nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

Berlin: Gelöbnix-Aufruf der ALB: Das Bundeswehrgelöbnis am 20. Juli stören!

GelöbNIX7 am 20. Juli in Berlin:

Wie jedes Jahr trifft sich am 20. Juli 2003 die
Bundeswehr zu ihrem wichtigsten Selbstdarstellugsakt:
der feierlichen Vereidigung neuer Rekruten im
Bendlerblock in Berlin-Tiergarten. Die Proteste gegen
diesen Festakt haben es im Laufe der Jahre geschafft,
dass das Gelöbnis nicht mehr auf öffentlichen Plätzen
der Stadt stattfinden kann. Das soll so bleiben. Denn
wir sagen: Soldaten sind immer noch Mörder!

Da nützt auch der Versuch nichts, der Bundeswehr ein
neues Image zu verschaffen, indem die Vereidigung
dieses Jahr auf den 20. Juli – der Tag des Attentats
auf Hitler durch konservative Militärs – gelegt wurde.
Auch der Ort trieft vor historischer Anlehnung: im
Bendlerblock wurden eben jene Attentäter um den
Offizier Stauffenberg hingerichtet. Diese Art der
Präsentation passt nicht zufällig genau in das Gesicht
des »neuen« Deutschland: mit rot-grüner Regierung als
glaubwürdigem Siegel demokratischer Gesinnung kann man
sich der Geschichte entledigen, lässt sich massiver
Sozialabbau durchsetzen, werden neue Kriege geführt;
kurz: die saubergewaschene »selbstbewusste Nation«
(Schröder) kann ihren Führungsanspruch in der Welt neu
formulieren.

Wir stellen uns gegen die Bundeswehr, die in der
geschichtlichen Tradition der faschistischen Wehrmacht
steht. Wir stellen uns gegen die Bundeswehr als das
Instrument des deutschen Staates, um seine Interessen
in der Welt militärisch durchzusetzen. Wir stellen uns
gegen jede Armee, die gewaltsam staatliche Interessen
im kapitalistischen Konkurrenzkampf durchsetzt. Denn
dieser Kampf um Ressourcen, Macht- und Einfusssphären
bedeutet für immer mehr Menschen Ausbeutung,
Verelendung und Krieg.

HEGEMONIAL USA
Mit dem Wegfall der Blockkonfrontation 1989 sind
militärische Aktionen wieder zum normalen
außenpolitischen Mittel westlicher Staaten geworden.
Aus dem Zusammenbruch des Ostblocks ging der Westen,
insbesondere die USA, als »Sieger« hervor. Die
einsetzende Globalisierung und Vereinheitlichung des
Weltmarktes schufen neue internatonale Macht- und
Konkurrenzverhältnisse. Eine Neuaufteilung der Welt
ohne die Hürde der atomaren Bedrohung des Kalten
Krieges war möglich geworden. So steht das
USamerikanisch-europäische Verhältnis zunehmend unter
dem Zeichen der ökonomischen und politischen
Konkurrenz.

Die taktische Allianz im Kampf gegen den Kommunismus,
deren unmittelbarer, praktischer Ausdruck das
militärische Bündnis NATO darstellte, ist längst
aufgebrochen. Die ideologische Übereinkunft im
Schlagwort des westlichen »Krieges gegen den Terror«
entspricht nicht mehr gemeinsamen politischen
Interessen. Das Projekt EU gewinnt als souveräne Macht
immer mehr an Kontur, zu der eine eigenständige
Sicherheits- und Außenpolitik gehört.

So laufen die massiven Streitigkeiten innerhalb der
NATO entlang der Linie, die amerikanische und
europäische Führungsansprüche markiert. Die Schaffung
eines europäischen NATO-Headquarters in Brüssel
entspricht dem Auseinanderdriften der ehemaligen
Verbündeten, genauso wie der seit Jahren laufende
Aufbau einer eigenen europäischen Armee Ausdruck
dieses Verhältnisses ist. Deutschland und Frankreich
sind die treibenden Kräfte in diesem Prozess. Dies
ließ sich schon deutlich im Afghanistan-Krieg erkennen
und mehr noch im jüngsten Golfkrieg, als sich von
europäischer Seite immer stärkere Kritik an der
USamerikanischen militärischen Alleingangspolitik
formierte. Denn die Botschaft wurde richtig
verstanden: so ging es den USA neben direkten
Interessen wie der Kontrolle des Raumes des mittleren
und nahen Ostens um eine eindeutige
Machtdemonstration, die ihre hegemoniale Stellung in
der Welt und der Region unter Beweis stellte.

MILITARY EUROPE
Schon im Kosovo-Krieg zeichnete sich – insbesondere
von Deutschland ausgehend – das verstärkte Interesse
an einer europäischen Politik der militärischer
Intervention ab. Dies setzte sich in der Übernahme des
Mazedonien- und jüngsten Afghanistan-Mandats fort. Die
Diskussion um einen bevorstehenden Einsatz im Kongo
zeigt den Stand der europäischen Kriegspolitik. Die
deutsche Bundeswehr spielt eine zentrale Rolle im
Aufbau einer eigenen europäischen Armee und ist jetzt
schon mit Truppen in allen kriegerischen Konflikten
präsent, die eine internationale Rolle spielen.

Der vorgetragene Pazifismus gegen die
USamerikanisch/britische Invasion in den Irak
entsprach weniger einer Ablehnung von kriegerischer
Politik als zwei Ausgangspunkten: Zum einen setzten
insbesondere Frankreich und Deutschland ihre
ökonmischen Interessen im Nahen Osten mit
erfolgreicher Diplomatiepolitik durch. Zum anderen
galt es, die eigene militärische Schwäche zu
kaschieren und sie zumindest ideologisch als
Bekenntnis zum friedlichen »alten Europa«
auszuschlachten.

Ein verschleierndes Bekenntnis, dass die jahrhunderte
lange Geschichte der Kolonisierung und Ausbeutung
ausblendet. Und nur scheinbar paradox scheint es, wenn
sich aus heutigem Machtkalkül in die vielen
post-koloniale Kriege aktiv eingemischt wird oder sich
an ihnen eine goldene Nase verdient wird. Die Rhetorik
von »friedensschaffenden Maßnahmen«, »humanitärer«
Einsätze und Menschenrechten passt zum humanistischen
Gründungsmythos der europäischen Nationalstaaten und
ist direkt eingebettet in heutige Kriegsstrategien.

WARZONE CAPITALISM
Kriege werden nicht nur unter rein ökonomischen
Gesichtspunkten geführt. Nicht von ungefähr findet die
Diskussion um den ersten europäischen Militäreinsatz
im Kongo zu einem Zeitpunkt statt, an dem sich das
erste Mal in der postkolonialen Geschichte
afrikanische Staaten auf eine politisch-militärische
Zusammenarbeit und Koordinierung untereinander
festlegen. Auch die französische Intervention an der
Elfenbeinküste spricht für ein verstärktes Interesse
der militärischen Präsenz im afrikanischen Raum.
Zwar ist die Sicherung und Ausbeute rohstoffreicher
Regionen immer auch zentrales Moment, doch geht es
verstärkt um die Befriedung von Regionen, deren
Konfliktpotential die privilegierten Nationen
langfristig gefährden könnten.

So findet eine strukturelle Verschränkung bisheriger
»Entwicklungshilfe« und militärischer Politik statt,
die zum Ziel hat, die weltweiten Flucht- und
Migrationsbewegungen zu kontrollieren und in den
Elendsregionen zu binden. Genauso geht es um die
langfristige Sicherung geostrategischer Positionen,
wie zur Zeit am Raum des nahen und mittleren Ostens
beobachtet werden kann. Dahinter steht immer der
Versuch, möglichst kostengünstige Kontrollmechanismen
zu etablieren, die die jeweiligen Gesellschaften
befrieden sollen. Wenn dies nicht funktioniert, wie in
Afghanistan und nun dem Irak, kann die gewünschte
Ordnung nur mit noch mehr Militär gewährleistet
werden.

Zur Aufrechterhaltung seiner Produktionsbedingungen
braucht auch der globalisierte Kapitalismus stabile
Verhältnisse an den Orten der Produktion und
Ressourcenvorkommen. Länder und Regionen, die nicht
dazu gehören, sind aus dem Krieslauf der Verwertung
und damit Befriedung ausgeschlossen und sind bestimmt
über eine Bürgerkriegsökonomie, die keineswegs im
Widersruch zur Logik des globalisierten Kapitalismus
steht. Und doch stellen sie eine Gefährdung für den
reibungslosen Ablauf der Profitmaximierung der
Privilegierten dieser Welt dar. Um diese zu
garantieren, sind Polizeien, Geheimdienste und Armeen
als repressive Instrumente notwendig – nach innen wie
nach außen.

Und weil wir den Kapitalismus abschaffen wollen, da er
die dauerhafte Festschreibung barbarischer
Verhältnisse bedeutet, lehnen wir auch seine
Instrumente ab. Die deutsche Bundeswehr ist eines
davon.
Hau weg den Dreck!!

Antifaschistische Linke Berlin, Juli 2003


GelöbNIX-Demo: 20. Juli 2003, 16 Uhr Brandenburger Tor

Demo-Route: Brandenburger Tor / Pariser Platz,
Wilhelmstraße, Leipziger Straße, Potsdamer Platz,
Reichpietschufer zum Bendlerblock (dort Gelöbnis der
Bundeswehr um 18 Uhr)

mehr Infos:  http://www.antifa.de oder
 http://www.geloebnix.de

Kontakt:  mail@antifa.de

 

09.07.2003
Antifaschistische Linke Berlin   [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht