Stuttgart: Landesweite Demonstration gegen Studiengebühren
Schüler und Studierende planen gemeinsame Demo gegen Studiengebühren
Schüler und Studierende rufen gemeinsam zur landesweiten Großdemo auf.
Am Samstag, den 19. Juni, wird in Stuttgart gegen Studiengebühren
demonstriert.
Der Arbeitskreis Bildung der Universität Stuttgart ruft zur
Demonstration am 19. Juni in Stuttgart auf. Unterstützt wird der Aufruf
durch das höchste Gremium der Studierenden – die Landesastenkonferenz
(LAK), zahlreiche Universitäten und Fachhochschulen im Land, sowie die
Schülerschaft der Region Stuttgart. Anlass der Demonstration ist die
geplante Einführung allgemeiner Studiengebühren in Baden-Württemberg und
die Novellierung des Landeshochschulgesetzes (LHG).
Noch sind Studiengebühren durch Bundesgesetze deutschlandweit verboten.
Gegen dieses Verbot haben sechs CDU-geführte Länder geklagt – Ende
diesen Jahres wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die
Klage entscheiden. Wird der Klage der Länder stattgegeben, plant
Baden-Württemberg zum nächstmöglichen Termin die Einführung von
Studiengebühren in Höhe von zunächst 500 Euro im Semester.
Trotz des Widerstandes zahlreicher studentischer Initiativen hält die
Landesregierung in Baden-Württemberg an ihren Plänen fest. „Die
Verantwortlichen erkennen nicht an, dass die Einführung von Gebühren in
allen Ländern gescheitert ist“, erklärt Andreas Bühler, Sprecher des
Arbeitskreises Bildung der Universität Stuttgart. Bühler weiter: „In
allen Ländern, in denen Studiengebühren eingeführt wurden, ging die
Studierendenzahl zurück. Zusätzlich verschärfen Studiengebühren soziale
Ungerechtigkeiten.“ Hier lägen klare Widersprüche zu den Zielen des
Landes; schließlich würde die Steigerung des Anteils an gut (aus-)
gebildeten Menschen an der Gesamtbevölkerung angestrebt.
Heute ist der Anteil an Akademikern in Deutschland vergleichsweise
gering. Während im OECD -Durchschnitt 31 Prozent eines Jahrgangs einen
Hochschulabschluss erwerben, sind es in Deutschland nur 19 Prozent. „Der
Personalmangel ist inzwischen innovationshemmender als der Mangel an
Finanzierungsquellen. Gerade Branchen mit großem Anteil an hoch
qualifizierten Beschäftigten, und darunter zumeist speziell
ausgebildeten Ingenieuren, trifft der Fachkräftemangel besonders.
Langfristig führt diese Entwicklung zu einem strategischen Nachteil im
nationalen und globalen Wettbewerb“, warnte der Verband deutscher
Ingenieure (VDI) bereits in einer Erklärung im Januar 2002. Die Zahl der
Hochschulabsolventen soll also erhöht werden. „Die deutsche Wirtschaft
braucht dringend Akademiker. Werden nun aus sozialen Gründen weitere
Bevölkerungskreise systematisch aus der Hochschulbildung ausgeschlossen,
weiß ich nicht, wie dieses Ziel erreicht werden soll“, ergänzt Bühler.
Dabei ist das Bildungssystem in Deutschland bereits heute sozial sehr
selektiv. Schon der Zugang zu Gymnasium und Abitur ist für sozial
Schwache nur sehr schwer zu erreichen. So kommen Vergleichsstudien wie
PISA und IGLU zu dem Ergebnis, dass die Schulsysteme in Deutschland
Ungleichheiten fördern. Andreas Bühler denkt noch einen Schritt weiter:
„Wenn nun auch noch Studiengebühren eingeführt werden, wird die
Zugangsschwelle zu Universitäten für sozial Schwache noch weiter erhöht“.
Ein tragfähiges Modell, wie diese negativen Effekte vermieden werden
können, ist nicht in Sicht. Das Modell der sogenannten Nachlaufenden
Studiengebühren hat sich hinsichtlich der Herstellung von sozialer
Gerechtigkeit nicht bewährt. Ein ausreichendes Stipendiensystem, das
soziale Härte abmildern könnte, kann nicht kurzfristig aufgebaut werden
- erst recht nicht angesichts leerer Haushalte.
„Bisher dienten alle an den Universitäten erhobenen Gebühren zur
Sanierung des maroden Landeshaushaltes. Langzeitstudiengebühren, die vom
Bundesverfassungsgericht als illegal gebrandmarkte Rückmeldegebühr, der
Verwaltungskostenbeitrag: Nichts floss an die Hochschulen zurück. Mit
Studiengebühren nimmt Baden-Württemberg bundesweit erneut eine
Vorreiterrolle bei der Entdeckung neuer Möglichkeiten Haushaltslöcher zu
stopfen ein.“ erklärt der Sprecher des Arbeitskreises Bildung.
Die Einführung von Studiengebühren geht einher mit der Absicht des
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) mit einem neuen
Landeshochschulgesetz (LHG) die Hochschulautonomie zu stärken. „Wir
sehen in diesem Gesetz jedoch nur einen weiteren Schritt der
Ökonomisierung der Hochschulen“, erklärt Franz Bozsak, stellvertretender
Sprecher des AK-Bildung. „Hier werden Gremien geschaffen, die aufgrund
ihrer Zusammensetzung eine Einschränkung der studentischen Mitbestimmung
bedeuten. Das Leitmotiv des Gesetzesentwurfes scheint ‚Bildung als Ware’
zu sein. Wirtschaftliche Einscheidungsstrukturen, international
kompatible Abschlüsse, Entdemokratisierung der Hochschulen und die
Einführung von allgemeinen Studiengebühren ebnen den Weg, Bildung nicht
mehr als gesamtgesellschaftliches Gut, sondern als Ware zu betrachten.“
Mit folgendem Text rufen daher die Landesastenkonferenz, zahlreiche
Universitäten und Fachhochschulen des Landes, die Schülerschaft der
Region und der Arbeitskreis Bildung der Universität Stuttgart zur
Demonstration nach Stuttgart.
Aufruf zur landesweiten Großdemonstration
GEGEN STUDIENGEBÜHREN
Im Zuge der Ökonomisierung des Bildungssystems plant die Landesregierung in
Baden-Württemberg die Einführung von Studiengebühren und die Einschränkung
der studentischen Mitbestimmungsrechte.
Die Einführung von Studiengebühren in anderen Ländern (Australien,
Österreich) zeigt: Die Zahl der Studienabbrüche aus finanziellen Gründen
steigt rapide an, während der Anteil der Studienanfänger aus
einkommensschwächeren Familien drastisch zurückgeht.
Damit wird Bildung zu einem exklusiven Gut.
Wir sagen: Bildung ist keine Ware!
Die Pläne der Landesregierung müssen vom Tisch!
Wir rufen zur landesweiten Großdemonstration am
Samstag, den 19. Juni 2004 in Stuttgart auf.
Treffpunkt: Lautenschlagerstraße (am Hauptbahnhof)
Beginn: 15.00 Uhr
Abschlusskundgebung gegen 16.30 Uhr auf dem Marktplatz
V.i.S.d.P.: Andreas Bühler, c/o ZFB Universität Stuttgart, Keplerstr.17,
70174 Stuttgart
Kontakt: Andreas Bühler, Sprecher des Arbeitskreis Bildung an der
Universität Stuttgart.
http://www.gegen-studien-gebuehren.de
http://www.faveve.uni-stuttgart.de/ak-bildung
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