Berlin: Gelöbnis-Stören bleibt straffrei - Rechtswidriger Einsatz der Feldjäger
Gelöbnis-Stören bleibt straffrei
Rechtswidriger Einsatz der Feldjäger
Im Rahmen der Verfahren gegen Störer des Bundeswehr-Gelöbnisses am 20. Juli 1999 hat das Berliner Kammergericht der Strafverfolgung eine Absage erteilt und Kritik am Handeln der Feldjäger geübt.
Etwa 20 Gelöbnisgegner liefen, zum Teil halb entkleidet, auf den Gelöbnisplatz. Feldjäger der Bundeswehr nahmen sie unter Anwendung von zum Teil brutalem Zwang fest. Die Bundeswehr musste eine blamable Schlappe hinnehmen, da sich die Antimilitaristen trotz hoher Sicherheitsmaßnahmen Zugang zum Gelöbnis verschafft hatten. Die Bundeswehr erstattete Strafanzeige, entsprechende Gerichtsverfahren folgten.
Rechtzeitig vor dem diesjährigen Gelöbnis hat das Berliner Kammergericht in zwei Fällen eine Revisionsentscheidung getroffen, die aufhorchen lässt.
Eine Gelöbnisstörerin war 2001 vom Berliner Landgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, da sie eine „Versammlung" gestört habe. Das Landgericht stützte sein Urteil auf die Auffassung, dass das öffentliche Gelöbnis „insgesamt" als eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes zu werten sei. Dieser Auffassung erteilte das Kammergericht jetzt eine klare Absage. Es stellt fest, dass ein Gelöbnis „einem strengen militärischen Zeremoniell (folgt)". Es fehlen „dieser (Staats-)Veranstaltung die besonderen Kriterien, die eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes ausmachen". Weder diene sie der kollektiven Meinungsbildung noch der kollektiven Meinungskundgabe. Das Kammergericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Beschuldigte freigesprochen.
Im zweitem Fall hatte das Landgericht eine Geldstrafe wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" verhängt. Vorgeworfen wurde dem Angeklagten, in eine „Rangelei" auf der Gästetribüne verwickelt gewesen zu sein. Er soll sich dann gegen die Festnahme durch zwei Feldjäger gewehrt haben. Das Kammergericht hat erhebliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Handelns der Feldjäger geäußert. Nur unter besonders engen Maßstäben darf die Militärpolizei gegenüber Zivilpersonen unmittelbaren Zwang anwenden. Nur wenn „die Einsatzbereitschaft, die Schlagkraft oder Sicherheit der Truppe" gefährdet sei oder Straftaten gegen die Bundeswehr verübt würden, dürften die Feldjäger Zwangsmaßnahmen ergreifen. Dies aber habe das Landgericht nicht berücksichtigt. Eine bloße Rangelei böte keine Rechtsgrundlage für unmittelbaren Zwang. Das Kammergericht verwarf den Urteilsspruch und verwies das Verfahren an das Landgericht Berlin zurück.
Der Einsatz der Feldjäger gegen Kritiker und Störer dieses militärischen Mummenschanzes war rechtswidrig. Sämtliche Gelöbnisstörer haben gewaltfrei und phantasievoll dazu beigetragen, dem Gelöbnis die Würde zu nehmen.
Unsere Auffassung wurde nun höchstrichterlich bestätigt: Wer ein militärisches Zeremoniell zur Abrichtung und Einschwörung auf das Töten durchführt, muss Proteste ertragen.
Wir stören gern! Phantasievoll, gewaltfrei und straffrei!
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