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Görlitz: Sich erinnern heißt Partei ergreifen - Deutsche Täter sind keine Opfer!

Der 17.Juni steht vor der Tür und wie in den Jahren zuvor kann man sich wieder folgendes Szenario für Görlitz vorstellen: Die CDU wird im Zusammenspiel mit der Stadt Görlitz eine öffentliche Kundgebung halten und bekannte Neonazis werden daran teilnehmen. Alles nicht so schlimm, mag man jetzt vielleicht denken, die Redner der CDU und der Stadt geben sich ja betont weltoffen und sprechen sich ja immerhin gegen “Extremismus” aus. Doch da fängt das ganze Desaster schon an.

Der 50. Jahrestag wird es in diesem Tag werden, 50 Jahre 17.Juni 1953, dem Tag, an dem sowjetische Truppen einen fast flächendeckenden Arbeiteraufstand in der DDR blutig niedergeschlagen hatten. Gerade für die sächsische CDU findet sich eine Kontinuität zwischen dem Aufstand für "Demokratie" 1953 und der "friedlichen, demokratischen Revolution" 1989. Da sei das schon 1953 geäußerte Ziel der Wiedervereinigung umgesetzt worden. Die BürgerInnen der DDR hätten 40 Jahre unter der stalinistischen Diktatur gelitten. Dies trifft in zweierlei Hinsicht nicht zu: zum einen waren viele BürgerInnen aktiv am Regime der SED beteiligt, zum anderen nutzt die CDU die Rede von der "stalinistischen Diktatur" zu einer totalitären und revisionistischen Umdeutung der Geschichte.

Die völlig verschiedenen Systeme des Nationalsozialismus und des Stalinismus werden plötzlich vergleichbar, waren doch beide "Diktaturen". Damit werden die Schrecken und Verbrechen, des Nationalsozialismus verharmlost und relativiert. Für die CDU jedoch steht der Feind nach wie vor "links", mag kommen, was will und wider jeder Realität.

Der Schulterschluss mit Neonazis fällt dann nicht schwer. Auch sie sind an einer revisionistischen Umdeutung der Geschichte interessiert. A la, was der Führer machte, war nicht gut, aber er war ja nicht der einzige zu dieser Zeit. So werden oft die direkten Folgen für die Nazi-Deutschen während oder nach dem Nationalsozialismus als direkte Vergleichsgrundlage hinzugezogen, seien es nun die Benes-Dekrete, der 13.Februar 1945 in Dresden oder die Flucht der Deutschen vor der Roten Armee, um den NS wiederum zu egalisieren. Dabei wird nicht vermieden eine ekelhafte Volksgemeinschaft zu betonen, die sich auch aktuell zum Beispiel im sog. Zuwanderungsgesetz oder der rassistischen Asylgesetzgebung wiederfindet.

Gegen Extremismus, sowie von links als auch von rechts, wird sich in einer totalitären Art und Weise äußern, die in vielen Städten dominierend ist. War es vor drei Jahren, also zu sog. Ära des „Aufstands der Anständigen“, noch chic und sogar erste Bürgerspflicht sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu positionieren, so scheint der 17.Juni ein Tag zu sein, an dem davon nichts mehr zu spüren ist. Vor drei Jahren, am 17.Juni 2000 marschierte in Görlitz unbehelligt die NPD auf, antifaschistischer Widerstand wurde kriminalisiert und von der aggressiv auftretenden Polizei weitestgehend verhindert, die Stadt begnügte sich mit platten Missfallensbekundungen, wie es viele Städte in dieser Situation machen würden. Da beginnt das Problem. Der 17.Juni ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer des DDR-Regimes und die Neonazis machen ja im Prinzip lediglich das gleiche, nur wie man zugeben muss, auf einem ganz anderen Level. Die Stadt Görlitz hat es nicht geschafft, sich entschlossen gegen den Aufmarsch zu stellen und hat damit ihr moralisches Grab schon geschaufelt. Es ist nicht hinzunehmen, dass Neonazis, gerade aufgrund der Ereignisse im Nationalsozialismus, am öffentlichen Gedenken teilnehmen dürfen, überhaupt öffentlich auftreten dürfen. Verantwortungsträger wie der Görlitzer Kulturbürgermeister Ulf Großmann (CDU) hatte an diesem Tag nur eine Auffassung: "Die unter dem 17. Juni 1953 zu leiden hatten, ehren wir am besten, wenn wir diesen Tag nicht extremen politischen Auffassungen opfern".

Gerade in einer künftigen, oder besser gesagt selbsternannten Kulturhauptstadt, die nach Außen nur so vor Weltoffenheit strotzen soll, ist dies jedoch nur Schein. Denn Görlitz ist keine Insel im Meer des Rechtsextremismus, die letzten Monate haben das leider viel zu oft bewiesen. Viel zu viel Einschlägiges ist passiert. Mitte Januar wurden in einer Nacht mind. 3 Leute durch eine Neonazigruppierung angegriffen und verletzt. Anfang Februar wurde das Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus geschändet, Mitte März die Görlitzer Synagoge. Bei einem Fußballspiel des NFV09 gegen Dynamo Dresden am 30.03.2003 wurde die rechte Parole “USA – Internationale Völkermordzentrale” von Seiten des NFV09-Blocks gerufen, im Stadion sollen sich Hunderte Neonazis versammelt haben, eine Irak-Flagge war zu sehen. Weitere Fälle würden die lose Aufzählung lediglich weiterführen.

In Dresden hat die NPD-Sachsen einen Aufmarsch für den 14.06.2003 angemeldet und die Ereignisse auf offiziellen 17.Juni-Veranstaltungen in Dresden sind ähnlich. Im letzten Jahr legten Rene Despang, der jetzt in Haft sitzende Ronny Thomas und weitere Neonazis Kränze nieder. Von einem Dissens zwischen den Anwesenden und den Neonazis war nichts zu spüren. In Görlitz half wohlbemerkt der Görlitzer NPD-Kader Michael Kubitzki zu gleicher Zeit Kulturbürgermeister Ulf Großmann beim Anbringen des Gedenkkranzes. Etwa 20 jüngere und ältere Neonazis nahmen an der offiziellen Veranstaltung der Stadt teil.

Es passt uns nicht wie heuchlerisch sich die Vertreter der Stadt und der CDU, allen voran Kulturbürgermeister Ulf Großmann (CDU) und Oberbürgermeister Rolf Karbaum (parteilos) über Neonaziaktivitäten im eigenen Nest äußern. Solange man sich totalitär äußert und Neonazis auf den öffentlichen Kundgebungen respektiert, wird es nur eine Frage der Zeit sein, dass neben den Kränzen der lokalen NPD auch die Kränze der Stadt/CDU in der Neiße gen Ostsee schwimmen.

Kein (öffentliches) Gedenken mit Neonazis!
Naziaufmarsch am 14.06.2003 in Dresden verhindern!

Antifa Görlitz @  http://www.ostsachseninfos.tk

 

26.05.2003
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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