München: Rumsfeld kommt! - Countdown zur NATO-Sicherheitskonferenz läuft
Rumsfeld kommt nach München!!! - Countdown zur NATO-Sicherheitskonferenz läuft
Es wird viel geredet in München, leider ist nur wenig Sinnvolles dabei. Eine
Woche vor der NATO-Sicherheitskonferenz liegen die Nerven blank bei Politikern,
den Kirchen sowie vielen Friedensbewegten. Auch die Medien, hier die
Sueddeutsche Zeitung, fangen an, die - wie es scheint - ersehnten
Ausschreitungen und Krawalle herbeizuschreiben. Schließlich mobilisiert "der
Auftritt von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld offenbar die Gegner der
Militärtagung" (SZ vom 28.1.03) und deshalb rechnet die Polizei mit Krawallen.
Woher die Zeitung ihre Informationen bezieht, bleibt unerwähnt, aber schließlich
nahm die Polizei "Anschauungsunterricht in der Schweiz". Genauer in Davos, wo
"die Führungscrew der Einsatzabteilung des Polizeipräsidiums München auf der
Tribüne saß" und "Steine werfende GlobalisierungsgegnerInnen" beobachtete. Die
"Tribüne" stand wohl eher in Landquart und nicht in Davos und war als
bayerischer Wasserwerfer getarnt. Ein im letzten März - wie vorausschauend -
geschlossener Kooperationsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz
ermöglichte den Bayern, sich schon mal im Zielen zu üben. Schließlich will der
Umgang mit den High-Tech-Spritzen gelernt sein und "aller Voraussicht nach
werden die drei Wasserwerfer ihren nächsten Einsatz vom 7. bis 9. Februar in
München haben." Na dann ist ja alles klar. Im Eifer des Gefechtes schrieb die SZ
immerhin von einer "Militärtagung". Nur ein Druckfehler?
Die kollektive Schizophrenie
Es scheint, als ob sich in München - als Spiegelbild der politischen Landschaft
in Deutschland - eine kollektive Schizophrenie breit macht. Denn (beinahe) alle
sind gegen einen Krieg im Irak. Ob Münchens Kardinal Wetter eine "Mobilmachung
für den Frieden" fordert, Attac zu einer "Friedenstour" aufruft, oder
Oberbürgermeister Ude den Krieg für "völkerrechtlich und moralisch nicht
akzeptierbar" hält. Nur die Münchner CSU tut sich noch schwer. So ist
Fraktionschef Hans Podiuk der Überzeugung: "Hier wird kein Irak-Krieg geplant,
das ist eine Unterstellung, und die ist schlicht und ergreifend falsch." (SZ vom
18.1.03). Podiuk hat natürlich recht, denn geplant ist der Krieg schon seit
langem. Und auch sonst findet man bei der CSU noch Aussagen, die der Realität
näher liegen als vieles andere, was momentan durch die Klatschspalten der
Tageszeitungen geistert. Als Oppositionspartei im Bundestag und geübt im
Stammtischton fällt es in Kriegszeiten anscheinend leichter, Position zu
beziehen. Podiuk über die NATO-Sicherheitskonferenz im letzten Jahr: "Ich hab'
damals den Monatzeder, den Jerzy Montag und die Frau Beer drinnen munter
parlierend mit Admiral Sowieso und General Sowieso gesehen, und draußen haben
ihre Münchner Parteifreunde und der (Fraktionsvorsitzende) Benker demonstriert.
Die Grünen sind schon sehr elegant in diesen Dingen." Vielleicht sind die Grünen
aber auch nur die “ideale Form” des Friedenskämpfers: Gegen den Krieg, na klar,
aber nur so weit, dass es an den strukturellen Ursachen und am täglichen Leben
nichts ändert. Friedensbewegter und überzeugter Kapitalist in einer Person.
Die "Weißwurst-Metropole" sucht ihre Rolle im globalen Kriegsspiel
Was bei der ganzen hysterischen Diskussion, wer denn nun für oder gegen den
Krieg sei, anscheinend überhaupt keine Rolle mehr spielt, sind die schlichten
Tatsachen. Natürlich wird in München nicht über Krieg und Frieden entschieden.
So wichtig ist die Weißwurstmetropole schließlich nun auch wieder nicht.
Allerdings hat US-Verteidigungsminister Rumsfeld jetzt zugesagt, was
anscheinend einigen zu Kopf steigt. Dabei will Rumsfeld nichts anderes als das
Ambiente der NATO-Sicherheitskonferenz und die Anwesenheit von 28 Verteidigungs-
und Außenministern nutzen, um den Krieg gegen den Irak anzukündigen, seine
KollegInnen pädagogisch vorzubereiten, Absprachen zu treffen und nicht zuletzt
die Aufgaben zu delegieren. Für ein Gespräch mit Verteidigungsminister Struck
hat er sich deshalb eine volle Stunde im Terminkalender reserviert. Deutschland
ist ja auch noch widerspenstig und bedarf der persönlichen Seelenmassage.
Jedoch darf diese Form der Seelenmassage nicht verwechselt werden mit
tatsächlichen Diskussionen oder gemeinsamen Entscheidungen. Rumsfeld wird nicht
mit Struck, Ude oder sonst wem über Krieg und Frieden diskutieren, denn diese
Entscheidung ist längst gefallen. Deshalb ist es auch nur platt, wenn OB
Christian Ude den städtischen Sektempfang mit der Begründung verteidigt, so den
Herren Militärs ins Gewissen reden zu können. Schließlich hörte ihm schon im
letzten Jahr niemand zu. Der Amateur-Kabarettist Ude hat das nicht verkraftet
und sucht eine neue Bühne. Die wird am nächsten Samstag am Odeonsplatz stehen,
wenn Ude gegen den Krieg spricht, aber selbstverständlich für die NATO und die
Bundesregierung. Wie viele MünchnerInnen dann an seinen Lippen hängen, bleibt
abzuwarten. Jedoch ist jetzt schon klar, dass sie die Spielregeln nicht so ganz
verstanden haben.
Wer gegen Krieg ist, aber nicht gegen diejenigen, die Krieg führen; wer "globale
Krieger" militärisch absichert und schützt, damit sie ungestört morden und
bomben können; wer Bundeswehrsoldaten beurlaubt, damit sie sich im Irak an
Kampfeinsätzen beteiligen können, ohne dass lästige, die Öffentlichkeit
beunruhigende Bundestagsbeschlüsse dies erst absegnen müssen; wer für Frieden
demonstriert, um damit "unsere Regierung in ihrer ablehnenden Haltung zu
bestärken". All diejenigen stehen mittendrin in unserer Gesellschaft. In München
genauso wie in jeder anderen deutschen Stadt.
Der globale Krieg der NATO-Staaten
Ob man diese Gesellschaft nun "kapitalistisch", "zivilisiert" oder "entwickelt"
nennt, spielt keine Rolle. Es ist schlicht und einfach die Gesellschaft, in der
wir leben und die von der NATO - unter Vorherrschaft der USA - militärisch
abgesichert wird, und dies im Kosovo, in Afghanistan und im Irak. Welche Motive
genau die verschiedenen Regierungen dazu bringen, Milliarden Dollar oder Euro
für ihre nationalen Kriegslogistiken auszugeben, ist zweitrangig. Sie tun es.
Die deutsche Regierung genauso, wie die US-amerikanische oder die französische.
Die einen mehr, die anderen weniger. Und sie alle tun es, um "ihre nationalen
Interessen" zu verfolgen, die letztendlich unsere wohlstandsträchtige
Lebensweise - auch hier in Deutschland - ermđ6glichen und sichern. Deshalb ist
es schon richtig, von einer "Sicherheitskonferenz" zu sprechen, wenn in München
Militärstrategen und Politiker die Welt von Morgen planen. Diese "Sicherheit"
schließt zwar den Großteil der Weltbevölkerung aus, aber aus einem
eurozentristischen Blickwinkel heraus kann man das schon mal übersehen.
Robert Kurz bezeichnet die NATO in seinem Buch "Weltordnungskrieg" als
"politisch-militärischen Rahmen der Pax Americana und der in dieser Epoche
krisenhaften Globalisierung des Kapitals". Zwar gibt es innerhalb dieses Rahmens
"Irritationen". Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die NATO - und
damit ihre Mitgliedsstaaten - die Weiterexistenz des kapitalistischen Systems
und die Dominanz der "Ersten Welt" sichert.
Am Samstag, dem 8. Februar, beginnt in München am Marienplatz die
Auftaktkundgebung zur Demonstration gegen die NATO Sicherheitskonferenz, gegen
Krieg, Kapitalismus und Militarismus. Trotz der durch die Bündnisverhandlungen
zum Teil erheblich aufgeweichten Positionen wird dort versucht, den Zusammenhang
zwischen Krieg und Kapitalismus deutlich zu machen. Die
NATO-Sicherheitskonferenz steht symbolisch für diesen Zusammenhang, ein
symbolischer Widerstand ist deshalb die richtige Antwort. Welche Rolle die
bayerischen Wasserwerfer dabei spielen werden, ist noch unklar.
"Sicherheit mit Risiko"
Unter diesem Motto lädt der Veranstalter der NATO-Sicherheitskonferenz, Host
Teltschik, am 8. Februar um 18 Uhr, zu einer Podiumsdiskussion im "Alten
Rathaus" ein. Das Podium dieser "Mobilisierungsveranstaltung" FÜR die
NATO-Sicherheitskonferenz spricht für sich, neben OB Ude und der oliv-grünen
Bundesvorsitzenden Angelika Beer, sitzt dort kein geringerer als einer der
größten deutschen Kriegstreiber, Klaus Naumann.
Diverse Äußerungen des ehemaligen Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses und
Generalinspekteurs a.D. der Bundeswehr machen offensichtlich welch Geistes Kind
Naumann ist: ,,Nicht mehr das Höchstmaß an Effizienz der Vernichtung bestimmt
die Dosierung militärischer Macht, sondern die Absicht, so wenig Menschenleben
wie möglich zu verlieren." oder ,,Nationales Interesse ist grundsätzlich weiter
gefasst als Schutz der eigenen Bevölkerung oder des eigenen Staatsgebietes."
Dafür brauche man den Soldaten, ,,der auch fern der Heimat versucht, Krisen von
seinem Land fern zuhalten, das während seines Einsatzes weiter im Frieden lebt",
so Naumann 1999 nach dem Kosovo-Krieg.
Nicht genug, offenbart er am 18. Juli 2001 seine faschistische Gesinnung in
einem Interview mit dem rechtsextremistischen Verlautbarungsorgan "JUNGE
FREIHEIT": "Ein bisschen mehr Patriotismus würde in diesem Land nicht schaden" ,
fordert Naumann. Leider würde, wer "mit den besten Absichten" seinen Stolz
bekenne, "ein Deutscher zu sein", von "einigen Übereifrigen gelegentlich sofort
in die rechte Ecke verbannt werden", kritisierte er.
Grund genug diese öffentliche Propaganda-Veranstaltung für Krieg und
Militarisierung nicht ungestört über die Bühne gehen zu lassen. Karten gibt es
im Service-Zentrum der SZ, Sendlinger Straße 8. Zudem ist auf dem Marienplatz
eine Gegenkundgebung geplant!
Pressegruppe - Bündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz
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