Bochum: Veranstaltungen mit Bierl und Postone
Am 4.5. kommt Peter Bierl nach Bochum, um die Ideologie der Tauschringe und
der Globalisierungskritiker im Gefolge Silvio Gesells unter die Lupe zu
nehmen. Am folgenden Tag wird er seinen Vortrag nochmal in Dortmund halten.
Am 11.6. wird uns Moishe Postone aus Chicago im Rahmen seiner Lesereise
durch Deutschland besuchen. Er wird sein Ende letzten Jahres erschienenes
Buch "Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft" zur Diskussion
stellen.
Weiteres Infos, Texte, Rezensionen unter http://www.rote-ruhr-uni.org
'Die Gesellschaft der Tüchtigen und Tauschenden...' - Die Ideologie der
Tauschringe, Silvio Gesells Vulgärökonomie und der Sozialdarwinismus.
Referent: Peter Bierl
4.5.2004, 19.30h, Kulturcafe an der Ruhr-Uni Bochum, Studierendenhaus
In linksalternativen und globalisierungskritischen Kreisen haben
derzeit die Geld- und Tauschutopien des Silvio Gesell und seiner Epigonen
Konjunktur. Gruppen wie die INWO, lokale Tauschringe oder auch
ökofeministische TheoretikerInnen verbreiten mit ihren Vorstellungen
einer "natürlichen Wirtschaftsordnung" eine vulgärökonomische Ideologie, die
eine Marktwirtschaft ohne Ausbeutung anstrebt und dabei das gute
"schaffende" dem bösen "raffenden" Kapital mit dem Ziel einer "Brechung
der Zinsknechtschaft" gegenüberstellt. Die Gesellschaft soll durch
Einführung von Freigeld und Freiland sowie durch radikalen freien
Wettbewerb von finanzkapitalistischen "Parasiten" und "dekadenten
Elementen" gereinigt und den "Tüchtigen und Tauschenden" überlassen werden.
Mit unserer Veranstaltung wollen wir kritisch über die Grundkategorien der
gesellianischen Ideologie informieren sowie auf ihre strukturell
antisemitischen und sozialdarwinistischen Prämissen aufmerksam machen.
Peter Bierl ist freier Journalist und arbeitet zu den Themen Anthroposophie,
Antisemitismus, Esoterik, Internationalismus und
Antiglobalisierungsbewegung, Ökofaschismus und
Rassismus. Er ist Autor des Buches "Wurzelrassen, Erzengel und
Volksgeister?. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik",
Konkret Literatur Verlag, 1999, und Co-Autor des Buches "Ganzheitlich und
ohne Sorgen in die Republik von morgen?" mit Beiträgen u.a. von Thomas
Ebermann und Colin Goldner, Alibri-Verlag, 2001.
Moishe Postone, Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft.
11.6.2004, 19h, Ruhr-Uni Bochum, Hörsaalzentrum Ost (HZO) 50
In seinem Ende 2003 in deutscher Übersetzung erschienenen Buch beansprucht
der amerikanische Soziologe Moishe Postone - hierzulande v.a. durch seinen
Aufsatz Nationalsozialismus und Antisemitismus bekannt geworden - die
Voraussetzungen für eine den gegenwärtigen Bedingungen angemessene kritische
Gesellschaftstheorie formuliert zu haben.
Sein Ziel ist es, die falsche Identifizierung des Kapitalismus mit einer
seiner historischen Phasen (liberaler, staatszentrierter und
neoliberal-globalisierter Kapitalismus), wie er sie sowohl im traditionellen
Marxismus als auch in der Kritischen Theorie oder poststrukturalistischen
Ansätzen vorliegen sieht, zu durchbrechen und eine allgemeine Theorie des
Kapitalismus zu begründen.
Erst mit einer solchen, nicht in verkürzter Weise an spezifische epochale
Konfigurationen der
kapitalistischen Produktionsweise gebundenen adäquaten Theorie des
Kapitalismus ließe sich das Wesen moderner Vergesellschaftung begreifen. Zu
diesem Zweck versucht Postone, den nicht-ontologischen,
historisch-spezifischen Charakter der Basiskategorien der Marxschen Theorie
herauszuarbeiten und gegen die Deutungen des traditionellen Marxismus und
seiner 'bürgerlichen' KritikerInnen zu wenden.
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