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Gera: Brutaler Nazimord - Demo am So 01.02.04


Hallo GenossInnen und Antifas,

ein trauriger Anlass ist der Grund für diese Mitteilung. Vergangenen Dienstag
wurde ein 27-jähriger Aussiedler von vier jungen Nazis aus Gera und Umgebung
brutal ermordet. Hintergründe erfahrt ihr im unten angehängten Aufruf. Die
Antifaschistische Aktion Gera ruft aufgrund der Ereignisse zu folgenden
Aktionen auf:

Kundgebung & Mahnwache am Dienstag, 27.01.04 ab 16 Uhr auf der Sorge (Fuzo Gera)

Infoveranstaltung über Nazis in Gera am Dienstag, 27.01.04 um 18 Uhr im Autonomen Zentrum (Bieblacher Str.62)

Antifa-DEMO unter dem Motto "Nazi-Terror stoppen!" am Sonntag, 01.02.04
(Treffpunkt 14.30 Uhr Gera Hauptbahnhof)


Bitte helft uns und leitet diese E-Mail weiter bzw. macht sie in euren
Zusammenhängen bekannt.
Für alle, die diese Woche oder am kommenden Samstag Aktionen planen: Wir haben
auch einen Redebeitrag, den wir Euch auf Anfrage gerne schicken würden.

Kommt zahlreich am Sonntag zur Demo!

Antifaschistische Grüße,

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Antifaschistische Aktion Gera [AAG]
------------------------------------
c/o Infobüro
Postfach 2127
07511 Gera
 aag@antifa.net
 http://aag.antifa.net
------------------------------------
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2AC9AFBE 9DA7765A 1D834ACE 728ECC4D
(PGP Version 2.63ia)
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[organisiert im ATAG-Aktionsbündnis]

Nazi-Terror stoppen!
Wandelt Wut und Trauer in Widerstand

Der 27-jährige Oleg wurde in der Nacht zum 21. Januar von vier Nazis aus Gera
und Umgebung unter brutaler Gewaltanwendung umgebracht.
Der "Russlanddeutsche" wurde in einem kleinen Wäldchen mitten im Wohngebiet
Bieblach-Ost regelrecht hingerichtet. Die Täter schlugen ihrem Opfer eine
Bierflasche von hinten auf den Kopf und traten dann mit Fäusten und Füßen zu,
rammten ein Messer in den wehrlosen Körper und zertrümmerten mit einem Hammer
das Gesicht.
Einen Tag nach der bestialischen Tat nahm die Polizei die jungen Nazis im Alter
von 14 bis 19 Jahren in ihren Wohnungen fest. Bei einem wurden die Tatwaffen
gefunden. Eine Spaziergängerin hatte beim Ausführen ihres Hundes die
blutverschmierte Leiche gefunden.
Die Jugendlichen Christopher H. (14), Martin F. (16), Denny B. (18) und Enrico
W. (19) sind in Gera und Aga als "Faschos" bekannt und bis auf den 14-Jährigen
alle vorbestraft, ob wegen Körperverletzung, Raub oder Vandalismus. Alle vier
haben ein Geständnis abgelegt. Die Polizei schließt jedoch eine politisch
motivierte Straftat aus.

Es handelt sich hierbei eindeutig um keine Affekthandlung, sondern einen bewusst
geplanten und durchgeführten gemeinschaftlichen Mord. Eine von der Lokalzeitung
vermutete Perspektivlosigkeit und Schuldunzurechnungsfähigkeit kommt nicht in
Frage. Die Jugendlichen sind in erschreckender Weise als Träger einer
menschenverachtenden Ideologie vorgegangen und haben hierfür die Konsequenzen
zu tragen.
Bei einem Schuldspruch erwartet die 18 und 19 Jahre alten Täter eine
lebenslängliche Gefängnisstrafe, die 14 und 16 Jährigen sehen einer
zehnjährigen Jugendstrafe entgegen.
Selbstverständlich kann keine denkbare Strafe das Leid und die Trauer
besänftigen, welches die Angehörigen und Freunde des Opfers in dieser Zeit
erleben werden.

Nach dem brutalen Dreifachmord in Heidenheim zum Jahreswechsel ist dies nun
schon der zweite Nazimord an Spätaussiedlern innerhalb eines Monats!
In Heidenheim kam es in der Nacht zum 20.12.03 vor einer Diskothek zu einem
brutalen Dreifachmord. Der 17-jährige Täter, der bereits am 3. Oktober bei
einem Naziüberfall auf zwei Linke beteiligt war, tötete die drei
"Russlanddeutschen" Spätaussiedler mit gezielten Messerstichen. Auch hier
schloss die Polizei einen "rechtsradikalen Hintergrund" aus.

Gera, wie hass ich dich - du bist das letzte Loch für mich
(Schmeißfliegen - Punkrock aus Gera)

Das thüringische Gera ist ein brauner Landkreis ohnegleichen. Seit der Wende war
und ist Gera Hochburg und Rückzugspunkt für Neonazis. Über Jahre hinweg wurde
hier dem Aufbau rechter Strukturen nur wenig entgegengesetzt. Die Faschisten
waren somit lange Zeit die Einzigen, die sich organisierten und die
Jugendkultur dominierten. Die Bandbreite rechter Organisationen und Aktivitäten
ist entsprechend umfangreich.
Kein Wunder, dass die NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" im letzten Jahr ihr
Pressefest nach Meerane, einem kleinen sächsischen Ort direkt neben der
Grenzstadt Gera, verlegte. Mehr als 3500 Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet
kamen und manifestierten somit bundes- und weltweit die größte
Naziveranstaltung des Jahres.

Gera ist eine Stadt, in der die Menschen aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit von
über 18 Prozent und damit des sozialen Brennpunktes einer verstärkten
polizeilichen Überwachung und Kontrolle unterliegen [1]. Eine ostdeutsche
Stadt, die kulturell nicht viel zu bieten hat und sich über den Kaufrausch der
"neuen Warenvielfalt" definiert. Eine Stadt, die jegliche emanzipatorische
Ansätze im Keim zu ersticken versucht und der selbst zivilgesellschaftlicher
Antifaschismus ein Dorn im Auge ist. Eine Stadt, die Nazikonzerte in der
Innenstadt genehmigt [2] und antifaschistischen Widerstand verfolgt und
kriminalisiert [3]. Eine Stadt, in der es einfach zu viele organisierte
Faschisten gibt und diese wiederum über eine solide Infrastruktur und
Finanzquellen verfügen.

Für einen anständigen Aufstand statt einen Aufstand der Anständigen!

Die Migrationspolitik der Neuen Weltordnung steht unter kapitalistischen
Vorzeichen. Nach Nordamerika und Europa darf nur, wer den dortigen
(kapitalistischen) Ökonomien dienlich ist. Imperialistische Kriege,
Lohnsenkungen und die Zerstörung von Existenzgrundlagen sorgen für immer mehr
Elend im Trikont. Die kapitalistischen Länder wissen jedoch die daraus
resultierenden Flüchtlingsströme abzublocken. Abschiebungen und Ausgrenzung
sind deshalb an der Tagesordnung. Die "Festung Europa" ist hierbei europäische
Stabilisierungs- und Sicherheitspolitik zugleich. So findet eine Vertreibung
und Ausgrenzung derer statt, die aus dem ökonomischen Verwertungszusammenhang
herausfallen. In der BRD sollen sich deshalb nur MigrantInnen aufhalten, aus
denen die deutsche Wirtschaft einen ökonomischen Nutzen ziehen kann; ein
vorübergehender Aufenthalt wird per Greencard "toleriert". Der staatliche
Rassismus und die Abschottung Deutschlands gegen MigrantInnen geht einher mit
einem zunehmenden Rassismus in der Gesellschaft.
Oleg ist zwar das erste Opfer rechter Gewalt nach der Wende in Gera, die
bundesweite Zahl steigt hingegen rasant an und ist über das hundertste Opfer
schon seit Jahren hinaus. Dieser Entwicklung zum Trotz ist das
zivilgesellschaftliche Engagement des "antifaschistischen" Deutschlands
rückläufig. Der Antifa-Sommer ist lange vorbei und Deutschland hat sich seiner
Geschichte bereits mehr als einmal zu entledigen versucht.

Den Anlaufstellen für Opfer rechter Gewalt (ABAD) in Gera und Erfurt kamen
folglich im Jahr 2004 keine Förderungen aus dem Bundesprogramm Civitas mehr
zugute und mussten schließen. Eine Begründung liegt bis heute nicht vor. Die
Bundesregierung entschied somit über die weitere Finanzierung
antifaschistischer Initiativen in den neuen Bundesländern.
Gerade im braunen Ostthüringen, wo es so gut wie kein zivilgesellschaftliches
Engagement gibt, haben die Schließungen der Beratungsstellen ungemein fatale
Folgen für die betroffenen Flüchtlinge und MigrantInnen in der Umgebung. Aber
auch die nun dringend benötigte Unterstützung für die Angehörigen des
Nazimordes kann nicht mehr stattfinden.

Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft

Am Freitag, den 23.01.04, hielten AntifaschistInnen am Tatort eine spontane
Mahnwache ab. Da die Polizei es nicht für notwendig hielt, die Spuren der Tat
zu entfernen, wurden Kerzen rund um den blutigen Schnee gestellt und die Worte
"Kein Vergeben!" mit Stöcken ausgelegt. Bereits am nächsten Morgen war die
Stelle verwüstet und deutliche Springerstiefel-Abdrücke zu erkennen!
Wir werden dem rechten Treiben in Gera nicht länger zusehen, sondern die Nazis
bekämpfen - auf allen Ebenen und mit allen Mitteln. Es liegt nun an uns allen,
antifaschistische Strukturen weiter auf- und auszubauen und einen solidarischen
Widerstand gegen die deutschen Zustände, die kapitalistische Globalisierung
und den alltäglichen Naziterror zu organisieren! Schlagen wir zurück - keine
Ruhe den Faschisten!
Hoch die internationale Solidarität - nieder mit dem deutschen Mob!

Die Antifaschistische Aktion Gera ruft auf zur
Kundgebung & Mahnwache am Dienstag, 27.01.04 ab 16 Uhr auf der Sorge (Fuzo
Gera)
Antifa- DEMO unter dem Motto "Nazi-Terror stoppen!" am Sonntag, 01.02.04
Treffpunkt 14.30 Uhr Gera Hauptbahnhof


Fußnoten:

[1] In Gera werden in der Regel alle Personen, die sich unter der Woche nach 21
Uhr auf die Straße "trauen", einer Personenkontrolle durch die Polizei
unterzogen. Besondere Auffälligkeiten sind hierbei nicht auszumachen. Gründe
für eine Durchsuchung können z.B. das Tragen eines Kapuzenpullis, als auch
verhaltenes Rumstehen an einer Hauswand o.ä. sein.

[2] Im Juni letzten Jahres führte die NPD ein als "Rock gegen den Krieg"
getarntes Nazikonzert durch. Mitten in der Innenstadt spielten die Nazibands
"Kommando Ost", "Thor", "Confident of Victory" und "Eugenik" aus Gera auf.
Vermeintliche Verbotsversuche der Stadt scheiterten und die antifaschistischen
Proteste unter dem Motto "we will rock you" wurden von der Polizei abgeschirmt.
Ein zivilgesellschaftliches Bündnis hielt es sogar für notwendig, Bauzäune für
die Nazis aufzustellen, um diese von ihrem Straßenfest "abzuschirmen". Die
Faschisten bedankten sich natürlich für die ersparte Arbeit und bedrohten indes
eine Frau und schlugen einen jungen Mann zusammen. Die NPD will das Open-Air in
diesem Jahr am 12.06.04 wiederholen. Die AAG hat ihren Widerstand gegen die
Veranstaltung bereits mündlich angekündigt.

[3] Zum alljährlichen Nazitreiben anlässlich des Volkstrauertag 2003 entrollten
AntifaschistInnen aus Gera lediglich ein Transparent und hielten sich auch bei
den Nazizeremonien zurück, dennoch wurden sie von der Polizei einzeln abgefilmt
und einer Personalienaufnahme unterzogen. Als Krönung bekamen alle eine
Vorladung wegen angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz
(Vermummung). Bei der Polizei wurden nochmals Fotos vorgelegt und mit
abenteuerlichen Androhungen wurde versucht, Aussagen über antifaschistische
Strukturen zu erpressen.
Bereits 2002 wurde ein durch antirassistische Gruppierungen besetztes Haus in
der Geschwister Scholl Straße 1 nach fünf Tagen durch ein martialisches
Polizeiaufgebot geräumt und die Türen und Fenster zubetoniert bzw. zugenagelt.
Als sich ein Antifaschist auf einer Kundgebung in Gera über die
menschenunwürdige Situation von MigrantInnen in der BRD äußerte, wurde er vom
amtierenden Oberbürgermeister Ralf Rauch (parteilos und CDU- nah)
höchstpersönlich denunziert und ihm ein Verfahren wegen "Verleumdung" und
"Volksverhetzung" angehängt.


 

27.01.2004
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