Die Emanzipation von der EmanzipationSie sind einfühlsam, kreativ, feinfühlig und schön – kurz, die Juwelen im Leben eines Mannes. Oder? Der Blick eines Burschenschafters auf die Frau von heute. |
Einer der am häufigsten angeführten Kritikpunkte an Korporationen ist der
von den meisten Korporationen praktizierte Ausschluss von Frauen vom
Verbindungswesen und das vorsintflutlich anmutende Frauenbild, das sie
verbreiten. Die sogenannten »Damen« dürfen bei keiner öffentlichen
Veranstaltung einer Korporation fehlen. Sie werden als schmückendes Beiwerk und
dankbares Publikum für die sich heldenhaft präsentierende, versammelte
Männlichkeit betrachtet. Hier haben die heranwachsenden Kavaliere die
Möglichkeit, sich in der »alten Schule« des guten Benehmens zu üben, das
übrigens in einem speziellen Codex für »Verhalten gegenüber Damen« geregelt
ist. Es ist üblich, bei diesen geselligen Veranstaltungen auch eine Rede zu
Ehren der anwesenden »Damen« zu halten. Die nachfolgend wiedergegebene
»Damenrede« illustriert eindrücklich die Einstellung der Korporierten
gegenüber dem »schönen, anderen Geschlecht«.
Thema dieser Rede soll die Emanzipation der Frauen in unserer Gesellschaft sein.
Zunächst einmal möchte ich eine Definition des Begriffes Emanzipation liefern, damit wir erst einmal eine neutrale Grundeinstellung zu diesem Thema bekommen, da der Begriff Emanzipation in unserem Lande einen etwas schäbigen Beigeschmack bekommen hat, obwohl das Wesen der Emanzipation positiv zu werten ist.
Das Wort Emanzipation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie »Freilassung«, also die Befreiung von Individuen oder Gruppen, die zuvor rechtlich oder tatsächlich in einem dauernden Abhängigkeitsverhältnis standen.
Im römischen Recht hieß Emanzipation die Entlassung eines Familienmitgliedes aus der väterlichen Gewalt. Die neuzeitliche Rechts- und Gesellschaftsentwicklung geht mit einer Emanzipation immer weiterer Teilgruppen der Gesellschaft einher, denen die ständische Ordnung der Monarchie, des Absolutismus die politische Freiheit und die volle Rechtsfähigkeit versagt hatten. Entschiedene Bedeutung hatten die nordamerikanische Verfassung und die Erklärung der Menschenrechte in der Französischen Revolution. Überständige gesellschaftliche Bindungen wurden aufgehoben, freilich auch das Gefüge der Gesellschaftsordnung verändert und der Individualismus gefördert. Besonders durch die Ideen der Aufklärung wurde die Bauernbefreiung ausgelöst, ebenso die Emanzipation der Juden, der Farbigen in den USA und selbstverständlich auch die Emanzipation der Frau.
Soweit die etwas trockenen Tatsachen. Ich werde, bevor ich auf den Kern der Problematik zu sprechen komme, nun einen kurzen Sprung in die griechische Sagenwelt unternehmen, um Euch, liebe Damen, das Gefühl eines Mannes etwas zu veranschaulichen.
Schon der Jüngling Paris kam in der griechischen Mythologie in eine arge Zwickmühle. Als der Ärmste nämlich auf einer Weide Schafe hütete, traten drei Damen an ihn heran und baten ihn um Schiedsrichtertätigkeit in einem brisanten Streit. Er sollte entscheiden, welcher von ihnen der goldene Apfel als der Schönsten zukam. Eris, die Göttin der Zwietracht, hatte sich sinnigerweise diesen Wanderpokal ausgedacht.
Bei den drei Schönheitskonkurrentinnen handelte es sich um die göttliche Hera, Athene und Aphrodite, und wir wissen aus der Legende, daß der Streit zugunsten von Aphrodite ausging. Sie hatte nämlich zuvor den Paris bestochen und ihm Helena versprochen, die schöne Spartanerkönigin. Paris raubte sich seinen appetitlichen Preis mit Hilfe der Apfelgewinnerin Aphrodite und entfesselte dadurch bekanntlich den Trojanischen Krieg, denn immerhin war die Dame mit dem berühmten Menelaos verheiratet.
Ich brauche diesen kleinen Anlauf, liebe Damen, um Euch meine Situation begreiflich zu machen. Einerseits möchte ich gern jeder von Euch den goldenen Schönheitsapfel überreichen, andererseits will ich auf keinen Fall so etwas wie den trojanischen Krieg heraufbeschwören.
Ich habe mein Wissen über die Damen und ihre forsche Emanzipation vielerseits so erweitert, daß ich nun diese »Problematik« einmal hier, an diesem Abend, kurz etwas genauer beleuchten möchte. Ich möchte Euch, die bessere Hälfte in unserem Leben, nicht beleidigen oder kränken, sondern dahin bringen, daß Ihr Verständnis in Bezug auf die Denkweise von uns Herren zeigt.
Hierzu, sehr verehrte Damen, habe ich mich, wie sollte es auch anders sein, bei uns in der Verbindung umgehört. Je nach dem mit welcher Intensität sich meine Bundesbrüder mit dem Thema schon auseinandergesetzt haben und setzen, kamen natürlich sehr verschiedenartige Standpunkte zum Vorschein.
Ein Extremum möchte ich nun einmal erzählen: Ein lieber Bundesbruder, eingefleischter Junggeselle, denkt als nahezu volkommener Diplomferigungswirt FH, daß die typischen Karrierefrauen, welche in höheren Positionen eingestellt werden möchten, demjenigen Unternehmen nur unnötige Kosten verursachen, da sie nach ein paar Jahren eh aufgeben müssen, weil sie sich dann ihrer naturgegebenen Aufgabe zu unterwerfen haben. Tief durchatmen und bis zehn zählen, liebe Damen! Schließlich denkt nicht jeder so!
Da wir bei und auch politisch hochgeistige Diskussionen führen, die, bei einem Fürstenberger Pils oder einem Glas Sekt sich bis in die frühen Morgenstunden hinziehen können und dadurch auch bereichert werden, möchte ich auch aus dem Gebiet Politik ein Beispiel bringen.
Nahezu einstimmig waren wir im Folgenden: Man kann nicht durch Quotenregelung festlegen, daß z.B. 50% der Frauen in der Politik mitmischen sollen, obwohl diese 50% unserer Frauen zum größten Teil gar nicht bereit sind, diese Verantwortung zu tragen, auch wenn sie es wollten.
Politik ist ein dreckiges Geschäft, welches die Frauen eigentlich den Männern mit Vergnügen überlassen könnten.
Das Thema »Emanzipation und Familie« hat vor mir auch nicht halt gemacht. Die Meinungen hierzu kann man filtrieren, so daß diese Form der Emanzipation eher Zustimmung findet.
Aus dem Zeitalter der drei K’s (Küche, Kirche, Kinder), vor allem was die Küche anbelangt, sind wir wohl heraus. Die Frau soll nicht mehr länger Diener des Mannes sein, so die Quintessenz. Wer kennt nicht das Bild vom im Unterhemd fernschauenden Mann, demnächst gibt es wieder die Fußballweltmeisterschaft, der sich von seiner Frau bedienen läßt. Ein alter Spruch sagt: »Selbst ist der Mann«!
Meine sehr verehrten Damen, die Kirche sollten beide gleich ernst nehmen, Mann und Frau. Man heiratet schließlich im Einverständnis beider und verspricht sich vor Gott, den Partner zu lieben, zu dienen und zu ehren, bis daß der Tod sie scheidet. Heutzutage ist dies nicht mehr selbstverständlich.
Was die Erziehung der Kinder betrifft, ist der Mann so großzügig, daß er dieses Privileg gern der Frau überläßt, zumindest zum größeren Teil. Unbestreitbar ist natürlich das Argument der Frau, daß zu einem Kind immer noch zwei gehören. Aber ist nicht die Frau von Natur aus, dadurch daß sie das Kind vor der Geburt pflegt und hegt und schließlich auch gebärt, geradezu prädestiniert für diese Aufgabe? Ich möchte natürlich Euch, liebe Damen, nicht in bestimmte Verhaltensformen zwängen, nichts läge mir ferner. Ich meine nur, daß es in der Regel so ist, Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel.
Nun komme ich noch zu einem Thema, welches den Preis der Emanzipation in sich birgt. Was ist mit der alten Schule des guten Benehmens? Liebe Damen, von denjenigen, die ich unter Euch kenne, weiß ich, daß Ihr diese alte Schule sehr schätzt, gern habt, imponierend und anziehend sowie beeindruckend findet. Doch seitdem diese Emanzipation begonnen hat, hat zu den dadurch folgenden gesellschaftlichen Veränderungen diese alte Schule, in unserer älteren Generation noch gut vertreten, proportional abgenommen. Diese Veränderungen sind meiner Meinung nach eine Gefahr für die Kultur, welche gerade durch solche Verhaltensformen ihren so hochgeistigen Grad erreicht hat.
Wer von Euch, liebe Damen, möchte nicht mal ab und zu umworben werden, wie eine Adlige von einem Edelmann? Wer von Euch, liebe Damen, die schon in der Ehe zusammenleben, möchte nicht mal von ihrem Ehemann umworben werden, wie eine Prinzessin von einem Ritter?
Alles Dinge, die in Gefahr sind, unterzugehen und somit den Unterbau unserer Kultur zu schwächen, vielleicht sogar zu beschädigen, dahingehend zu verletzen, daß diese Harmonie zwischen Mann und Frau verloren geht. Der Preis für diese zur Zeit stark vorangetriebene »Emanzipation« ist meiner Meinung nach zu hoch.
Man überlege einmal, was alles von dieser Harmonie zwischen Mann und Frau, die ich gerade zu erläutern versucht habe, abhängt. Sind nicht Lyrik, Epik, Prosa und vor allem das Gebiet der Minne in der Lyrik aus der Beziehung, dieser Verhaltensform oder besser dieser Harmonie entstanden?
Die Frau war und ist doch immer diejenige, welche die Lebensbahnen des Mannes lenkt, sie ist ein Teil von ihm, sie prägt den Mann zu zumindest 50%, sie ist doch eigentlich mit ihren weiblichen Waffen fähig, ihre Politik im Kleinen durch ihren Mann im Großen zu machen. Emanzipation ist positiv, zuviel davon ist negativ. Ich denke, die Dosis ist entscheidend.
Ich bitte also im Hinblick auf meine Ausführungen um Nachsicht, wenn ich Euch, liebe Damen, das höchste Kompliment ausspreche, das wir Männer zu vergeben haben: Ihr seid die schönsten Juwelen unseres Lebens, denn ohne Euch wären wir schmucklos, freudlos, resonanzlos.
Wer versteht uns Rauhbeiner besser zu nehmen als Ihr, liebe Damen, mit Eurem weit höher entwickelten Feingefühl für alles Menschliche und Unmenschliche! Wir Männer haben ja das denkwürdige Talent zum Porzellanzerschlagen. Ihr, meine Damen, könnt uns vor den schlimmsten Schäden bewahren oder – wenn’s ganz arg kommt – die Bruchstellen besser kitten als wir. Das liegt an Eurem ausgeprägten Einfühlungsvermögen, an Eurer Phantasie und Kreativität.
Ich glaube, wir Männer sind in dem ganzen Emanzipationsgeschrei nicht so taub, wie oft angenommen wird. Wir wollen das Kriegsbeil gar nicht ausgraben, denn wir wissen sehr gut, daß wir ohne Euch, meine Damen, nur die Hälfte wert sind. Das Schöne wird uns immer anziehen. Schönheit hat viele Namen, sie verbirgt sich auch hinter dem, was äußerlich nicht sogleich sichtbar wird. Und darum sollten wir der Schönheit die Krone beziehungsweise den Apfel übergeben und Euch, liebe Damen, ein dickes Kompliment machen.
Als ein solches Kompliment habe ich folgendes Gedichtlein, was dies noch verdeutlicht:
Die Frauen ehrt niemand vergebens,
sie weben mit Feenhand
in den grauen Teppich des Lebens
manch leuchtendes, buntes Band.
In ihrem festlichen Reiche
ist immer Frühlingszeit.
Dem Wunsche, daß nie von uns weiche
Ihr Zauber, sei dieses Glas geweiht.