nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

Ethnische Säuberungen in der DFG-VK

Bundessprecherin Gerit Ziegler erklärt Rücktritt - Eklat beim Bundesausschuss


Die Bundesausschuss-Sitzung der DFG-VK an diesem Wochenende in Kassel endete
in einem Eklat, der durch rassistische Äußerungen eines Delegierten entfacht
wurde. Die Delegierten des Landesverbandes Berlin-Brandenburg verließen die
Sitzung, Bundessprecherin Gerit Ziegler erklärte ihren Rücktritt. Der
Bundesausschuss ist das höchste Organ des Verbandes zwischen den
Bundeskongressen.

Unmittelbarer Anlass der Auseinandersetzung war die Diskussion um die
Beratungsstelle für türkisch-kurdische Kriegsdienstverweigerer, die
angesichts einer schwierigen Haushaltslage nicht mehr finanzierbar sei.
"Dass es sich dabei nur um einen Vorwand handelte, wird daran deutlich, dass
zugleich über die Neueinrichtung einer Geschäftsführerstelle und eines
Hompage-Redakteurs diskutiert wurde. Für diese Posten sollen 80.000 Euro
ausgegeben werden, während die Beratungsstelle lediglich durch einen Minijob
mit 4400 Euro jährlich ausgefüllt wird", erklärt die bisherige
Bundessprecherin Gerit Ziegler. Die Beratungsstelle kümmert sich vorwiegend
um die politische Problematik von Kriegsdienstverweigerern türkischer
Staatsbürgerschaft, die in der Türkei verfolgt werden in der BRD Asyl
beantragen.

In der Diskussion äußerte sich der NRW-Delegierte Teja Heidenreich: "Ich
mache Politik für Deutsche". Um die türkischen und kurdischen
Kriegsdienstverweigerer sollten sich die in Deutschland lebenden Türken
kümmern. Des weiteren äußerte er sich: "Ich habe zehn Jahre mit Türken
zusammengearbeitet und kenne die Mentalität dieser Menschen." Diesen warf er
vor, nur die Dienste der DFG-VK in Anspruch zu nehmen, ohne dafür angemessen
zu bezahlen. Der Landesverband Berlin-Brandenburg, so ein weiterer Vorwurf
dieses Delegierten, kümmere sich nur um Türken und zu wenig um Deutsche.

"Der eigentliche Skandal liegt nicht darin, dass ein einzelner Delegierter
solche rassistischen Äußerungen von sich gibt", erklärt Gerit Ziegler. Viel
schlimmer sei das Verhalten "der übergroßen Mehrheit der anderen
Delegierten, das deutlich macht, dass die Äußerungen eine unterschwellig
vorhandene rassistische Grundstimmung innerhalb der DFG-VK treffen."

Die Reaktion der übrigen Delegierten bestand vor allem aus Schweigen oder
aus beschwichtigenden Bemerkungen wie derjenigen des Bundessprechers Jürgen
Grässlin, der versicherte, "für beiden Seiten" Verständnis zu haben.
Kaum einer der Delegierten dagegen wies den rassistischen Angriff erkennbar
zurück, die Mehrheit wollte einfach in der Tagesordnung fortfahren.
Der Wille, "Politik für Deutsche" zu machen und eine überteuerte
Geschäftsführerstelle zu finanzieren, indem am schwächsten Punkt - der
türkischen Minderheit in der DFG-VK - gespart wird, war unverkennbar. So
hielt es keiner der Delegierten für notwendig, auf die Arbeit der
türkisch-kurdischen Beratungsstelle oder auf den Rechenschaftsbericht des
Mitarbeiters A. C. überhaupt einzugehen.

An diesem Wochenende habe sich herausgestellt, dass die DFG-VK, eine der
größten und ältesten deutschen Friedensorganisationen, "lediglich ein
Spiegelbild der deutschen Gesellschaft ist. Die DFG-VK hat den
nichtdeutschen asylsuchenden Kriegsdienstverweigern den Rücken gekehrt",
fasst A. C. zusammen.

In Reaktion auf das weitgehende Einverständnis der anderen Delegierten mit
den rassistischen Äußerungen des NRW-Vertreters zogen die vier
VertreterInnen des Berliner Landesverbandes der DFG-VK unter Protest aus der
Versammlung aus. Gerit Ziegler hat am Sonntag ihren Rücktritt als
Bundessprecherin erklärt. A. C. hat seine fristlose Kündigung
eingereicht. Der Vorstand des Berliner Landesverbandes erklärt, aus Protest
gegen die "ethnische Säuberung in der DFG-VK" die Zusammenarbeit mit dem
Bundesverband einzustellen.

Weitere Informationen:

Gerit Ziegler, Tel. 0172-16 45 966
Eugen Januschke (Geschäftsführer Landesverband Berlin-Brandenburg), Tel.
030-31 26 866


 

25.01.2004
DFG-VK Berlin   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht