Dortmund: Nazimord: Mahnwache und Demonstration am 2.4.05
Mord
Am 28.03 gegen 19:00 Uhr trafen ein 17-Jähriger Dortmunder Neonazi und seine 16-Jährige Freundin in der U-Bahn Station Kampstraße mitten in der Dortmunder City auf den 32-Jährigen Punk Thomas S. Laut Aussage der Dortmunder Staatsanwaltschaft kam es dort zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung in deren Verlauf dann der Neonazi auf Thomas S. mit einem Messer einstach. Das Pärchen floh anschließend Richtung Hauptbahnhof und konnte von der Polizei verhaftet werden. Thomas S. verstarb noch am selben Abend im Krankenhaus.In ihrer Fahndungsmeldung beschrieb die Polizei den Täter wie folgt: "ca. 180 cm groß, korpulent, Glatze, 3-Tagebart, vermutlich Deutscher, schwarze Bomberjacke mit unbekantem Aufdruck, helle Jeans, klobige Schuhe". Laut Westfälischer Rundschau vom 30.März ist der Täter "der rechten Szene zuzuordnen", die Staatsanwaltschaft verschweigt auch zwei Tage nach dem Mord den politischen Hintergrund der Tat.Als erste Reaktion auf den Mord hielten etwa 70 FreundInnen und Bekannte des Ermordeten am gestrigen Nachmittag eine Gedenkkundgebung in der U-Bahnstation ab. Am Tatort erinnern Blumen und Kerzen an Thomas S. Bereits während der Kundgebung versuchten eizelne Neonazis die Trauernden zu provozieren, einem anderen posting zufolge versuchten 10-15 Neonazis in der gestrigen Nacht die Gedenkstätte zu verwüsten, sie konnten allerdings von den Anwesenden vertrieben werden.
Dass der Mord ausgerechnet in Dortmund passierte ist kein Zufall. Während der Dortmunder Staatsschutz trotz zahlreicher Aufmärsche und Übergriffe noch keine feste Neonazi-Szene entdecken konnte, bezeichnet der Verfassungsschutz NRW die Dortmunder Neonazis als die aktivste und mit bis zu 60 Personen größte Szene in NRW.
Nazi-Attacken sind Alltag
Neonazistische Übergriffe auf Punks und MigrantInnen gehören in Dortmund zum Alltag, mit polizeilich geschützten Gegenkundgebungen versuchen die Neonazis regelmäßig antifaschistische Veranstaltungen zu stören. Erst am vergangen Freitag feierte die Dortmunder Neonazi-Szene im "Deutschen Hof" auf der Mallinckrodtstraße den Gründungstag der "Borussenfront". Trotz Anwesenheit der Polizei konnten mehrere Neonazis einen Migranten verprügeln. Im späteren Verlauf des Abends wurden 21 Neonazis nach Auseinandersetzungen mit der Polizei verhaftet.
"Kameradschaft Dortmund"
Der Großteil der Dortmunder Neonazis ist in der "Kameradschaft Dortmund" organisiert, welche bundesweit bei allen wichtigen Szene-Events anzutreffen ist. Seit Jahren ist der Ex-FAPler Siegfried "SS-Siggi" Borchardt der führende Kopf der Gruppe. Ebenso wie Erich Dombrowski und Karin Lenzdorf wohnt Borchardt in unmittelbarer Nähe des "Deutschen Hof".
Ein Teil des neonazistischen Nachwuchs orientiert sich unter dem Label "Autonome Nationalisten - Östliches Ruhrgebiet" in Kleidung und Auftreten an linker Symbolik. Die Gruppe um den aus Hamm zugezogenen Kader Didi Surmann und den Anti-Antifa Fotografen Dennis Giemsch zeigt sich als besonders umtriebig und ist für mehrere gewalttätige Übergriffe auf AntifaschistInnen erantwortlich. Mit dem Szene-Laden "Buy or Die" auf der Rheinischen Straße, betrieben vom Dortmunder Rechten Peter Voss, verfügen die Neonazis zudem über einen festen Anlaufpunkt wo sie rechte Musik und Kleidung wie z.B. T-Shirts welche die britische Neonazi-Terrorgruppe "Combat 18" huldigen, erstehen können. Die Begleitmusik zu Mord und Totschlag liefert die fest in europäische Blood & Honour Strukturen eingebundene RechtsRock-Band "Oidoxie" um Marko Gottschalk aus Dortmund-Brechten, die auch schonmal das verbotene RechtsRock-Lied "Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um" anstimmt.
Totschweigen seitens der Lokalpresse
Die öffentliche Berichterstattung über den Mord in den lokalen Medien beschränkt sich in allen Zeitungen auf kleine Artikel. Die zitierte Westfälische Rundschau bildet bereits die Ausnahme, wenn sie in einem Nebensatz auf den rechten Backround des Mörders verweist. Seit einigen Jahren gibt es zwischen Polizei und Medien die Absprache neonazistische Gewalttaten und Aufmärsche zu verschweigen. Fühlen sie sich tatsächlich einmal genötigt über die Aktivitäten der Neonazis zu berichten, so wird die rechte Bedrohung verharmlost. Zum Angriff auf den Migranten am vergangenen Freitag- wie gesagt wurden 21 Neonazis im Laufe des Abends verhaftet- schafft es die Lokalpresse zu behaupten: "Zum Stand der Ermittlungen kann nicht von einem fremdenfeindlichen Hintergrund ausgegangen werden". Anstatt endlich einzusehen, dass das Beschweigen der Neonazi-Szene keineswegs dazu führt, die Aktivitäten oder die Attraktivität der Szene einzudämmen, es im Gegenteil eher zur Folge hat, dass nicht nur der Staatsschutz sondern auch der Großteil der Bevölkerung von der Bedrohung für all jene die wie Thomas S. nicht ins neonazistische Weltbild passen, nichts wissen will, wird auch im Falle des Mordes der politische Hintergrund der Tat verschwiegen.
Demonstration
In Gedenken an Thomas S., aus Wut und Trauer über den neonazistischen Mord und die lokale Ignoranz gegenüber der von Neonazis ausgehenden Gefahr in Dortmund rufen antifaschistische Gruppen und das Dortmunder Bündnis gegen Rechts daher für den kommenden Samstag zu einer Mahnwache und Demonstration in der Dortmunder Innenstadt auf.
Die Mahnwache beginnt um 12:00 UHR am Tatort an der Kampstraße. Von dort startet anschließend um 13:00 Uhr die antifaschistische Demonstration.
Kein Vergeben - Kein Vergessen
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