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Berlin: Mobilisierungsveranstaltung und Demoaufruf

Hallo Leute,

wir rufen Euch auf diesen Aufruf zu unterstützen (tatkräftig und
finanziell). Ihr könnt auch selber mit eigenen Aufrufen, Plakaten und was
auch immer zu der Demo mobilisieren. Bitte schickt uns diese vorher zu.
Unseren Aufruf und Plakat könnt Ihr auch als PDF von squat.net oder
http//:rigaer94.squat.net runterladen. E-mail  zaehne220203@web.de

IL Daneben, Liebigstr. 34, 10247 Berlin

Mobilisierungsveranstaltung für die Demo am 22. Februar


Am Samstag, den 8. Februar findet um 19.00 Uhr eine Info- und
Mobilisierungs-veranstaltung statt. Den Ort erfahrt Ihr leider erst in
Kürze. Angedacht sind zunächst kurze Infos zu
Demokonzept und Verhalten auf Demos. Danach sollen verschiedene Gruppen aus
der Demovorbereitung ihre Positionen darstellen:

- Warum rufen sie zur Demo auf bzw. unterstützten sie?
- Welche Inhalte wollt sie in die Demo hineintragen?

Die Beiträge der Gruppen leiten die Diskussion über "Sinn und Unsinn themenübergreifender linksradikaler Bündnisse" ein.

- Heißt Bündnispolitik Verwässerung von Inhalten oder ist sie für den gemeinsamen politischen Kampf wichtig?

Eine Initiative von Pi-Rat (VertreterInnen von Schwarzer Kanal, Köpi,
Rigaer94/Kadterschmiede, Liebig14, Liebig34, Laster&Hänger, Convoi, Sama
Cafe u.a.), Antiatomplenum Berlin, IL Daneben,
Chipkarten Ini Berlin und Einzelpersonen.
mit kämpferischen Grüßen
Demovorbereitung

die zähne zeigt, wer’s maul aufmacht - keine ruhe für [die] mitte
gegen kapitalistische verwertungslogik und krieg
für den erhalt linker projekte
für unkontrollierte bewegungen in der stadtmitte und sonst wo

demo! samstag, 22.2.03 – 13 uhr
oranienplatz – kreuzberg – berlin

die mitte der gesellschaft

Deutschland im Jahr 2003. Der neuen Mitte ist inzwischen auch der letzte
Brocken Putz von der Fassade gefallen, welche den altbekannten Ressentiments
des rechten BürgerInnenlagers einen progressiven Anstrich geben sollte. Egal
ob neue oder alte, die gesellschaftliche Mitte ist ein autoritäres Konzept
aus Integration und Repression, aus Integrationsangebot und
Normierungszwang. Sie reagiert notfalls mit Repression gegen all die, die
durch ihre Muster fallen oder sich bewusst nicht ihrer Logik unterordnen
wollen, ist ein normierender Machtmechanismus. Gerade noch normal wäre heute
eine Alleinerziehende mit zwei Kindern und drei Minijobs, als nicht-normal,
als verdächtig gelten all diejenigen, die augenscheinlich nicht
leistungsstark genug, die im schlimmsten Falle nicht weiß, männlich, fit,
schlank und schön durchs Leben springen. Verdächtig sind also diejenigen,
die sich nicht oder nicht ausreichend der kapitalistischen Verwertungslogik
unterwerfen, die kein angemessen hohes Maß an Integrationsbereitschaft in
die gesellschaftliche Mitte zeigen: nicht innovativ, nicht flexibel, nicht
dialogorientiert und kompromissbereit, nicht konstruktiv, ohne jede
Verantwortung für’s große Ganze. Als nicht normal gelten MigrantInnen,
ChaotInnen oder SozialhilfeempfängerInnen – speziell die, die kein Laub
fegen wollen. Das Nicht-Normale wird, je nach dem, abgeschoben, ausgegrenzt,
verprügelt, kontrolliert und überwacht – oder hat sich dem Konzept der
Mitte unterzuordnen.Welche Farbe sich die Mitte gibt – ob rotrot, rotgrün,
schwarzgelb oder schwarzschill – ist dabei in weiten Teilen unbedeutend. Die
grüne Mitte ist z.B. zukunftsfähig, trennt ihren Müll und liebt
solarbetriebene Klospülungen und Biodiesel tankende Wasserwerfer.

Neu ist die Mitte nicht, neu ist weder ihr Rassismus noch ihr
Antisemitismus, beides Mechanismen, mit denen sie operiert, um gegen die
vermeintliche Bedrohung von innen und außen den völkischen Schulterschluss
zu üben. Ebenso wenig neu ist ihr Sexismus, der all jene trifft die das
„falsche“ „Geschlecht“ besitzen und/oder sich diesen ganzen starren Rollen
des Patriarchats nicht unterordnen wollen. Die Mitte mag z.B. ExpertInnen,
und die sind im Zweifelsfall „männlich“. Herrschaftsverhältnisse wie
Rassismus und Sexismus haben eine entscheidende Funktion für das Konstrukt
Mitte, sind jedoch nicht ihr Privileg. Schließlich sind wir alle ein
bisschen Mitte.

Auf der anderen Seite ist die Mitte mehr als nur ein Konstrukt. Sie ist für
Menschen, die ihr nicht angehören (wollen), sehr real, sie manifestiert sich
in den mehr als 50 000 Abschiebungen jährlich, in sogenannten
Ausreisezentren oder No-go-areas für Flüchtlinge und MigrantInnen, in der
Rasterfahndung gegen junge, männliche „arabische“ Menschen. Die Mitte ist
bewaffnet, sie übt Gewalt aus, direkt in derzeitigen und zukünftigen Kriegen
oder Polizeiaktionen, strukturell in gesellschaftlich gemachter
Ungleichheit, der Bewertung des Menschen an den Maßgaben des
kapitalistischen Marktes (Hartzpapier), anhand von rassistischen und
sexistischen Normen. Sie ist manifestiert in den Videokameras im Supermarkt,
auf dem Bahnsteig oder am Geldautomaten, in der Privatisierung öffentlicher
Räume, in privaten Sicherheitsdiensten an jeder Ecke zum Beispiel der
Berliner Innenstadt.


die berliner stadtmitte

Genau hier, also auch im konkret-räumlichen Sinne zeigt die neue Berliner
Mitte ihr Gesicht. Gerade auf der lokalen Ebene wird die Globalisierung bzw.
die Transformation von einem fordistischen hin zu einem postfordistischen
Gesellschaftssystem mitsamt ihren Veränderungen für Arbeitsorganisation,
Geschlechterverhältnisse, Sozialstrukturen und Migrationspolitik erfahrbar.
Für emanzipative Politik ist städtischer Protest daher elementar.

Vor dem Hintergrund der verschärften Städtekonkurrenz will heute jede
größere Stadt oder Region Dienstleistungsmetropole, internationales
Drehkreuz oder das europäische Silicon Valley werden. Auch Städte, die weit
von diesem Ideal der wirtschaftlich aufblühenden Region entfernt sind,
verstehen sich zunehmend als Unternehmen auf dem Weg dorthin. Angesichts
wachsender Arbeitslosigkeit und damit steigender Kosten für soziale
Transferleistungen bei gleichzeitig sinkenden Steuereinnahmen wird nach
quasi-betriebswirtschaftlichen Kriterien versucht, die Stadt für Unternehmen
attraktiv zu machen. Dazu werden u.a. Flächen kostengünstig und schnell
bereit gestellt (media-spree, Potsdamer Platz).

Zum anderen soll die Attraktivität der Innenstadt für qualifizierte und
einkommensstarke Arbeitskräfte gesteigert werden. Damit verschiebt sich
kommunale Politik weiter hin zur Förderung der kaufkräftigen
Mittelschichten. Diese sollen mittels Aufwertung innerstädtischer Quartiere
und die Subventionierung von Eigentumserwerb auch im Altbau vom Wegzug ins
Umland abgehalten werden. Nicht nur für linke, alternative Lebens- und
Wohnentwürfe wie Hausprojekte und Wagenburgen ist dabei kein Platz mehr.
Auch soll der Konsum der Mittelschichten die lokale Ökonomie ankurbeln.
Schließlich wird davon ausgegangen, dass sie als EigentümerInnen mehr
Verantwortung für ihr Wohnumfeld übernehmen und so eine "Ghettoisierung"
verhindern. Denn Armut an sich scheint immer weniger von Bedeutung zu sein,
viel mehr deren sichtbare Zeichen, der "Verfall öffentlichen Raumes", gilt
als Problem. In dem Maße, wie Städte daran interessiert sind,
Mittelschichten zu fördern, um sie in der Stadt zu halten, werden soziale
Unterschiede gerne als pluralisierte "Lebensstile" de-thematisiert, ganz als
sei dies Resultat der "Individualisierung" und somit freiwillig und nicht
Ergebnis von Ausbeutung und Ausgrenzung.

Die Mechanismen von Ausschluss und Integration verändern sich jedoch auch
mit dem widersprüchlichen Zwang der Städte, sich international einerseits
als etwas Besonderes zu präsentieren, andererseits internationalen Standards
zu genügen. So können auf der einen Seite alternative Kulturangebote oder
ein multikulturelles Gastronomieangebot durchaus als "weiche
Standortfaktoren" in das Image einer Stadt miteinbezogen werden. Insofern
agiert die Stadtpolitik als Mischung aus Ausgrenzung und Vereinnahmung von
alternativen Projekten und Lebensentwürfen, so wie Herrschaft im
kapitalistischen System grundsätzlich über eine Mischung von
Konsensherstellung und Zwang / Repression funktioniert. Denn gleichzeitig
wächst der Druck auf nicht vermarktbare oder nicht konsumfähige Gruppen.
Dies ist besonders in den Innenstädten deutlich. Im Zuge dessen findet ein
meist als "Privatisierung" bezeichneter Wandel öffentlicher Räume statt.
Zwar gewinnt streng genommen der öffentliche Raum durch die Öffnung vormals
rein privater Flächen (z.B. Bahn- und Industrieflächen wie auf dem
zukünftigen media-spree Gelände) als Einkaufszentren halböffentliche, als
Stadtplätze inszenierte Räume hinzu. Dies jedoch zu dem Preis, dass dort
jegliche dem Konsum abträglichen Verhaltensweisen ausgegrenzt werden. Zudem
wächst damit auch der Druck von Seiten der Geschäftsleute, auch vormals
öffentliche Räume stärker zu kontrollieren. Neben der Einführung
verschärfter Polizeigesetze und örtlicher Satzungen sowie technologischer
Überwachung wird die Kontrolle zunehmend von einer unübersichtlichen Anzahl
privater Sicherheitsdienste ausgeführt.

Indem Wohnen, Drogen- bzw. Alkoholkonsum oder Prostitution nur in privater,
konsumförmiger Weise und gehobener Preisklasse akzeptiert ist, wird
gesellschaftlich stigmatisierten Gruppen die Innenstadt als attraktiver Ort
zum Aufenthalt, Wohnen oder Einkommenserwerb streitig gemacht. "Sicherheit",
bedeutet damit vor allem, Armut etwa in Form von Obdachlosigkeit nicht mehr
sehen zu müssen, den Kontakt mit „Anderen“ zu minimieren. In der
fortschreitenden Kontrolle unseres Lebens zu unserer eigenen „Sicherheit“
verschmelzen Stadtplanung, Architektur und Polizeiapparat.

und genau deshalb bleiben wir in der stadtmitte!

Unser Widerstand gegen die herrschende Politik braucht eine soziale Basis.
Wir brauchen Hausprojekte, Wagenburgen, kollektiv organisierte
unkommerzielle Treffpunkte, soziale Zentren, auch und gerade in der
Stadtmitte! Wir brauchen Räume, die ein herrschaftsfreies Leben zumindest
vorstellbar machen. Mit den gesellschaftlichen und eigenen Widersprüchen
konfrontiert zu werden, zu versuchen, die politischen Utopien im Mikrokosmos
umzusetzen, ist für uns ein unersetzliches Element linker Politik. Wir
lassen uns nicht vereinnahmen. Es geht uns um die Abwicklung von Herrschaft
im Grossen wie im Kleinen, um eine linke Politik als permanenten gelebten
Alltag. Es geht uns um den Kampf gegen eine Herrschaft, die so sehr als
Normalität erscheint, dass sie eine Alternative kaum noch vorstellbar macht.
Es geht uns um die solidarische Aneignung von Räumen, die Schaffung von
Zusammenhängen, um die Ausweitung von FreiRäumen.

Unsere Politik ist auch weiterhin nicht appellierend, wir bitten nicht um
eine bessere Führung, um mehr Geld oder um mehr Toleranz. Dies ist ein
Aufruf zum Handeln, ein Aufruf, Widerstand zu entwickeln gegen die
herrschenden Verhältnisse, die Mitte zu unterhöhlen. Also: Ab in den
Untergrund! Oder erst mal: Ab auf die Straße – beteiligt euch an der Demo,
an den Aktionen gegen die Räumungen linker Projekte, an Aktionen gegen
Sozialabbau, Abschiebungen, Krieg.

für den erhalt linker projekte
entwickelt widerstand gegen sozialabbau, ausgrenzung und den ganzen mist
keine ruhe für die mitte - für freies fluten


demo! samstag, 22.2.03, 13 uhr, oranienplatz, kreuzberg, berlin

Wir wollen eine laute, entschlossene Demo! Geht in Ketten, achtet
aufeinander...

Die Telefonnummer des Ermittlungsausschusses Berlin ist (030) 69 22 222.

Und: Drogen und Alkohol haben auf politischen Aktionen nichts verloren!

Es rufen auf: Pi-Rat, Adalbert28, AntiAtomPlenum Berlin, Antifaschistische
Initiative Moabit, AStA TU Berlin, cafe morgenrot, Köpi137, Infoladen
Daneben, Initiative gegen das Chipkartensystem, Kadterschmiede, Laster und
Hänger, Liebig14, Liebig34, Rigaer94, Rigaer95 (teilw.), Scharnweber29,
Unabhänige Antifa Reinickendorf, Wagenburg Kinderbauernhof, Wagenburg
Schwarzer Kanal und Einzelpersonen. Es unterstützen: Bödiker9, Gruppe
Mücedele, Kreutziger18, UBI KLiZ e. V. / Mieterladen, Rattenbar,
Reichenberger63a, Schlossplatz-Initiative

Kontakt:  zaehne220203@web.de

visdp: b. ambule, vorwerkstr. 64, 10247 berlin

 

31.01.2003
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