ er kurdische Dörfer im Norden des Landes mit Giftgas aus deutscher Produktion bombardieren; eine Verurteilung seitens der USA blieb aus, vielmehr unterstützten sie den Irak mit Nahrungsmitteln, der, neben den Kurden, auch seine eigenen landwirtschaftlichen Anbauflächen vernichtet hatte. Die Annexion Kuwaits 1990 durch den Irak war der Anlass für einen Wandel der westlichen Irak-Politik. Der Gernegroß in Bagdad musste zurückgepfiffen werden, damit es ihm nicht kurzfristig gelingen könnte, die internationalen Ölmärkte zu manipulieren und zu destabilisieren. Hussein, der sich trotz grausamer Verbrechen noch der Unterstützung sämtlicher westlicher Staaten gewiss sein konnte, wurde zum fanatischen Diktator aufgebaut, die Annexion Kuwaits wurde mit verheerenden Angriffen auf den Irak beantwortet. An den Folgen dieses Krieges leidet die irakische Bevölkerung noch heute, das Regime Husseins ist allerdings nach wie vor im Amt.
Bush senior, für den der irakische Diktator „schlimmer als Hitler“ war, hatte den Erzschurken 1991 aus strategischem Kalkül an der Macht gelassen: Ein Sturz Saddams hätte dem Separatismus der Schiiten im Süden und der Kurden im Norden des Iraks Auftrieb gegeben, die Schwächung des Irak aber hätte den Iran gestärkt und damit vitale Interessen der USA verletzt. So schaute die internationale Gemeinschaft zu, als Saddam 1991 nach den US-Angriffen aufständische Bevölkerungsteile massakrierte.
Eine Unruhe stiftende demokratische Revolution gegen das irakische Regime wäre aus US-Sicht keineswegs wünschenswert. Sie ist heute allerdings auch sehr unwahrscheinlich. Die Opposition im Exil ist handlungsunfähig, die Unzufriedenen im Lande werden durch die Aggression zum patriotischen Schulterschluss gedrängt, die verschärfte Repression der Staatsmacht gegen mutmaßliche Vaterlandsverräter besorgt den Rest. Denkbar ist allenfalls ein Putsch von Teilen des Militärs mit US-amerikanischer Unterstützung, der eine Junta-ähnliche Regierung ermöglichen könnte, die den US-Interessen gerecht wird. Ein sicherer Weg zu weiterer Unterdrückung der irakischen Bevölkerung.
Also selbst wenn das Regime Husseins einem Krieg der USA zum Opfer fallen würde, so würde das die Bedingungen für eine soziale Emanzipation im Irak nach einem militärisch erzwungenen Elitenaustausch kein Stück verbessern, geschweige denn den wenigen irakischen Linken zu mehr Gewicht verhelfen.
Auch die anderen Begründungen, die die USA für ihre Kriegspläne anführen, lassen kaum über ihre tatsächliche Interessen hinwegtäuschen. Wenn es zweifellos ein starkes irakisches Interesse am Besitz von Massenvernichtungswaffen gibt, so darf man wohl den UN-Waffeninspekteuren glauben schenken, wenn sie davon ausgehen, dass der Irak nicht im Besitz von Nuklearwaffen ist und „keine Gefahr für die USA oder die Welt“ darstellt (S. Ritter, ehemaliger Chef der UN-Waffeninspekteure).
Ziel der USA ist vielmehr, die Kontrolle über die Region und natürlich auch über die Ölvorkommen des Landes zu gewährleisten. Bislang trägt Großbritannien als einziger europäischer Staat diese Politik mit. Das Bündnis mit den USA birgt für die Briten bessere Chancen, sich in der Weltpolitik zu behaupten, als eine Anbindung an die von Frankreich und Deutschland dominierte EU-Politik.

Partners in leadership
In der europäischen Politik dominiert im Bezug auf den Irakkrieg die Linie, die EU als zivile Alternative zum Militarismus der USA darzustellen. Deutschland und Frankreich versuchen mit ihrer offenen Kriegsgegnerschaft die vorherrschende Rolle der USA in der Golfregion in Frage zu stellen. Da die EU in absehbarer Zeit militärisch nicht in der Lage sein wird mit den USA gleichzusetzen, muss die EU auf Politik und wirtschaftliche Beziehungen setzen um in dieser Region den Fuß in der Tür zu halten. Deutschland hatte schon den zweiten Golfkrieg 1991 zur Stärkung seiner Großmachtambitionen genutzt. Deutsche Konzerne hatten beste Handelsbeziehungen zum Irak und es bestand kein Interesse, sich die florierenden Geschäfte durch einen Krieg wieder zu versauen.
Eine direkte Kriegsbeteiligung war kurz nach dem Anschluss der DDR außenpolitisch ohnehin noch nicht zu vertreten. Wenn heute Gerhard Schröder auf Wahlkampfkundgebungen schwadroniert: ,,Freundschaft ja, Unterordnung nein" und ,,Auf einer Tankstelle führt man keinen Krieg", dann ist das weniger ein Zeichen für seine Friedensfreundschaft, als dass sich die BRD inzwischen zutraut, in offener Konkurrenz zu den USA aufzutreten und dass in diesem Fall kein Interesse an einer Kriegsbeteiligung besteht, weil die BRD sich ihr Stück vom Kuchen durch wirtschaftliche Beziehungen sichern will.
Die offizielle Ideologie von der zivilgesellschaftlichen Alternative zur Großmacht USA wird durch den von annähernd der gesamten Gesellschaft getragenen Antiamerikanismus bedient, der von den Feuilletonisten bis zu den Stammtischen reicht. Die Kritik an der Politik der USA und ihre Personifizierung in George Bush ist nicht zu verwechseln mit einer Kritik der kapitalistischen Gesellschaft. Vielmehr handelt es sich um einen Amerikahass der das „kulturelle Erbe Europas“ dem „angloamerikanischen Kommerzgedanken“ gegenüberstellt und der die „gerechten“ Großmachtambitionen Deutsch-Europas den „trügerischen“ der USA entgegensetzt. Oder der in seiner dumpfesten Variante offen antisemitischen Wahnvorstellungen vom jüdisch-dominierten, kulturlosen Schmelztiegel nachhängt.
Inzwischen zeichnet sich ab, dass sich die deutschen Interessen nicht im Alleingang gegen die USA durchsetzen lassen. Und so wird die Inszenierung von vergifteten deutsch-amerikanischen Beziehungen beiseite geschoben, zur Tagesordnung übergegangen, um an der Gestaltung der Nachkriegsordnung beteiligt zu werden. Das heißt, dass Deutschland den Krieg zumindest indirekt unterstützen wird und Luftwege und Militärbasen zur Verfügung stellt, und im Rahmen der „Bündnisverteidigung“ auch Awacs-Flüge bis an die türkisch-irakische Grenze durchführen wird.
Ob also Jugoslawien, Afghanistan oder der Irak, die BRD ist militärisch aus internationalen Konflikten nicht mehr wegzudenken. Längst hat sie nach den USA das weltweit zweitgrößte Truppenkontingent in Auslandseinsätzen. Die Aufteilung der Welt in Macht- und Einflusssphären hat nicht erst mit dem 11.9.2001 begonnen, doch ist in eine neue Etappe geraten. „Der Moment geopolitischer Dynamik ist eine großartige Chance - sie zu gestalten sollte nicht allein den USA überlassen bleiben.“, bemerkte selbst die Frankfurter Rundschau.
Und diese geopolitische Dynamik ist es, worum es den Industrienationen bei ihrer Antiterrorbekämpfung geht. Es ist der Bundesregierung genauso wie der US-Regierung egal, ob die von ihnen an die Macht gehievten Taliban Frauen unterdrücken oder nicht, solange sie nach ihrer Pfeife tanzen. Und das heißt immer noch, die ökonomischen Besitzstände der Welt zu ihren Gunsten zu ordnen.
Und diese Ordnung ist auch gemeint, wenn vom permanenten Kriegszustand die Rede ist, auf den sich die Gesellschaften in den kapitalistischen Zentren einstellen müssen. Denn „Terror-Bekämpfung“ und Neuaufteilung der Welt greifen ineinander.

Kapitalismus heißt Krieg
Widerstand gegen den Irakkrieg darf nicht auf die Außenpolitik der USA verengt werden. Auch die als zivile Alternative scheinenden Ziele der EU und das Verhältnis von Konkurrenz und Kooperation der westlichen Staaten sind nur taktische Manöver im imperialistischen Alltagsgeschäft. Lenin hatte eben unrecht, als er Anfang des letzten Jahrhunderts glaubte, „die territoriale Aufteilung der Welt“ sei abgeschlossen, der nun „absterbende Kapitalismus sei der Vorabend der sozialen Revolution“. Sei’s drum. Diese Erkenntnis liefert nur den Beweis dafür, dass es noch genügend Gründe zu kämpfen gibt. Diese Kämpfe können nicht so aussehen wie die der deutschen Friedensbewegung, die staatstragend wird, wenn sie die Politik der deutschen Regierung nur noch an der Frage der Freigabe des deutschen Luftraumes kritisiert oder gar die Politik der Regierung unterstützt. Dass die USA die imperiale Hauptmacht sind, macht die anderen ja nicht friedliebender. Die deutsche Politik wird sich auch weiter an der Aufteilung der Welt beteiligen und den verteidigungspolitischen Richtlinien orientieren, „die weltweiten ungehinderten Zugang zu Rohstoffen und Märkten“ fordern. Das bedeutet auch, dass die nächsten Kriege vor der Tür stehen, auch mal wieder mit aktiver Beteiligung der Bundeswehr. Das gehört zu den Betriebsbedingungen des Kapitalismus.
Und der sollte weiterhin Angriffspunkt für die Linke bleiben. Eine nach Verwertbarkeit ausgerichtete Gesellschaft wird auch in den Regionen, die der Kapitalismus zum Plattbomben freigegeben hat, nicht in erster Linie Menschenrechte und zivilisatorische Errungenschaften einrichten wollen. Außer, die Geschäftslage erlaubt dies.
Machen wir die Demonstration zum Gedenken an die beiden RevolutionärInnen zu einer Manifestation der gesamten Linken gegen Kapitalismus und Krieg!

The only solution • revolution!
Antifaschistische Aktion Berlin, Dezember 2002

Antifa-Block auf der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration:
Sonntag, 12. Januar 2003 – 10.00 Uhr
Frankfurter Tor – Berlin (Friedrichshain / U5)

Krieg & Imperialismus: Sag mir, wo du stehst:
Veranstaltung mit Michael Heinrich, Jost Müller und Jürgen Elsässer
Samstag, 11. Januar 2003, 19.00 Uhr
Humboldt-Universität-Berlin, Raum 3038
(Unter den Linden 6 - Nähe S-Bhf. Friedrichstraße)
danach: Party im RAW-Tempel in Berlin-Friedrichshain
(Revaler Straße 99 - Nähe S-Bhf. Warschauer Straße / Tram 20)

mehr Infos:  http://www.antifa.de

 

10.01.2003
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