Solidaritätserklärung für die VVN/ BdA NRW und Ulrich Sander /Offener Brief an zuständigen Justizbehörden und Aufsichtsbehörden
Solidaritätserklärung für die VVN/ BdA NRW und Ulrich Sander
Offener Brief an zuständigen Justizbehörden und Aufsichtsbehörden
Am 3. Dezember 2003 wurde die Privatwohnung von Ulrich Sander, dem
Landessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/ BdA) in Dortmund und das
Landesbüro der VVN/ BdA Nordrhein-Westfalen in Wuppertal von zehn Vertretern
des Staatsschutzes durchsucht. Begründet wird dies mit dem haltlosen
Vorwurf der Amtsanmaßung! Ulrich Sander wird laut Durchsuchungsbefehl des
Amtsgerichts Dortmund beschuldigt, Briefe mit dem Briefkopf und Namenszug
des Leiters der Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Verbrechen bei der
Staatsanwaltschaft in Dortmund verschickt zu haben. Ehemalige Gebirgsjäger
der Wehrmacht hatten in diesem Jahr Briefe mit dem Briefkopf der
Zentralstelle erhalten, in denen den Empfängern eröffnet wurde, dass gegen
sie wegen NS-Kriegsverbrechen auf der griechischen Insel Kephallonia
ermittelt würde.
Die nun erfolgte Durchsuchung und Beschlagnahmung des PC's und persönlicher
Briefe von Ulrich Sander, der sich u.a. mit der Recherche zu NS-Verbrechen
in Griechenland befasst, werten wir als einen Angriff auf diejenigen, die
sich mit der Aufklärung von NS-Verbrechen beschäftigen. Und angesichts der
ungesühnt gebliebenen Verbrechen sehen wir sie auch als Ausdruck von
Zynismus und Hohn gegenüber den Opfern des NS-Regimes!
Wegen der Erschießung von über 5.000 italienischen Kriegsgefangenen im
September 1943 auf der griechischen Insel Kephallonia ist es in der
Bundesrepublik nie zu einer Strafverfolgung und Verurteilung der Täter
gekommen, Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Keine Ausnahme, sondern
eine Traditionserscheinung der deutschen Justiz.
Die VVN hatte in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Angreifbare
Traditionspflege in diesem Jahr den Staatsanwaltschaften in München,
Dortmund und Ludwigsburg wiederholt eine Liste mit über 200 Namen und
Adressen von möglichen Tätern an Massakern in Griechenland und Italien
übergeben und die Staatsanwaltschaften zu Ermittlungen aufgefordert.
Die Schreiben mit dem Briefkopf der Zentralstelle zur Bearbeitung von
NS-Verbrechen dienen offensichtlich als Vorwand für die Kriminalisierung
eines antifaschistisch engagierten Journalisten und Buchautors, während
wegen der Morde an Tausenden von Menschen immer noch keine Gerichtsverfahren
eröffnet werden.
Die Zentralstelle in Dortmund steht sowohl unter Leitung von Klaus Schacht
als auch von Ulrich Maaß leider nicht im Verdacht schnell gegen
NS-Kriegsverbrecher zu ermitteln. Massenhaft wurden in den vergangen
Jahrzehnten Verfahren gerade gegen Mitglieder der deutschen Wehrmacht
eingestellt.
Sogar im öffentlich stark beachteten Fall Kephalonia läuft die Ermittlung
der Adressen der Tatverdächtigen so langsam, bis der letzte Gebirgsjäger
gestorben ist. Anstatt die Mitgliederkartei des "Kameradenkreises der
Gebirgstruppe" in München zu beschlagnahmen, die Geburtstagsgrüsse der alten
Gebirgsjäger in ihrer Vereinszeitung "Die Gebirgstruppe" zur Kenntnis zu
nehmen oder sich die einschlägigen Telefonbücher in Österreich und
Deutschland zu besorgen, werden jahrelang in Amtshilfe von
Einwohnemeldeämtern und Auslandsvertretungen die Adressen der mutmaßlichen
Täter gesucht. Auch für das jüngst eröffnete Verfahren gegen den
niederländischen SS-Mann Herbertus Bikker vor dem Landgericht Hagen hat die
Behörde von Ulrich Maaß acht Jahre gebraucht, obwohl ein Geständnis des
Mörders im Magazin "Stern" nachzulesen war.
Wir fordern die Herausgabe der kopierten Dateien und die sofortige
Einstellung des Verfahrens gegen Ulrich Sander!
Wir fordern, Ermittlungen und Strafverfahren nicht als Mittel der
Einschüchterung gegen AntifaschistInnen zu verwenden, sondern diejenigen
strafrechtlich zu belangen, welche die Ermordung von Zivilbevölkerung und
Kriegsgefangenen im Zuge deutscher Besatzungsherrschaft und Großmachtstreben
organisiert und durchgeführt haben!
Wir fordern die Verfolgung und Verurteilung der NS-Kriegsverbrecher und die
Entschädigung aller NS-Opfer!
ErstunterzeichnerInnen:
AK Angreifbare Traditionspflege; AK Distomo Hamburg; Prof. Christoph
Schminck-Gustavus, Uni Bremen; DGB Region Nordhessen;
Antifaschismus-Referat Bergische Universität Wuppertal; Autonomes Zentrum
Bazille Kassel, Naturfreundejugend Berlin; Verlag Assoziation A , Berlin;
Berliner Initiative Griechenland unter dem Hakenkreuz; Arbeitskreis Asyl
Göttingen; Autonomes Zentrum Wuppertal; Mischa Aschmoneit, Düsseldorf, stv.
Betriebsratsvorsitzender, ver.di; Wolfgang Dominik, Bochum; Gabriele
Beleke, Bochum;
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