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Naturgesetz Partei

Zum Programm

Die Naturgesetz Partei bekennt sich programmatisch zu den Prinzipien der bürgerlich-demokratischen Ordnung wie Pluralismus oder soziale Marktwirtschaft. Tatsächlich jedoch stehen ihre Positionen in einem diametralen Gegensatz zu den Vorstellungen von bürgerlicher Gesellschaft und Staatsordnung, wonach die Menschen als freie Wirtschaftssubjekte ihren privaten Interessen nachgehen und als Staatsbürger ihre individuellen und Gruppeninteressen mittels der dazu geschaffenen politischen Institutionen geltend machen können.

Die Naturgesetz Partei kennt überhaupt keine autonomen Subjekte. Sie strebt eine Gesellschaft an, "die ihre Entwicklung an dem für alle Menschen als Individuen und soziale Wesen geltenden NATURGESETZ orientiert (...) Der Begriff NATURGESETZ umfaßt alle Gesetze der Natur, die das Leben im gesamten Universum steuern. Es sind dies sowohl die Naturgesetze, die die Atome, die Planeten, Sterne und Galaxien regieren, als auch diejenigen, die unserer Gesundheit, der Umwelt, Gesellschaft und der Wirtschaft zugrunde liegen." (Grundsatzprogramm, S. 3)

Die Naturgesetz Partei behauptet also die Existenz eines einheitlichen und allgemeinen Gesetzes, das alle Lebensprozesse determiniert und regelt. Soziale Probleme werden nicht als Ergebnisse gesellschaftlicher, also von Menschen produzierter Entwicklungen, sondern als Abweichungen von diesem "Naturgesetz" gesehen. Eine solche Naturalisierung gesellschaftlicher Prozesse ist kennzeichnend für fast alle Spielarten extrem rechter Ideologie. Bei den Faschisten beispielsweise ist es das "Rassengesetz", das alle Bereiche menschlichen Lebens steuert. Dementsprechend ist für die Naturgesetz Partei ein selbstbestimmtes Handeln der Individuen auf der Basis ihrer subjektiven Bedürfnisse und kollektiven Interessen prinziell unmöglich. Was den Menschen bleibt, ist einzig die Einsicht in das Naturgesetz und ihre Unterordnung unter die Regeln dieses Gesetzes. Nach den Vorstellungen der Naturgesetz Partei soll sich das durch Transzendentale Meditation (TM) vollziehen.

Aus diesem reaktionären Weltbild wird wie bei den Nazis ein knallhartes Führer-Prinzip abgeleitet, mit dem die Herrschaft einer Guru-Elite legitimiert werden soll. Denjenigen, die durch TM das Naturgesetz erfahren haben, wird nicht nur eine geistige, sondern auch eine biologische Überlegenheit zugeschrieben, die sie für die Ausübung der Macht prädestiniert. "Die Gehirnfunktionen der Kandidaten der Naturgesetz Partei zeigen nachweislich eine überdurchschnittliche Geordnetheit." Daher hätten sie die "natürliche Fähigkeit, die verschiedenartigsten Interessen ihrer Mitbürger zu koordinieren" und ein "harmonisches nationales Bewußtsein (zu) schaffen" (ebd., S. 8)

Eine solche nationale Zwangsharmonisierung der Gesellschaft, in der die Menschen anfangen, "zu wünschen, was der andere auch wünscht" (Pressemitteilung, III/94, S. 2), ist offensichtlich das Ziel der Naturgesetz Partei. Da in ihrem Weltbild soziale Konflikte und Problemlagen nicht in gesellschaftlichen Interessengegensätzen und Machtverhältnissen begründet sind, sondern ihre Ursachen in Abweichungen vom Naturgesetz haben, soll das gesamte Erziehungs- und Bildungssystem auf Praktiken der TM umgestellt werden. Nur das könne die Gesellschaft "vor Außenseitern und Verwahrlosten bewahren " und ein "tieferes und stärker integriertes Gemeinschaftsgefühl entwickeln." (Grundsatzprogramm, S. 27) Die Parallelen zur Volksgemeinschafts-Ideologie der Nazis, die eine harmonische Gemeinschaft auf völkischer Grundlage behauptete, sind hier offensichtlich - auch wenn die Naturgesetz Partei mit der freundlicheren Variante aufwartet, "Außenseiter" nicht physisch zu vernichten, sondern "nur" einer Umerziehung zu unterwerfen.

Auf der Basis der hier dargestellten Grundlagen bieten die programmatischen Vorstellungen der Naturgesetz Partei eine wirre Sammlung von Aussagen zu Einzelproblemen (deren Bearbeitung dann jeweils durch Einsicht in das Naturgesetz geschehen soll). Es ergeben sich aber in den meisten Fragen deutliche Anknüpfungspunkte an die Programmatik alter und neuer rechter Organisationen:

- Bemerkenswert ist der durchgängige Affekt gegen eine "Umverteilung" (Grundsatzprogramm, S.13) durch eine sozial ausgewogene Steuerpolitik. "Eine freie Marktwirtschaft ist nicht mehr frei, wenn ihr der Bewegungsspielraum durch hohe Steuern genommen wird." Es sei "falsch, die Erfolgreichsten und dadurch für das Wirtschaftswachstum Wertvollsten durch hohe Steuern zu bestrafen." (ebd., S. 15) Richtig sei dagegen eine Politik, "die Arm und Reich gleichermaßen zufriedenstellt" (ebd., S. 10) - die Reichen materiell und die Armen mit der Soße der Harmonie-Ideologie.

- Solange das Problem der Erwerbslosigkeit noch nicht durch TM gelöst ist, sollen Programme aufgelegt werden, "die den Einsatz von Arbeitslosen in Bereichen vorsehen, die dem Allgemeinwohl dienen." (ebd., S. 21) Der "Arbeitsdienst" als Zwangsmaßnahme gegen Erwerbslose, verklärt als Einsatz für das "Volkswohl", war schon Bestandteil der Nazi-Politik und gehört heute wieder zu den Forderungen extrem rechter und konservativer Formationen.

- Es werden zwar nicht die radikalen Forderungen der "Lebensschützer" übernommen, aber angestrebt wird eine Situation, "die es Müttern, Heranwachsenden und Senioren ermöglicht, nicht arbeiten zu müssen." Frauen sollen aus dem Arbeitsleben ausgeschlossen werden, weil "Kinder die Aufmerksamkeit und Fürsorge der Mütter brauchen, damit die folgende Generation gesund und vital ist." (ebd., S. 18)

- Ähnlich wie die Angst vor hohen Steuern durchzieht auch die Bürger-Angst vor dem "Verbrechen" das ganze Programm der Naturgesetz Partei. Auch gegen die Kriminalität wird als Therapie das Leben im Einklang mit dem Naturgesetz empfohlen. Für die Übergangszeit wird allerdings darauf gesetzt, die "Polizeikräfte zu verstärken." (ebd., S. 23)

- Ähnlich rechts-konventionell wie die Vorstellungen zur sogenannten inneren Sicherheit, sind auch die Vorschläge zur Militärpolitik: "Unsere nationale Sicherheit wird dadurch gewährleistet, daß unsere Streitkräfte weiterhin in der gewohnten Weise ausgebildet" werden sollen. Darüber hinaus jedoch stellt die Naturgesetz Partei eine Wunderwaffe in Aussicht, die auch das bislang vergebliche Bestreben der BRD nach atomarer Bewaffnung obsolet erscheinen läßt. Denn "unsere Streitkräfte" sollen durch die Guru-Elite befähigt werden,"durch den Maharishi-Effekt einen unbesiegbaren Zustand im nationalen Bewußtsein zu schaffen und aufrechtzuerhalten." (ebd., S. 25)

Auffällig ist, wie die wenigen hier angeführten Zitate schon zeigen, der durchgängige Bezug des Programms auf "Nation" und "Vaterland". Dementsprechend setzt die Naturgesetz Partei auch auf Autarkie und nationale Abschottung. So wird im Programm die "Beseitigung unserer Abhängigkeit von fremdem Öl" gefordert (ebd.,S. 28); auf dem Bundesparteitag im März 1994 wurde die Europa-Politik der Kohl-Regierung kritisiert, weil sie "die Souveränität der europäischen Staaten in Frage" stelle (Pressemitteilung, 3/94, S. 1).

Von TM und yogischem Fliegen: Der Maharishi-Effekt

Für die Naturgesetz Partei lassen sich "Die gegenwärtigen Herausforderungen (...) nur durch eine entscheidende Änderung im Bewußtsein des Einzelnen (lösen)."(Broschüre "Neues Bewußtsein für eine neue Politik", Naturgesetz Partei) Die Probleme sollen dort gelöst werden, wo sie entstehen - im Bewußtsein des Einzelnen.(ebd.) Möglich werden soll die Änderung des Bewußtseins durch die transzendentale Meditation (TM): Durch täglich zwei meditative Sitzungen sollen die Gehirnfunktionen geordnet und verbessert und damit ein höheres Bewußtseinsniveau erreicht werden.(Information "Transzendentale Meditation", z.B. bei: Maharishi Ayur Veda GmbH, HH) Entwickelt und begründet wurde die TM vom Guru Maharishi Mahesh Yogi. Er beschreibt die Ursachen der sozialen Ungleichverteilung und die Wirkung seiner TM deutlicher: "Wenn Menschen in Armut leben, dann deswegen, weil sie nicht intelligent genug sind oder wegen ihrer Faulheit. Meine Transzendentale Meditation wird ihnen die Energie geben, nicht länger arm zu sein."("Mutter Erde: Magie und Politik", Gugenberg, 1986, Seite 192 ff.)

Von der Naturgesetz Partei werden der TM noch weitere Fähigkeiten zugeschrieben: Schon eine Gruppe von 7000 yogischen Fliegern (TM-Experten) sei in der Lage, "das gesellschaftliche Bewußtsein zu harmonisieren und Positivität zu erzeugen". Damit sollen die sozialen Spannungen, Kriminalität und Gewaltbereitschaft drastisch gesenkt werden.(vgl. Wahlinformation HH, 1993, "Naturgesetz - Die perfekte Regierung für Deutschland")

Die "Untersuchungen", die dies belegen sollen, stammen vor allem aus Experimenten an StudentInnen, die in den USA und auf den Philippinien durchgeführt wurden. Vom philippinischen Diktator Marcos erwarb Maharishi 1984 zwei Universitäten, um solche meditativen Massenexperimente durchzuführen. StudentInnen, die dazu nicht bereit waren, wurden von der Universität verwiesen. Diktatorische Regierungen werden von TM-Lehrern grundsätzlich unterstützt, denn: "Eine Regierung ist immer mehr oder weniger ein Spiegelbild des Bewußtseins eines Volkes."(vgl. Esotera Nr. 9/84, Seite 784)

In der BRD wurde von der TM 1984 in der Nähe von Heidelberg die "Deutsche Kulturstiftung" gegründet. Über die Anbetung alter Germanengötter findet dort eine Verbindung der TM-Lehre mit dem Arierkult statt.(Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, in: Politik-Forum Nr.11/82) Eine besondere Anziehungskraft auf (Neo-) Faschisten hat die TM damit jedoch nicht; sie findet vielmehr vor allem bei Manager- und Führungskräften sowie in alternativen Kreisen ihre größte Verbreitung.(vgl. "Mutter Erde: Magie und Politik", a.a.O., Seite 193 f.)

Organisation

Die Verbindung zwischen der Naturgesetz Partei und der TM besteht in der Gesellschaft für transzendentale Meditation, Am Berg 13 in Bissendorf und der Deutschen MERU Gesellschaft, Am Berg 2, Bissendorf. (in Hamburg: Maharishi Ayur Veda GmbH, Rothenbaumchausee 26, und Maharishi Institut für Unternehmensführung GmbH, Schröderstiftstr. 30)

Organisatorisch gliedert sich die Naturgesetz Partei in eine Junge Naturgesetz Partei für Jugendliche, die dann ab dem 18. Lebensjahr automatisch auch Mitglied in der "großen" Naturgesetz Partei werden. Sie besitzt in allen 16 Bundesländern Landesverbände, ihren Hamburger Sitz hat sie bei Theo Jacobi, Mümmelmannsberg 71. In Europa ist sie in den Maharishi Europarat der Naturgesetz Parteien eingebunden. (Generalsekretär: Reinhard Borowitz)

An Wahlen nimmt die Naturgesetz Partei regelmäßig teil. In Hamburg erreichte sie 1993 bei den Bürgerschaftswahlen 1699 Stimmen (0,2%) und übertraf damit die ÖDP, die nur 1262 Stimmen (0,1%) erzielen konnte. Für die Arbeit dafür konnte der Landesverband Hamburg auf ca. 10 aktive HelferInnen zurückgreifen (nach eigenen Angaben). Ihren bisher größten Erfolg erreichte die Naturgesetz Partei in der oberpfälzischen 7000-Einwohner-Stadt Kötzting. Dort entfielen bei der Bundestagswahl 1994 6,8% der Stimmen auf ihren Kanditaten Willibald Gottfried Ellmann, womit sie die drittstärkste Kraft in Kötzting war.(vgl. "Der Spiegel", 24.10.`94 S.93f.) Mit dem Gesamtergebnis der Bundestagswahl von 0,2 % hat die Naturgesetz Partei jedoch keine gesellschaftliche Relevanz gewinnen können. Allerdings besteht auch keine deutliche Abwendung von ihrem Welt- und Menschenbild, wie sie von den Beatles in dem Lied ausgedrückt wurde, das sie, nach einem Besuch bei Maharishi, bei dem sie ihn durchschauten und von seinem Vergewaltigungsversuch an Mia Farrow überzeugt wurden, schrieben: "Sexy Sadie - what have you done, you made a fool of everyone..."

[Aus: Antifaschistische Informationen, Rechte Organisationen in Hamburg, Nummer 1; Erscheinungsdatum: 2. Juni `95; Herausgegeben von: Bündnis keinen Fußbreit den Faschisten, c/o Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg; e-mail: kfdf@krabat.nadir.org]