LL-Wochenende in Berlin - 8./9.1.2005
LL-Demo 2005: öfter mal rot sehen.
Kapitalismus ist nicht das Ende vom Lied! Aufruf der
Antifaschistischen Linken Berlin [ALB] zur
Liebknecht-Luxemburg-Demonstration-2005 in Berlin.
Wenn auf der Frankfurter Allee das Rot wieder
aufflattert und die Lichtenberger Tristesse im Glanz
des Kampfes der Massen erstrahlt, geht die Parade der
gesetzmäßigen Gewinner der Weltgeschichte in eine neue
Runde: die alljährliche
Luxemburg-Liebknecht-Demonstration wird auch 2005
wieder das revolutionäre Erbe ihrer NamensgeberInnen
gegen das historische Auslaufmodell des Kapitalismus
in Stellung bringen.
Erst mal rosa
Die Mitbegründer der KPD, Rosa Luxemburg und Karl
Liebknecht wurden im Januar 1919 unter politischer
Verantwortung führender Sozialdemokraten von
reaktionären Freikorps ermordet. Auch heute noch ist
das Gedenken an die beiden Revolutionäre verbunden mit
der Erinnerung an ihren Kampf gegen Ausbeutung,
Unterdrückung und Krieg. Als eine der größten
Veranstaltungen der bundesdeutschen Linken ist die
LL-Demo außerdem ein offensiver, öffentlicher Ausdruck
gegen den tief verwurzelten Antikommunismus in der BRD
und für eine emanzipatorische Veränderung der
Gesellschaft. Die Bundesregierung fährt derzeit unter
dem Label Agenda 2010 massive Angriffe auf die
Restbestände der sozialen Sicherungssysteme in
Deutschland. Es wird immer offensichtlicher, dass der
Widerstand dagegen nur erfolgreich sein kann, wenn er
auf einer breiten gesellschaftlichen Basis angelegt
und kämpferisch organisiert wird. Der Protest gegen
den kapitalistischen Sachzwang Sozialabbau
wird sich auch am 9. Januar 2005 niederschlagen ein
Grund, warum die LL-Demo in diesem Jahr nicht nur für
begeisterte Kommunismusfans attraktiv ist.
Grau in grau
Mit Deutschland geht es steil bergab:
Dosenpfand-Debakel, Maut-Pleite, Rechtschreib-Revolte,
alles wird immer schlimmer. Der vor wenigen Monaten
verliehene Titel des Exportweltmeisters 2003 hätte die
allgemeine Verunsicherung über deutsche Tüchtigkeit
unterbrechen können. Die Top Scorer aus Wirtschaft und
Politik haben allerdings darauf verzichtet, ihre
Leistungen an die große Glocke zu
hängen. Diese Bescheidenheit hat rationelle Gründe.
Deutschland ist oben auf: Keine 60 Jahre nachdem das
europäische Reich der Mitte die finale Sieg-Heilung
verpasst hat, ist neben den florierenden
Exportgeschäften mit aller Welt, einer zugkräftigen
Ökonomie und einem glattgebügelten internationalen
Image selbst friedensbringender Krieg wieder
machbar. Da die kapitalistische Maxime aber nicht
alles für alle, sondern Profit über alles heißt,
wird der gesellschaftlich erarbeitete Reichtum nicht
gleichmäßig verteilt, sondern hauptsächlich den Konten
der Machthabenden und Konzernchefs gutgeschrieben.
Dieser Widerspruch zwischen Produktion und Aneignung,
zwischen Arbeit und Kapital, zwischen Soll- und
Haben-Menschen ist gesellschaftlicher Sprengstoff. Um
ihn zu entschärfen, bemühen sich die Profiteure des
Hier und Jetzt die Zusammenhänge des politischen und
ökonomischen Systems mit der Situation der Menschen zu
verschleiern. Das offizielle Bild zur Lage der Nation
wird schwärzer gemalt als es de facto aussieht, um den
Abbau sozialer Leistungen als unabdingbar
darzustellen. Unabdingbar ist dieser aber nicht wegen
der wirtschaftlich prekären Lage, sondern wegen der
Zwangsläufigkeiten des kapitalistischen Systems: vor
allem dem Imperativ der Profitmaximierung und der
internationalen Konkurrenz, für Deutschland
insbesondere gegenüber den USA. Bereits seit 2003
wurde die ökonomische Ausbeutung im Zuge der
sozial-katastrophalen Entsorgungsagenda drastisch
verschärft. Zum 1. Januar 2005 tritt Hartz IV in
Kraft, Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen zu
Arbeitslosengeld II zusammengelegt werden, welches auf
dem heutigen Sozialhilfeniveau liegen wird. Mit der
Politik des kleineren Übels versucht sich Rot-grün
als traditionell linke und vor allem einzige
Alternative gegenüber der noch schlimmeren CDU zu
verkaufen. Dass die reaktionären Vorstöße der
amtierenden Regierung teilweise weit über die der Ära
Kohl hinausgehen und der Sozialabbau unter einer
schwarzen Regierung notwendig auf mehr Protest
gestoßen wäre, fällt unter den Tisch.
Grau an braun
Die forcierte Zerschlagung des Sozialstaats geht
dennoch nicht reibungslos über die Bühne. Die
Montagsdemos des vergangenen Sommers 2004 haben in
ganz Deutschland viele tausend Menschen gegen die
Regierungspolitik auf die Straße gebracht. Doch die
Bewegung ist alles andere als homogen: ihre
AkteurInnen reichen von BürgerrechtlerInnn über
GewerkschafterInnen und enttäuschte
SozialdemokratInnen bis zu antikapitalistischen
Linken. Entsprechend uneindeutig ist daher auch die
inhaltliche Ausrichtung der Bewegung. Die
Vorstellungen reichen von einer weiteren
Liberalisierung der Wirtschaft, über die Sehnsucht
nach dem Sozialstaat der 60er Jahre oder einem
Kapitalismus mit menschlichem Antlitz bis zur
Forderung einer revolutionären Überwindung des
Kapitalismus. Innerhalb dieser inhaltlichen Bandbreite
spielen linke Grundpositionen keine dominierende
Rolle. In diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, dass
die entstehende soziale Bewegung in Deutschland nicht
gegen reaktionäre Vereinnahmung immun ist. Die Losung
Wir sind das Volk hatte in diesen Tagen wieder
Hochkonjunktur, an verschieden Stellen ist es Nazis
gelungen sich in die Proteste einzumischen, oder sich
mit ihren scheinbar antikapitalistischen Phrasen
direkt an die Spitze von Demonstrationen zu setzen.
Das liegt nicht nur an dem Aufwind, den die Nazis aus
dem Unmut über die Regierungspolitik bekommen, sondern
auch an der unzureichenden Anstrengung der Linken,
entscheidend auf die Proteste einzuwirken und
zumindest einen antifaschistischen Grundkonsens in der
Bewegung herzustellen.
Für immer rot
Es gilt, das Zögern zu überwinden, sich aktiv in die
Proteste einzumischen und zu versuchen in der Bewegung
ein Profil zu stärken, das offene Flanken nach Rechts
schließt und es Nazis unmöglich macht, anzudocken.
Praktisch kann dies durch Zusammenarbeit mit
Flüchtlingsorganisationen, fortschrittlichen
GewerkschafterInnen und Erwerbslosenverbänden
geschehen. Gerade auch der Demagogie der Nazis mit der
Arbeitslosenfrage muss die antifaschistische Linke der
Bundesrepublik etwas entgegensetzen.
Positive Beispiele der vergangenen Zeit waren unter
anderem die Demonstrationen gegen Sozialabbau am 2.
Oktober 2004 in Berlin und am 6. November 2004 in
Nürnberg, wo eigene inhaltlichen Akzente jenseits von
wohlwollender Verbesserungspolitik in einen breiteren
gesellschaftlichen Kontext gesetzt wurden.
Darüber hinaus zeigen Aktionen wie der Streik der
Opel-Arbeiter in Bochum, dass die da oben längst
nicht alles so fest im Griff haben, wie es ihnen lieb
wäre. Daraus wird nicht gleich ein Sturmwind der
Revolution losbrechen, aber es zeigt, dass Widerstand
möglich ist, dass er die Verhältnisse zum wackeln
bringen kann, wenn er konsequent organisiert wird.
Momentan nur ein Wenig, später vielleicht mehr.
Der Kapitalismus ist nicht das Ende vom Lied. Die
Revolution war, ist und bleibt großartig. Freiheit ist
auch die Freiheit, den Staat zu zerstören und im
Übrigen sind wird der Meinung, dass alles andere Quark
mit Soße ist!
Antifaschistische Linke Berlin · Berlin · Dezember
2004
Luxemburg-Liebknecht-Demonstration 2005
Sonntag · 9. Januar 2005 · 10.00 Uhr
Frankfurter Tor · U5 / M10
Öfter-mal-rot-sehen-Party / Karaoke-Party
mit Karaoke sowie Luchaamda & dj zeven
Samstag · 8. Januar 2005 · 22.00 Uhr
Kato · Schlesisches Tor · U1
mehr Infos: http://www.antifa.de
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