Köln: Veranstaltung "Adorno und Améry - Die Tortur und die Dialektik" am 11. Oktober
11. Oktober, Köln:
Adorno und Améry -
Die Tortur und die Dialektik
Vortrag und Diskussion mit Gerhard Scheit (Wien)
Der Vorbehalt, den Jean Améry der Kritischen Theorie
gegenüber formuliert hat, ruft in Erinnerung, was die
Minima Moralia schon wußten: daß es eine »Nötigung«
gibt, »dialektisch zugleich und undialektisch zu
denken«. Inbegriff dieses notwendig Undialektischen:
das Beharren auf unzweideutiger Trennung von Opfern
und Tätern, das Amérys Werk auszeichnet. »Den
dialektischen Denkern sitzt allerwegen die Furcht vor
der Banalität im Nacken – etwa der Banalität, Opfer
Opfer und Quäler Quäler sein zu lassen, wie sie es
beide waren, als geschlachtet wurde.« Da Adorno aber
jene Nötigung bewußt war, konnte er die Furcht vor
solcher »Banalität« im Land der Täter durchaus
bezwingen und gab in der Heidegger-Kritik an
entscheidender Stelle sogar Améry das Wort: er
konfrontiert die deutsche Todesontologie mit dessen
Darstellung der Tortur.
Adorno wie Améry lassen keinen Zweifel, daß Folter
kategorisch abzulehnen ist: »Es soll nicht gefoltert
werden.« Die Bestimmtheit von Amérys Reflexionen
besteht zugleich darin, daß er die Tortur als »Essenz
des Nationalsozialismus« analysiert und damit die
Frage aufwirft, in welcher Gesellschaft und auf
welcher Grundlage also die Folter, die auch in
anderen, demokratisch verfaßten Gesellschaften
Anwendung findet, zur Essenz werden kann. Dieser
politische Begriff der Folter ist aber unabdingbar, um
Adornos Imperativ – Denken und Handeln so
einzurichten, daß Auschwitz sich nicht wiederhole –
gerecht zu werden.
Gerhard Scheit ist Herausgeber der Bände Jenseits von
Schuld und Sühne / Unmeisterliche Wanderjahre /
Örtlichkeiten (2002) und Aufsätze zur Philosophie
(2004) der neuen Jean Améry-Werkausgabe von
Klett-Cotta. Sein neues Buch Suicide Attack: Zur
Kritik der politischen Gewalt erscheint diesen Herbst
bei ça ira.
Montag, 11. Oktober 2004, 19:30 Uhr
Im Raum C der Studiobühne
1. Stock, beim Unikum. Universitätsstraße 16a (U 8/9
Universität)
Präsentiert von Casablanca
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