Gelsenkirchen: Antifademo am 5. April
Eine Veranstaltung im Rahmen der 'we will rock you tour' -Kampagne gegen
Nazimusik
der antifa.nrw
Demo am 05. April um 12h
Gelsenkirchen-Horst - Fischerstraße
Infos: http://www.antifa-nrw.de und http://www.no-nazis.de
VIKINGSHIP VERSENKEN,
RUHRPOTT CLASSIC DICHTMACHEN!
GEGEN NAZILÄDEN VORGEHEN!
Seit mittlerweile über 5 Jahren existiert in Gelsenkirchen-Horst der
Neonaziladen "Vikingship". In dem Nachfolgeladen von Reinhard Stachs
"Reinhards Joppeneck" (ebenfalls in GE-Horst), der mittlerweile von Dennis
Stach geführt wird, werden Acessoires für die gesamte Rechte verkauft. Neben
einem umfangreichen Rechtsrock-Angebot und Propagandamaterial werden vor
allen Dingen Kleidungsartikel geführt. Die hauseigene Marke "Vikingship"
(als Aufdruck auf Bomberjacken, Caps und Pullovern) erfreut sich bei
Neonazis, gerade in Gelsenkirchen, enormer Beliebtheit. Auch das Angebot von
Pullis und Jacken mit der Aufschrift "Kampfhund" (gefolgt vom jeweiligen
Städtenamen) findet im ganzen Ruhrgebiet Beachtung. Wem bis jetzt noch kein
Bezug zur neonazistischen Szene aufgefallen sein sollte, dürfte ein Blick
auf die Pin- und Aufnäherkollektion überzeugen. Es werden unter anderen
Aufnäher mit der Aufschrift "White Power", "Ian Stuart" (der verstorbene
Sänger der englischen Naziband "Screwdriwer" und Mitbegründer von "Blood and
Honour") und Pins mit der Reichskriegsflagge, "My blood is my honour, my
race is my pride" und der Zahlenkombination "88" (steht für "Heil Hitler")
angeboten. Alles, was das nationale Herz begehrt! Neu in das Angebot
aufgenommen wurden Pullover mit der Stickerei "Ruhrpott Classic". Das
"Ruhrpott Classic" ist eine seit Herbst/Winter 2002 existierende Nazikneipe
am Nordsternpark in Gelsenkirchen-Horst, die vornehmlich von Personen aus
der Gelsenkirchener Nazi- und rechten Rockerszene besucht wird. Sowohl die
Aufmachung der Kneipe, so ist unter anderem eine Hitlerbüste mit
aufgeklebtem Bärtchen hinter der Theke zu sehen, als auch die deutlich als
Nazis erkennbaren Gäste sprechen eine deutliche Sprache. Der "Vikingship"
kann sich über regen Zuspruch freuen. Neben Gabbers, Naziskins und Rockern
hat sich auch unter anderem der bekannte Dortmunder Neonazi Siegfried
Borchardt schon dort eingefunden und auch Nazis aus den Niederlanden ist der
Vikingship ein Begriff. Schlimm genug, dass sich Nazis aus der ganzen Region
an diesem Ort sammeln, beunruhigend ist aber auch, dass viele jüngere
Jugendliche, von den Videospielen im Schaufenster angezogen, mittlerweile
zum Publikum dieses Laden zählen. Während ein anderer Laden Reinhard Stachs
in Essen (Joppeneck II) nach erfolgreichen Protesten geschlossen wurde, regt
sich gegen den Vikingship trotz des offensichtlichen rechtsextremen
Hintergrund bis dato keinerlei nennenswerter Widerstand.
In Gelsenkirchen ist für jeden Platz... Diese Situation läßt sich auf ganz
Gelsenkirchen übertragen. Immer wieder kommt es vor allem in den nördlichen
Stadtteilen zu Naziübergriffen. Erst vor einigen Wochen griffen mehrere
Nazis in Hassel Schüler der Realschule Mühlenstrasse an. Dieser Fall sorgte
auch in der Presse für Aufsehen, da Strafanzeige gegen die Rektorin
erstattet wurde, weil diese die Betroffenen nicht mehr ins Schulgebäude
gelassen hat. In Scholven und Westerholt fallen rechtsextreme Jugendliche
dadurch auf, dass sie wahllos Leute zusammenschlagen, in der Innenstadt
wurden Punks aus Häusern heraus mit Steinen beworfen. Auch eine
Elterninitiative, die sich aufgrund der Vorfälle gegründet hat, wurde massiv
bedroht. Nur wenige Fälle von rechter Gewalt werden in der Presse
veröffentlicht, beziehungsweise als solche dargestellt. Als zum Beispiel am
1.Mai 2002 ca. 20 Nazis am Bueraner Ehrenmal alternative Jugendliche, welche
zum Teil erhebliche Verletzungen erlitten, überfielen, wurde der Übergriff,
so wie auch vermehrte Auseinandersetzungen im Gelsenkirchener Stadtgarten,
als eine "normale Prügelei" zwischen "Punks" und "Skins" dargestellt. Auch,
dass sich im Oktober 2001 ca. 200 Nazis (darunter bekannte Neonazis aus dem
gesamten Ruhrgebiet) in Gelsenkirchen aufhielten, um an einem als
Geburtstagsfeier getarnten Nazikonzert teilzunehmen, störte anscheinend
nicht. Eine neuere Entwicklung zeigt sich anscheinend bei den
"organisierten" Nazis. So zeigten sich letztes Jahr schon rund 10 Nazis bei
einer Wahlveranstaltung der SPD und nach langer Zeit wurde am 1.9.2003 auch
wieder ein NPD-Stand in der Innenstadt organisiert. Auch bei
Friedenskundgebungen in der Gelsenkirchener Innenstadt anlässlich des evt.
anstehenden Irakkriegs waren die hiesigen Nazis vor Ort. So entrollten ca.
10-15 Nazis am 10.2. und am 15.2. ein Transparent mit der Aufschrift
"Frieden für Deutschland Keine Stimme den Kriegsparteien" welches ihnen
durch das beherzte Eingreifen von AntifaschistInnen entrissen werden konnte.
Die vielen rechten "Fans" und Hooligans die man bei Spielen des FC Schalke
04 antrifft, werden nur noch peripher wahrgenommen, für die meisten
GelsenkirchenerInnen ist es mittlerweile normal Sprüche wie "Wir bauen eine
U-Bahn von Dortmund bis nach Auschwitz..." zu hören. Zwar versucht der
Verein "Problemfans" des Stadions zu verweisen, doch dürfte das nur den
geringsten Teil treffen und diese keineswegs davon abhalten sich am Bueraner
Busbahnhof oder am HBF aufzuhalten und ihre rassistischen, sexistischen und
antisemitischen Parolen zu grölen. Von Seiten von Stadt und Staat kann man
keine Hilfe erwarten. Zwar existiert eine "Demokratische Initiative gegen
Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie -
Gelsenkirchen", von einem Bündnis, bei dem es nach eigenen Angaben in
Gelsenkirchen "für jeden Platz" gibt, ist allerdings kein nennenswerter
Widerstand gegen die neonazistischen Strukturen in Gelsenkirchen zu
erwarten. Man muss damit rechnen, dass sich auch in Gelsenkirchen immer
stärker eine rechte Jugendkultur etabliert, dem gilt es entgegenzutreten.
The kids are not alright... ,Nazi‘ zu sein ist in Städten wie Gelsenkirchen,
Dortmund, Herten einfach in. Subkultur ist längst nicht mehr automatisch
links codiert, gegen das System oder die Gesellschaft zu rebellieren
bedeutet gegen Linke, MigrantInnen, Homosexuelle zu sein. Nationalismus hat
den entscheidenden Coolnessfaktor. Nicht zuletzt tatkräftig unterstützt
durch das ,neue‘ deutsche Selbstbewusstsein, welches beispielsweise durch
Debatten um alliierte Kriegsverbrechen, oder einer deutschen, oder
alt-europäischen, Friedensbewegung an die Oberfläche des gesellschaftlichen
Sumpfes gespült wird. Rechte Jugendkultur ist ein Zeichen der Zeit. Immer
häufigere, von der Polizei gegen AntifaschistInnen durchgesetzte
Nazi-Demonstrationen und Konzerte, auch im Ruhrgebiet, bieten hierbei den
nötigen Erlebnispark um die Attraktivität der Szene sicherzustellen.
Nazishops wie "Vikingship" befriedigen die nationalen Konsumbedürfnisse,
Kneipen wie "Ruhrpott Classic" garantieren soziale Treffpunkte. Die Szene
gleicht einer typischen, etablierten Subkultur, welche sich genauso aus
normalen Jugendlichen mit Baggy-Jeans und Landser Shirt, zu den ,Zillertaler
Türkenjägern‘ schunkelnden Prolls, und uniform gestylten Gabbergirls
zusammensetzt. Diese rechte Hegemonie wird jedoch nicht systematisch
hergestellt, sondern basiert eben auf einem Konsens zwischen diesen
verschiedenen jugendlichen Ausdrucksformen. Mit ihrem rebellischen Gehabe,
Rassismus und ‚Sozialdarwinismus‘, unterscheiden sie sich allerdings, bis
auf ihren offenen Gewaltfetisch, kaum vom Rest der deutschen Gesellschaft.
Soziale Ausgrenzung wird durch Aktivierungskonzepte gegen sogenannte
Sozialschmarotzer popularisiert, sämtliche Pläne zur weiteren
Diskriminierung von MigrantInnen erlangen in der Gesellschaft Akzeptanz.
"Wer nicht arbeitet, soll auch nicht fressen", so tönt es aus
sozialdemokratischer, konservativer und faschistischer Ecke. Man ist sich
einig, dass nur die am gesellschaftlichen Reichtum teilhaben dürfen, die ihn
verdient haben - die schaffenden, arbeitenden Deutschen. Rechtspopulisten
wie Schill in Hamburg müssen gar nicht auf Dauer Erfolg haben, der
Rechtsruck der Mitte der Gesellschaft ist genauso wenig zu kaschieren, wie
er ein neues Phänomen wäre, auch wenn Entwicklungen in Ausländer-
Sicherheits- oder Arbeitsmarktpolitik das suggerieren könnten. Nazis sind
dabei keine Fremdkörper in dieser Gesellschaft, sondern Avantgarde wie
Abfallprodukte zugleich. Zumindest seit dem Antifasommer 2000 ist es sogar
bis in die tiefsten zivilgesellschaftlichen Kreise durchgedrungen dass
"Nazis" irgendwie scheiße sind. Antifaschismus wurde, zumindest kurzzeitig,
staatliche Doktrin. Demonstrationen gegen Naziaufmärsche zum Beispiel
erlangten Volksfestcharakter und etablierten sich zum Happening der
"anständigen" Teile der Deutschen. Dass Staat und Gesellschaft in seltenen
Fällen, wie dem "Aufstand der Anständigen", auch mal mit aller
rechtsstaatlichen Härte gegen Neonaziorganisationen vorgehen und sich zu
Protesten gegen Naziaufmärsche hinreißen ließen, hängt lediglich damit
zusammen, dass man es nicht gut findet, dass Nazis gegen das staatliche
Gewaltmonopol verstoßen und so gänzlich undemokratisch morden. Man ist
besorgt über das Bild von den Deutschen im Ausland, doch schon kurz darauf
die moralische Empörung verpufft. Das Ende der Staatsantifakampagne dürfte
mit der Blamage im NPD-Verbotsverfahren eingeläutet worden sein, nachdem
bekannt wurde das zahlreiche Kader der Nazipartei bezahlte Angestellte des
Verfassungsschutzes waren. Das Konzept Antifa, ehemals aufgestellt um durch
Antifaschismus ,revolutionäre Politik‘ zu machen stürzte spätestens jetzt in
eine Sinnkrise, so wurde doch deutlich dass Nazis ohne Umstände ins Visier
des, in diesem Fall keineswegs scheinheiligen, Staatsantifaschismus
gelangten. Antifaschismus als Agitationsfeld für die radikale Linke wird
trotzdem, als hätte es das alles nicht gegeben, auch weiterhin als einfache,
aufklärerische ,Anti-Nazi‘ Arbeit begriffen, immer weiter in der Hoffnung
breite Bündnisse gegen Nazis zu erhalten. Dabei zeigt sich an beispielsweise
der Debatte um alliierte Kriegsverbrechen im ,Bombenkrieg gegen Deutschland‘
oder der Begeisterung mit der Bücher, wie Kommentare von Autoren wie Grass
oder Walser derer revanchistischen Potentials zu Vertreibung und
Antisemitismuskeule aufgenommen werden, wo Intervention eigentlich notwendig
wäre. Passende Gegenstrategien sind also einzig und allein im Bündnis mit
solchen Gruppen zu suchen, welche sich nicht blind einer nationalistischen
Friedensbewegung oder anderen Deutschland-Apologeten gegenübersehen, und
eben nicht Aufklärung da fordern, wo Angriff die beste Verteidigung wäre,
wie im Fall ,Vikingship‘ bzw. ,Ruhrpott-Classic‘. Hier ist in erster Instanz
direkte Gegenwehr gegen den braunen Straßenmob notwendig.
Mit der Demonstration in Gelsenkirchen wollen wir ein deutliches Zeichen für
eine linke Bewegung setzen, die sich gegen jeden nationalen Konsens
abzugrenzen weis. Wir demonstrieren gegen die rechte Hegemonie und für ein
selbstbestimmtes Leben ohne Volk, Staat und Kapitalismus, weil wir wissen,
dass das eine nicht ohne das andere abzuschaffen ist. Linke Gegenkultur und
radikale Kritik der kapitalistischen Zustände sind das beste Konzept,
Deutschland ins Visier zu nehmen und die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen.
Revolution is the only solution! Faschistische Strukturen aufdecken und
angreifen - "Vikingship" versenken, "Ruhrpott Classic" dichtmachen! Für eine
starke und kritische, linke Jugendkultur ohne Deutschland!
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