Text: ES IST MOEGLICH WIDERSTAND ZU ORGANISIEREN?!
ES IST MOEGLICH WIDERSTAND ZU ORGANISIEREN?!
von "Widerstand ist machbar, Herr Nachbar!" - 04.09.2003 21:09
Inhalt:
0. Zum Verstaendnis des folgenden Textes
1. Einige Worte vorab
2. An die Menschen der "Szene"
3. Ich als Teil der Gesellschaft
4. Ausbrechen und Kennenlernen
5. Wir sind nicht allein
6. Netzwerke bilden
7. Die Geschichte von fuenf Freunden
8. ...und nun? was tun!
0. Zum Verstaendnis des folgenden Textes
Auch wenn von "ich" geschrieben wird, bedeutet das nicht, dass der Text nur
von einer einzigen Person waere. Auch wenn von "der Szene" geschrieben wird,
bedeutet das nicht, dass die AutorInnen - trotz radikaler Kritik an dieser -
nicht auch irgendwie Teil davon waeren. Dies wurde so gemacht, um den Text
einfacher lesbar zu machen und vor allem auch, weil wenn von "wir"
geschrieben wird, alle - also saemtliche Menschen in dieser Gesellschaft
(und weil sich der Text auf Deutschland bezieht, das nun ja leider immer
noch existiert, in diesem Falle alle Menschen, die in diesem Nationalstaat
leben) - gemeint sind.
Um auch die letzten Zweifel auszuraeumen: Die Kritik an "der Szene" beziehen
die AutorInnen auch - und vor allem - auf sich selbst. Davon ausgehend
leiten sie ab, anders handeln zu muessen und werden dies auch tun, Projekte
sind bereits am Entstehen. Deutschland wird als ein konstruierter
Nationalstaat, genauso wie alle anderen Staaten auch, von den AutorInnen
abgelehnt! Der Bezug darauf kommt dadurch zu stande, dass die AutorInnen
sich vor allem in diesem Nationalstaat bewegen und aktiv sind. Inwiefern
dieser Text auch auf die Gesellschaften anderer Staaten oder Kontinente
uebertragbar ist, ist nicht zu sagen.
1. Einige Worte vorab
Lange habe ich gezweifelt, ob ich all das niederschreiben soll, was du dir
nun vorgenommen hast zu lesen. Es schien mir zu unbedeutend - ein einzelner
Gedanke in einem einzelnen Kopf - zu wenig ausgereift, auf Kritik getestet
und durchdacht. Urteile selbst darueber und mache dir deine eigenen
Gedanken. Ich habe diese Gedanken veroeffentlicht, weil ich zu der
Einschaetzung gekommen bin, dass manche Zeiten zu ernst sind, um zu
schweigen und manche Auseinandersetzung zu wichtig, um sie nicht immer und
immer wieder von Neuem zu fuehren. Deshalb ist der Text hier bei Indymedia
auch nur als Erstveroeffentlichung zu verstehen - es werden kopierte
Versionen folgen. Hoffentlich nicht nur hier, sondern ueberall. Hoffentlich
nicht nur von den AutorInnen, sondern von allen. Hoffentlich nicht nur
dieser Text, sondern viele, die neue Ansaetze suchen.
2. An die Menschen der "Szene"
Wir schreiben das Jahr 2003. Es ist ruhig in Deutschland und es scheint
nicht viel zu passieren. Von der Regierung werden grundsaetzliche Rechte
abgebaut, Sozialleistungen gestrichen und gegen gesellschaftliche
Minderheiten gehetzt. Der Alltag ist von Propaganda bestimmt, die Menschen
scheinen sich nicht gross fuereinander, sondern nur fuer sich selbst zu
interessieren. Der Grossteil der Menschen ist unzufrieden mit ihrer
jeweilligen Situation, laesst sich jedoch einlullen von der Propaganda und
schiebt seine Probleme auf andere ab - meist ist es "der Auslaender", der
schuld sei oder auch mal "die Sozialhilfebetrueger", die mehr nehmen
wuerden, als ihnen zusteht. Es scheint nicht sehr viel Solidaritaet in der
Bevoelkerung zu geben.
Gleichzeitig existieren in Deutschland schon seit einiger Zeit kleine
Gruppen von Menschen, die sich selbst als anarchistisch, libertaer, autonom,
radikal, rebellisch oder wie auch immer bezeichnen. Es sind Menschen, die
sich wehren wollen gegen den Staat, die Repression, den Rassismus, den
Kapitalismus. Sie verstehen ihren Kampf als einen Teil der weltweiten
Kaempfe fuer eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrueckung. Diese
Zusammenhaenge nennen sich "linke Szene" oder auch manchmal "linksradikale
Szene". Ich werde sie - der Einfachheit halber - einfach "Szene" nennen. Die
kleinen Gruppen dieser Szene haben sich sehr isoliert vom Rest der
Gesellschaft und niemand scheint sie wirklich ernst zu nehmen. Neulich hat
die Szene mal wieder eine schallende Ohrfeige des deutschen Polizeistaates
erhalten, der die TeilnehmerInnen eines "antirassistischen Grenzcamps" in
Koeln gequaelt, geraeumt und propagandistisch zu "Chaoten" und "Kriminellen"
gestempelt hat. Die Entruestung in der Szene ist gross, es wird sich
aufgeregt ueber die Verhaeltnisse, den Staat, die Polizei und ueber die
Bevoelkerung, die das alles nicht zu interessieren scheint. Es gibt mal
wieder massig Material fuer Flugblaetter, Soli-Aktionen und Redebeitraege -
und die Abende in den Kneipen der Szene. Und waehrend sich die Szene damit
beschaeftigt, der Bevoelkerung zu vermitteln, wie ungerecht das alles doch
sei, die ganze Repression und Ueberwachung und sowieso das ganze System -
waehrenddessen bleibt es ruhig in Deutschland und es scheint nicht viel zu
passieren, ausser dass weiter grundlegende Rechte abgebaut, Sozialleistungen
gestrichen und gegen gesellschaftliche Minderheiten gehetzt wird.
Die Menschen der Szene bewegen sich auf einer abgehobenen "politischen
Ebene", die von der Lebensrealitaet der uebrigen Bevoelkerung meilenweit
entfernt ist und sie machen "politische Arbeit", die von ihrer eigenen
Lebensrealitaet meilenweit entfernt ist. Die Szene beschaeftigt sich mit
sich selbst und die "Realitaet", in der sie sich bewegt, hat mit dem Rest
der Menschen nicht viel zu tun. Mit ihren theoretischen Analysen und
Diskussionen glaubt die Szene von aussen auf die gesellschaftlichen
Entwicklungen schauen zu koennen, so als habe sie selbst nicht daran
teil.Weil aber der Ausbau des repressiven Staates immer drastischer wird,
immer mehr Grundrechte eingeschraenkt werden und sich das ganze soziale
Klima aufgrund neuer neoliberaler Regierungsstrategien verschaerft, ist es
hoechste Zeit, dass die Menschen, die sich in dieser Szene bewegen, endlich
akzeptieren, dass sie genauso Teil der Gesellschaft sind, wie alle anderen
Menschen auch. Es gibt kein ausserhalb! Es ist aller hoechste Zeit
Widerstand zu organisieren! Ansonsten bleibt es weiterhin ruhig in
Deutschland und es wird nicht viel passieren, ausser dass weiter
grundlegende Rechte abgebaut, Sozialleistungen gestrichen und gegen
gesellschaftliche Minderheiten gehetzt wird.
3. Ich als Teil der Gesellschaft
Widerstand erfordert Umdenken. Es ist wichtig, dass wir uns alle als
Menschen betrachten, die wir gemeinsam in einer Gesellschaft leben. Deshalb
muessen wir uns auch alle - und ich meine wirklich alle - miteinander
auseinandersetzen, wie unser Zusammenleben aussehen soll, wie wir es
gestalten wollen. Diese Auseinandersetzung ist allerdings nicht einfach zu
fuehren, denn wenn du dich umblickst wirst du erkennen, dass auf den
Strassen unserer Staedte Blickkontakte vermieden werden. Nachbarn kennen
sich nicht. Menschen vereinsammen und leben isoliert. Die Folgen sind
Depressionen, Selbstmordversuche und Alkoholismus. Nicht zuletzt Gewalt in
den Familien und gegen Fremde. Eine schwierige Situation um eine
Auseinandersetzung zu fuehren. Das muessen wir akzeptieren und es dennoch
versuchen.
Es kann niemand eine Loesung fuer die gravierenden sozialen Probleme
anbieten, von denen wir alle betroffen sind - weder ich, noch du, am
allerwenigsten die Politiker. Diese tun zwar immer so, als koennten sie die
Probleme loesen, doch nur, um wiedergewaehlt zu werden und an der Macht zu
bleiben oder erstmal an die Macht zu kommen. Doch darum kann es nicht gehen,
es ist nebensaechlich, wer an der Macht ist, wichtig ist, dass wir - also
alle, die in dieser Gesellschaft leben - uns miteinander verstaendigen, wie
wir leben wollen, was wir aendern wollen und wie wir das praktisch
ausprobieren koennen. Doch damit dies moeglich werden kann, muessen wir uns
erstmal wieder kennenlernen, muessen wir erstmal wieder lernen uns zu
verstaendigen. Und das bedeutet ganz konkret bei den Nachbarn zu klingeln,
sie zum Essen einzuladen und sich einfach mal auszutauschen.
4. Ausbrechen und Kennenlernen
Vielleicht ist es Zeit eine Geschichte zu erzaehlen - sagen wir - einen
Abend aus meinem Leben, eine Begegnung zwischen Menschen, die mich praegte,
denn ich war eine der Personen die sich begegneten. Wir waren weit getramt,
als Oscar, Memo und ich schliesslich in der Stadt ankamen. Pennplatzsuche
also, wie so haeufig schon. Erst als die Sonne schon lange untergegangen
war, machte Oscar den Vorschlag, seine Tante, die in dieser Stadt wohnte zu
besuchen. Es schien keine nette Tante zu sein.
Es war wohl schon 11 als wir schliesslich vor dem grossen Tor eines
1-Familienhauses standen. Oscar drueckte den Klingelknopf. Nichts. Dann
endlich - eine Stimme: "Wer da?" - "Ich bin es, Oscar!" - "Ach." Die Stimme
klang wenig erfreut. "Warte, ich komme." Wir warteten. Eine Frau im
Schlafanzug oeffnete die Tuer. Sie blickte Oscar an, emotionslos. "Hallo
Oscar." Auch Memo und mich streifte ihr Blick. "Ja, ich wollte, also, wir
waren gerade hier, und da wollte ich mal fragen ob wir hier nicht eine Nacht
bleiben koennten", sagte Oscar, unsicher. Die Tante in Schlafanzug stoehnte.
"Warte ich frage deinen Onkel", sagte sie an Oscar gewendet. Wir blieben
also stehen an der halboffenen Tuer, durch die wir in ein spiessiges
Wohnzimmer blicken konnten. Nach und nach tauchten weitere
Familienmitglieder auf. "Oscar, kommst du denn zur Hochzeit?" - "Welche
Hochzeit?" - "Meine", sagte das Maedchen, das wohl die Tochter sein musste.
"Oh, wann denn?" Ein ironisches Lachen als Antwort - besser kommst du gar
nicht. Memo und ich blickten uns an. Wegrennen? Es war zu spaet. Also
blieben wir stehen, muede, dreckig wie wir waren. Die Rucksaecke hatten wir
in einer Ecke abgestellt. Schliesslich wurden wir eingelassen. "Ihr koennt
hier schlafen, aber ich will das ihr wisst, dass uns nicht gefaellt, was ihr
tut. Wir sind NORMALE Leute", eroeffnete uns die Tante und richtete ihre
Worte damit das erste mal auch an Memo und mich.
Ein wenig spaeter sassen wir am Tisch. Man hatte uns Essen angeboten. Das
gehoert sich schliesslich so. Wir hatten es angenommen, es gehoert sich so.
Und so sassen wir bei einem Essen, an dem keiner von uns eigentlich
teilnehmen wollte. Wir, die ungeliebten Gaeste sassen und assen. Die Familie
in Schlafanzug sass und schaute. Die Fronten waren klar, die Grenzen scharf
gezeichnet. Und das Verhoer begann. Was wir uns denn beim Reisen daechten.
Unsere Lebensplaene. An Oscar gerichtet immer wieder schwere Vorwuerfe.
Warum er jetzt nicht bei seinen Eltern sei, warum er die Schule noch nicht
abgeschlossen habe, warum er sich ueber den Weg seines Lebens noch nicht
klar sei. Wir versuchten uns zu erklaeren. Redeten vom Kennenlernen der
Welt, von der Suche nach Zusammenleben. Und waehrend wir redeten geschah
etwas. Die Grenzen verschwammen. Aus einer erzwungenen Konversation wurde
ein Gespraech. Wann und wie es begann ist schwer zu bestimmen. Memo und ich
hatten uns letztendlich auch eingemischt als die Vorwuerfe Oscar
attakierten. Redeten schliesslich ueber Erziehung und das Recht sich eigene
Wege zu schaffen. Irgendwann begannen auch die Familienmitglieder zu
erzaehlen, begannen zu sprechen ueber ihre Erfahrungen, artikulierten ihre
Ideen. Wir redeten ueber vieles, tauschten uns aus. Entwickelten. Ranzig,
wie wir waren sassen wir an dem Tisch des gut buergerlichen Hauses mit einer
Familie in Schlafanzug und filosofierten ueber die Welt. Dazu, dass wir als
Menschheit ein Netz bilden, kamen wir. Die Handlung des Einzelnen
beeinflusst die Menschen in seinem Umfeld und damit letzendlich das Netz.
Wir koennen unsere eigenen Wege schaffen, aber die Voraussetzung um dabei
nicht die Anderen einzuschraenken, ist Kommunikation ueber das eigene
Handeln, ist Verstaendigung. Ob wir die Welt veraendern koennen? Ja, denn
wir sind Teil des Ganzen, Teil des Netzes.
Bis um halb vier Uhr nachts unterhielten wir uns ueber uns und die Welt,
schon lange war der letzte Rest Essen in unseren Maegen verschwunden, als
wir schliesslich schlafen gingen. Vielleicht war es nichts grosses was an
diesem Abend geschah, und am naechsten Morgen war zu spuehren, dass die
beiden Welten, aus denen wir kommen, nicht zu einer geworden waren. Doch aus
dem Schock des Zusammenpralls dieser Welten, aus dem lauten Knall war etwas
entstanden. Verstaendigung. Und als die Grenzen verschwanden und wir
aufhoerten sie nur als Kleinbuerger zu sehen und sie uns nur als Rumtreiber,
konnten wir uns als Menschen verstaendigen. Sie sagten nicht mehr, dass sie
NORMAL seien und wir sagten nicht wir seien Anarchisten, denn darum ging es
nicht. Und ich denke, dass sie sich, wenn sie das naechste Mal "welche von
uns" sehen, sich nicht mehr so leicht umdrehen werden, wie sie vorher so
offen vekuendet hatten, dass sie das tun. Und vielleicht trifft das auch
fuer uns zu.
5. Wir sind nicht allein
Die Auseinandersetzung mit anderen Menschen, die ein unterschiedliches Leben
fuehren ist mit Sicherheit nicht leicht. Gerade wenn es um Themen wie
Rassismus und Sexismus geht ist sie auch sehr konfliktreich. Aber diese
Auseinandersetzung ist notwendig. Und sie ist moeglich. Wenn wir uns selbst
unserer eigenen Situation bewusst werden, unseren konkreten Problemen und
Beduerfnissen, koennen wir uns auch mit anderen Menschen darueber
verstaendigen.
"Kapitalismus ist Ausbeutung", verkuenden die Menschen der Szene auf ihren
Transparenten und aergern sich ueber die "manipulierten Massen", die nicht
aufstehen und mitschreien. Aber, was bedeutet dieser Spruch denn eigentlich
ganz konkret fuer mich, fuer dich, fuer uns? Vielleicht sollten wir einen
Schritt zurueckgehen und uns auf die Erfahrungen besinnen, die in diesem
Spruch zusammengefasst sind. Welche Auswirkungen hat denn Kapitalismus auf
meinen Lebensalltag? Mit welchen Problemen bin ich konfrontiert? Und auch
andere Menschen fragen - genau die, die als "Massen" betrachtet werden - was
eigentlich ihre Probleme, Erfahrungen und Traeume sind. Zuhoeren, anstatt
sofort zu widersprechen, weil nicht gesagt wird, Kapitalismus sei das
Grundproblem. Nachfragen, anstatt voreilige Schluesse zu ziehen. Dann werden
wir auch Gemeinsamkeiten finden.
Wir muessen uns nicht alle lieben, sondern einen sinnvollen und
respektvollen Umgang miteinander finden. Das heisst vor allem auch, die
Unterschiedlichkeiten aller Menschen zu akzeptieren und respektieren. Ich
habe eine Vorstellung davon, wie das Aussehen koennte. Nur eine Moeglichkeit
von vielen. Nehmen wir eine beliebige Nachbarschaft in Deutschland. In
dieser Nachbarschaft leben verschiedenste Menschen mit verschiedensten
Faehigkeiten. Der Kapitalismus impft uns allen ein, dass wir uns mit unseren
Faehigkeiten verkaufen sollen. Wir sollen mit unseren Faehigkeiten Geld
verdienen und unsere Faehigkeiten einem Arbeitgeber zur Verfuegung stellen.
Warum aber nicht unsere Faehigkeiten anders - sinnvoller - einsetzen? Das
wichtigste ist doch nicht, moeglichst viel Geld zu verdienen, sondern
moeglichst wenig Geld zu benoetigen. Wenn nun beispielsweise in einem Haus
die Dusche nicht mehr funktioniert, so gibt es bestimmt einen Nachbarn, der
sich damit auskennt und diese reparieren kann. Es ist also gar nicht noetig
einen teuren Reparaturservice zu bezahlen. Doch warum repariert der Nachbar
die Dusche ohne Bezahlung? Das ist ganz einfach, weil er weiss, dass wenn er
die Duschen in der Nachbarschaft repariert und eines Tages vor einem Problem
steht, welches er nicht selbst loesen kann, es einen Menschen in der
Nachbarschaft geben wird, der ihm dabei hilft.
6. Netzwerke bilden
Ich denke es ist wichtig Nachbarschaftsnetzwerke wiederherzustellen und zu
staerken. Sie sind ein Ausbruch aus der Anonymitaet, eine Befreiung von der
Propaganda, welche die Welt zu einer Seifenoper macht. In
Nachbarschaftsnetzwerken koennen wir uns organisieren und - vor allem -
Experimente erschaffen. Sie sind wie Samen, aus denen wunderschoene Blueten
wachsen koennen. Lasst uns beginnen Alternativen und alltaeglichen
Widerstand zu entwickeln. Genauso konkret und alltaeglich wie die Probleme,
von denen wir alle betroffen sind, genauso konkret und alltaeglich muss auch
unser Widerstand dagegen sein. Ausgehend von unseren eigenen persoenlichen
Erfahrungen, sollten wir Widerstand organisieren, der im alltaeglichen Leben
ansetzt.
Konkrete Alternativen zur Logik des Kapitalismus koennen nur im eigenen
Lebensaltag entwickelt werden. Es kommt darauf an, Schritt fuer Schritt
unser Leben wieder zurueckzuerobern und uns damit Schritt fuer Schritt von
der Logik des Kapitalismus zu befreien und gleichzeitig Alternativen
aufzubauen - Netzwerke und Experimente. Wir muessen beginnen unseren Alltag
neu zu gestalten, nicht mehr und nicht weniger.
7. Die Geschichte von fuenf Freunden
Eines Tages sitzen fuenf Freunde gemeinsam beim Essen und reden ueber alles
moegliche, doch im speziellen stellen sie fest, dass sie alle fuenf die
Schnauze gestrichen voll haben. Sie wollen nicht mehr schweigend ertragen,
wie sich ihre Lebenssituation staendig verschlechtert. Sie wollen auch nicht
mehr nur meckern und schimpfen, sondern beginnen etwas zu veraendern. Sie
ueberlegen sich also gemeinsam, welche Erfahrungen sie gemacht haben, welche
Probleme in der Nachbarschaft bestehen und - vor allem - von welchen sie
selbst betroffen sind. Sie schreiben eine Liste zusammen. Dann nehmen sie
sich viel Zeit und besuchen die Menschen in ihrer Nachbarschaft, erzaehlen
ihnen von den Problemen, von denen sie selbst betroffen sind und tauschen
sich aus.
Am Anfang ist das noch schwer, doch nach und nach lernen sie die Nachbarn
kennen. Die fuenf Freunde besuchen diese ja nicht nur einmal, sondern immer
wieder. Es wird zusammen gekocht, abends mal ein Gesellschaftsspiel oder im
Park um die Ecke Fussball gespielt. Es entstehen die ersten Netzwerke, Ideen
und vor allem Vertrauen und eines Tages beschliessen sie zusammen mit
einigen Nachbarn, die ganze Nachbarschaft zu einem gemeinsamen Fest
einzuladen. Natuerlich steht dabei das Feiern ganz klar im Vordergrund, doch
es finden auch Diskussionen statt, Gespraechskreise ueber die Probleme, die
die Nachbarschaft plagen. In einem dieser Gespraeche soll es zu einer tollen
Idee gekommen sein, etwas sehr praktisches und es hilft der ganzen
Nachbarschaft. Die Idee soll verwirklicht werden, egal was die
Stadtverwaltung dazu sagt, denn die Nachbarn sind sich einig, dass sie dies
wollen. Und darauf kommt es ja nunmal an
8. ...und nun? was tun!
Um was fuer eine Idee es sich gehandelt hat? Ich weiss es nicht. Die
Geschichte endet hier. Es bleiben viele Fragen offen, wie so oft. Es ist
aber gar nicht wichtig auf diese eine Antwort zu bekommen. Viel wichtiger
ist anzufangen zu experimentieren und zu traeumen. Vor allem aber - so meine
Meinung - muessen wir endlich beginnen etwas anders zu machen. Raus aus der
"Szene"-Selbstbeschaeftigung und rein in die Realitaet! Sich den
Widerspruechen, Problemen und vor allem den Auseinandersetzungen stellen.
Die einfache "Szene-Welt" aufgeben und akzeptieren, dass die Realitaet nicht
so einfach ist. Beginnen Widerstand zu organisieren, denn ansonsten bleibt
es ruhig in Deutschland und es wird nicht viel passieren. Und davor habe ich
Angst - das sage ich ganz ehrlich!
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