Ennepetal: Demoaufruf 10.5.03 | Kein Raum der Nazimusik
Im Rahmen der Kampagne „We will rock you – kein Raum der Nazi-Musik“
antifaschistischer Gruppen aus NRW findet am 10.05.2003 um 12 Uhr ab dem Ennepetaler
Bahnhof eine Demonstration gegen den Naziladen „Ranger Streetwaer“ und
rechtsradikale Strukturen in Ennepetal statt.
In Nordrhein-Westfalen ist in den letzten Monaten eine drastische Zunahme an
Neonazi-Aktivitäten im kulturellen Bereich zu verzeichnen; so fanden im
letzten Jahr fast monatlich Rechts-Rock-Konzerte mit bis zu 1.300 BesucherInnen
statt.
Solche Konzerte wie auch die massenhafte Verbreitung von Tonträgern aus den
unterschiedlichsten Musikrichtungen mit rechtsextremen Texten, mit
rassistischer und antisemitischer Hetze sind mehr als eine Freizeitbeschäftigung
Jugendlicher. Musik bietet weit besser als langweilige Flugblätter und trockene
Reden die Möglichkeit der Agitation und der massenhaften Verbreitung
rechtsextremer Ideologien. Lifestyle, Trademarks, subkulturelle Codes vermitteln
Identität, Rebellion, und ein Wohlfühlen in der Gruppe. Diese kollektive Identität
äußert sich in letzter Konsequenz in der gemeinsamen Jagd auf MigrantInnen,
Homosexuelle, Punks und Andersdenkende. Rechts-Rock ist damit die Begleitmusik
zu Mord und Totschlag.
Innerhalb dieser Kampagne ist es uns deshalb daran gelegen sowohl kulturell
als auch in der direkten Aktion der Dominanz neonazistischer Jugendkultur
etwas entgegenzusetzen. Rechtsextreme Strukturen müssen aufgedeckt, Vertriebe
und Läden, die rechtsextreme Musik oder Klamotten oder sonstige Propaganda
verbreiten geschlossen, Konzerte verhindert und eine linke Jugendbewegung
unterstützt werden.
Wir wollen aber auch verdeutlichen, dass die Kampagne gegen Nazimusik nicht
unser letztes Wort ist. Antifaschismus darf sich nicht im Abarbeiten an
Nazistrukturen erschöpfen. Es gilt auch in der direkten Aktion gegen
neonazistische Strukturen an einer fundamentalen Kritik von Volk, Staat und Kapital
festzuhalten. Rassismus und Nationalismus und Antisemitismus sind kein Phänomen
glatzköpfiger Schlägerbanden, sondern Teil der alltäglichen deutschen
Verhältnisse. Aufklärung über Nazistrukturen schlägt da fehl, wo Walser im Bücherregal
steht und Möllemann im Kopf ist.
Ennepetal, wir kommen!
Erschreckenderweise ist das Auftreten von Neo-Nazis nunmehr auch in NRW
verstärkt zum Alltag geworden. Das beschauliche Ennepetal im Ennepe-Ruhr-Kreis
bildet da keine Ausnahme; im Gegenteil: so kam es die letzten Monate immer
wieder zu Pöbeleien und Übergriffen von Nazis auf MigrantInnen und
Anders-Denkende. Ennepetal und Umgebung scheint ein angenehmes Plätzchen für die Nazis zu
sein. Nicht umsonst sind hier ausgeprägte Strukturen zu finden und nicht
umsonst lassen sich Nazis vor allem aus Hagen hier nieder.
Indizien für die oben genannten Nazi-Strukturen in Ennepetal, deren
Hauptträger unter anderem Marcel Ingignoli, Marc vom Ort, Michael Müller und Ronald
„Ozzy“ Guziewsky sind, gibt es zuhauf. So fanden in den vergangenen Jahren
u. a. diverse Nazikonzerte und Partys im Ennepe-Ruhr-Kreis statt (siehe WR
vom 29.04.01 Lokalausgabe Schwelm „Nazis feierten unter Tarnung“ und WR vom
12.03.02 Lokalausgabe Ennepetal „Nazi-Feier als Geburtstagsfete getarnt“).
Nicht unbedeutsam ist auch, dass Marc vom Ort , Michael Müller und Ronald
„Ozzy“ Guziewsky (alle I.d.w.A. = Initiative der weißen Art) die bundesweit
bekannte Rechts-Rockband „Oidoxie“ in Form von Saalschutz unterstützen. Ozzy
und Marc vom Ort sind in der letzten Zeit bereits mehrmals in Erscheinung
getreten. So organisieren die beiden Nazi-Aufmärsche zu verschiedensten Themen,
u.a. in Schwelm, Hagen, Gevelsberg und Ennepetal. Vom Ort ist bereits mehrmals
verurteilt worden: Betrug, Körperverletzung, Verbreitung von
Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen. So meldete er eine Demonstration mit
Konzert an der Wewelsburg (Kultstätte der SS) unter dem Motto „Ruhm und Ehre
der Waffen-SS“ an. Spielen sollte, man kennt sich ja so gut: Oidoxie.
Rechtsrock-Begleitmusik zu Mord und Totschlag
Rechtsrock hat sich zu einem der wichtigsten Ideologieträger für die extreme
Rechte, insbesondere für die Neonaziszene entwickelt. Mit Konzerten, Musik
und „Lifestyle“ , das hat die rechte Szene erkannt, ist es sehr einfach ihre
menschenverachtende Ideologie zu vermitteln und so vor allem unorganisierte
rechte Jugendliche, sowie SympathisantInnen an sich zu binden. Manfred Rouhs,
Kölner Neofaschist, hat dies in „Europa Vorn Spezial“, Nr.6, Sommer 1993
folgendermaßen beschrieben: „Gut gemachter Rechtsrock kann helfen, Menschenmassen
wenigstens oberflächlich im patriotischen Sinne zu politisieren. Ist es uns
gelungen, eine Fuß in die Tür des öffentlichen Bewusstseins zu stellen,
werden wir die Pforten bald weit öffnen für unsere in eine bessere Zukunft
weisende politische Alternative zu Marxismus und Liberalismus [...] Hat der
Jugendliche erst einmal an Bands, die patriotische Motive in ihren Texten verarbeiten
gefunden, dann fragt er möglicherweise nach Mehr, nach dem Woher und Warum
des Nationalismus. Das ist der Moment, in dem wir [...] zuschlagen, ihm
Inhalte und Kontakte bieten müssen.“
Eine wichtige Rolle hierbei spielt der in Sprockhövel ansässige
„Ohrwurm“-Versand von Marcel Ingignoli, für den auch schon in der neofaschistischen
„Westdeutschen Volkszeitung“ geworben wurde. Bereits im Januar 1999 hatte die
Polizei die gesamte Kundenkartei dieses Versandes beschlagnahmt. Der Versand,
gegen den bereits in der Vergangenheit ermittelt wurde, vertreibt neben
Musik-CDs aus der rechten Skinhead-Szene auch Aufkleber, Aufnäher und Bekleidung für
Skinheads. Seit dem Herbst 1999 unterhält der Betreiber auch den in der
Fußgängerzone von Ennepetal-Milspe beheimateten Szeneladen „Ranger Streetwaer“.
Mithilfe dieses Ladens, der ein wichtiger Stützpunkt für die ortsansässige
Naziszene ist, versucht Ingignoli nun auch direkten Kontakt zu
sympathisierenden Jugendlichen aufzubauen. CDs mit Musik neofaschistischer Skinhead-Bands
sollen in diesem Laden nicht verkauft werden. KundInnen mit einschlägig rechtem
Musikgeschmack bietet Marcel Ingignoli aber an, einfach zum naheliegenden
Versandgeschäft zu fahren und sich dort CDs anzuhören bzw. abzuholen.
Auch im nahe gelegenen Gevelsberg versucht Ingignoli mit dem Szeneladen und
Piercingshop „Stahlgalerie“ (ehemals „Attacke 88“) Fuß zu fassen. Über den
mittlerweile nur noch im Internet erreichbaren Versandhandel „Attacke 88“ ( 88
als szenetypische Abkürzung für „Heil Hitler“) kann der oder die
Interessierte Neonazi Kleidung mit Ku Klux Klan Motiven, Baseballschläger und „White
Power“ Anstecker sowie Musik von neonazistischen Bands erwerben.
Das fast vollständige Fehlen antifaschistischen Widerstandes und die
Gleichgültigkeit dieser Stadt und vieler ihrer BewohnerInnen gegenüber dem - seit
Jahren existierenden Naziproblem -führt dazu, dass sich Nazistrukturen beinahe
ungestört „entfalten“ können. Wo ansonsten der Dorffriede gehegt und gepflegt
wird, können Nazis einhellig unbehelligt einkaufen, arbeiten und Menschen
jagen. Widerstand gegen diese Entwicklung wurde meist von außerhalb der
Stadtgrenzen nach Ennepetal getragen. Und wir werden auch dieses Mal wieder
versuchen den Frieden zwischen Spießbürgern und Neonazis zu stören.
Wir rufen deshalb dazu auf, den Nazis in Ennepetal direkt entgegenzutreten.
Schließen wir den Ranger-Laden und bringen den Ennepetaler Frieden zum
Tanzen.
-KEIN RAUM DER NAZI-MUSIK – FÜR DIE SOFORTIGR SCHLIESSUNG DES „RANGER
STREETWAER“ LADENS!
-AUFRUHR IM HINTERLAND – NAZISTRUKTUREN IM ENNEPE-RUHR-KREIS ZERSCHLAGEN!
-UNTERSTÜTZT DIE KAMPAGNE „KEIN RAUM DER NAZIMUSIK“!
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Veranstaltungshinweis "RechtsRock -Bestandsaufnahme" am 7.5.03 im Haus
Ennepetal, Ennepetal
7. Mai 2003, 19.30 Uhr, Haus Ennepetal, Gasstraße, Ennepetal, Eintritt frei
RechtsRock – Eine Bestandsaufnahme
RechtsRock – Musik mit rassistischen, antisemitischen und häufig offen
neonazistischen Botschaften – ist zu dem wohl wichtigsten Ideologieträger
der
extremen Rechten geworden. Als Teil einer rechten Alltagskultur ist
RechtsRock
längst in der ‚Mitte’ der Gesellschaft angekommen. Extrem rechte Musik- und
Jugendkultur geht heute zudem nicht mehr ausschließlich mit Glatze,
Bomberjacke
und Schnürstiefel einher. Längst schon existieren nicht mehr nur rechte
Skinhead-Bands, sondern RechtsRock findet sich heute auch in vielen anderen
Musikstilen und –Szenen, z.B. im Black Metal, Techno und Dark Wave. Selbst
im
HipHop sind heute rechte Texte und eine fehlende Abgrenzung nach rechts
anzutreffen.
Und RechtsRock ist mehr als nur ein verlesenes Flugblatt oder eine vertonte
Parteirede. Die Bands etablieren um sich eine eigene Lebenswelt und prägen
einen eigenen Lifestyle.
Eine derartige Entwicklung spiegelt sich auch im Aktivitätsgrad der
nordrhein-westfälischen Neonazi-Szene wieder. Auch hier ist eine drastische
Zunahme
an Aktivitäten im RechtsRock-Bereich zu verzeichnen. Nahezu jeden Monat fand
2002 irgendwo in NRW ein Konzert statt – mit bis zu 1.500 TeilnehmerInnen.
Und
der Trend hält an. Hinzu kommt eine stärkere Einbindung von RechtsRock-Bands
in explizit politische Aktionen, wie z.B. neonazistische Demonstrationen.
Einer der Herausgeber des Mitte Dezember 2002 erschienenen Standardwerkes
„RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategien“ (ISBN 3-89771-808-1)
wird
auf der Veranstaltung einen Überblick über den Komplex der rechten Musik
geben. Im zweiten Teil wird ein Referent des „Antirassistischen
Bildungsforums
Rheinland“ (ABR) die für die hiesige Region relevanten RechtsRock-Projekte
und
deren Eingebundenheit in die neonazistische Szene unter die Lupe nehmen.
Hier
ist zum einem das RechtsRock-Reich von Marcel Ingignoli hervorzuheben, zu
dem
zwei Läden in Ennepetal und Gevelsberg, ein Label und mehrere
Versände/Vertriebe zählen. Zum anderen spielt die Dortmunder Band „Oidoxie“
in der Region
eine wichtige Rolle. Vor gar nicht langer Zeit unterhielt diese Band bzw.
ihr
nahes Umfeld mit „Oidoxie-Records“ sogar einen eigenen kleinen Versand nebst
Label mit Postfach-Adresse in Ennepetal.
Veranstalter: Antifa Hagen [Eine Veranstaltung im Rahmen der Kampagne „Kein
Raum der Nazi-Musik“ ( http://www.antifa-nrw.de/rero )],
MenschEN gegen Rechts Ennepetal
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