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Tue Aug  8 03:27:24 1995
 

Nationale Liste

Die NL wurde am 13.3.89 in Hamburg als Landespartei gegründet. Bis zu den Hamburger Bürgerschaftswahlen 1993 wurde am Parteiprogramm keine Silbe geändert. Der Vorstand setzte sich bei der Gründung, nach eigenen Angaben, aus drei Personen zuammen: Vorsitzender Thomas Wulff, Stellvertreter Thomas Sauer, Kassenwart Ursula Worch. Seit Anfang `93 besteht der Vorstand aus: Vorsitzender Thomas Wulff, 1. Stellvertreter Christian Worch, 2. Stellvertreter Michael Arnold, Kassenwart Friedrich Heimbürger.

Zum Parteiprogramm der NL

Gleich die ersten Sätze des Programms machen klar worum es geht: "Die Nationale Liste ist eine Partei des neuen Nationalismus. Sie steht auf dem Boden der herrschenden Gesetze". Mit dem Programm werden einfach die Anforderungen des Parteiengesetzes erfüllt, um den faschistischen Kadern als Mitglieder einer zugelassenen Partei juristische Rückendeckung zu verschaffen. Diese Kader bezeichnen sich selbst als "nationale Sozialisten". Der Übervater Kühnen wird ganz offen als "Repräsentant des Neuen Nationalsozialismus" bezeichnet.1

Worch und andere können einen Großteil ihrer Aktivitäten im Einklang mit den bestehenden Gesetzen abwickeln. Deswegen gehen wir im folgenden näher auf das Parteiprogramm der NL ein. Wir wollen zeigen das sich die Aktivitäten zwar irgendwie auf den legalen Rahmen des Programms beziehen und dabei faschistische Inhalte vermittelt werden, darüber hinaus aber Ziele der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) und NSDAP/AO verfolgt werden.

"Die NL kämpft gegen die Überfremdung unseres Vaterlandes. Sie will den Zuzug immer neuer Ausländermassen stoppen und die Zahl der in der BRD lebenden Ausländer auf ein für diese und uns erträgliches Maß reduzieren. Insbesondere fordert sie hierzu [...] die sofortige Ausweisung aller Ausländer, die sich illegal ( ohne Aufenthaltsgenehmigung hier aufhalten. [...] Sie fordert ferner die Loslösung von der EG zur Vermeidung eines weiteren Zuzugs von Ausländern."

Unter diesen Programmpunkt fallen dann z.B. Menschen die vor ca. 30 Jahren in die BRD als billige Arbeitskräfte geholt wurden, hochumjubelt von der deutschen Bevölkerung, weil sie mithalfen die in der Krise steckende Wirtschaft anzukurbeln. Es fallen auch deren hier geborene und aufgewachsene Kinder unter diesen Punkt, denen auch heute noch das Wahlrecht und die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert wird.

Weiterhin suggeriert die NL massenweise illegale Ausländer in der BRD. Es war noch nie so (nicht erst seit den neuen Asylgesetzen), daß Menschen die vor Hunger, Krieg, Vergewaltigung, Folter, Tod geflohen sind eine Chance hatten sich illegal in der BRD aufzuhalten. Die Ausnahmefälle, die bekannt wurden, zeigen, daß es diesen Menschen ausnahmslos dreckig geht, weil sie als billige Arbeitskräfte vernutzt werden, die nirgendwo ihre Rechte einfordern können, weil sie illegal sind.

"Ein weiteres Absinken der Geburtenrate und die damit verbundene Überalterung unseres Volkes muß verhindert werden."

Anscheinend ist "unser Volk" bedroht. Die nationalsozialistische Rassenlehre wird nicht erwähnt, aber klargemacht, daß Abstammung und Blutsverwandschaft die einzigen Kriterien dafür sind wer zum deutschen Volk gehört. Das völkische dient außerdem dazu die Gesellschaft mit ihren Widersprüchen durch den "Volkskörper" zu ersetzen über dessen Gesundheitszustand dann die Elite befindet und entprechende Maßnahmen gegen "Krankheiten" und "Schädlinge" durchsetzt.

"Die NL will das große kulturelle Erbe unseres Volkes bewahren und nach Möglichkeit mehren."

Als Kultur wird irgendwas großes, anscheinend altes definiert. Die beiden Kategorien "Volk" und "Kultur" konstruieren eine Identität, die in der Wirklichkeit keinen Bestand hat. Deswegen sind die Faschisten bemüht sich immer wieder selbst zu inszenieren. Als Beispiele ihrer Kulturarbeit seien hier der Aufmarsch am Kriegerdenkmal, 120 Jahre Deutsches Reich Feierlichkeiten und die Rudolf Hess Gedenkmärsche genannt.

Verherrlichung des NS

Die Relativierung der NS Verbrechen ist eine zentrale Aufgabe der NL. Dabei werden offene Äußerungen aus strafrechtlichen Gründen vermieden. In den Publikationen der NL finden sich keine ideologischen Darstellungen und erstrecht keine Debatten. Offenbar ist niemand fähig eigene Überzeugungen zu formulieren.

Stattdessen wird die NS Ideologie im Allgemeinen propagiert : "Mein Kampf ist und bleibt der Inbegriff einer klaren, verständlichen und für viele überzeugenden Weltanschauung".2 In dem Buch "Mein Kampf" forderte Hitler die Errichtung eines rassisch gereinigten Führerstaates, dessen Zweck die "Eroberung neuen Lebensraumes für das deutsche Volk" im Osten sein sollte.

Mit dem 2. Weltkrieg der deswegen von diesem Staat begonnen wurde hat die NL nur ein Problem : "Wir haben verloren". Ansonsten hätte Hitler als "der größte Staatsmann der letzten tausend Jahre gegolten"3

Eine besondere Bedeutung für die eigene Standortbestimmung und für das Selbstwertgefühl hat die Verehrung von Führerfiguren. Durch die Verehrung einzelner Männer wird die Zustimmung zu deren Taten und zum NS-Regime insgesamt vermittelt. Neben dieser propagandistischen Funktion wird durch den Bezug auf solche "Größen" auch die eigene Bedeutung überhöht. Neben den propagandistischen und psychologischen Funktionen dieser Totenverehrung bieten Begräbnisse und Todestage der NL die Möglichkeit der gemeinsamen Aktivität mit anderen faschistischen Gruppen.

An erster Stelle steht hier Rudolf Hess, der als "Stellvertreter des Führers", "Märtyrer des Friedens", "einer der größten Söhne Deutschlands" usw bezeichnet wird.4

Zur Taktik der NL bei den Wahlen `94

Auf einem Treffen in Sachsen in `94 haben Funktionäre der beiden verbotenen Parteien "Deutsche Alternative" und "Nationale Offensive" und der "Nationalen Liste" die Gründung von Wählerinitiativen für die "Republikaner" beschlossen.6 In einer Presseerklärung der NL vom 28. 02.94 wird die eigene, führende, Rolle bei der Festlegung des Kurses für die Bundestagswahlen betont und den sogenannten "Vertretern befreundeter Org.-Strukturen" eine beratende Funktion zugeschrieben. Das ist ein weiterer Beleg für die Rolle der NL und namentlich Worchs in der GdNF. 7

Angesichts des möglichen eigenen Verbots versuchte die NL mit dem "Aktionsbündnis Republikaner in den Bundestag" einen legalen Rahmen für die Zusammenarbeit mit bereits verbotenen Gruppen der GdNF Struktur zu schaffen und "eine wenigstens grundlegende Einigkeit (...) zu demonstrieren." Darin sah die NL die einzige Möglichkeit auf die "Verfolgungswelle" zu reagieren, weil sie "(noch) nicht die nötigen Strukturen" hatte, "um sich allein dagegen wehren zu können." 8 Zumindest erreichte die NL mit dieser Initiative, daß über sie in der Presse berichtet wird. Schönhuber drohte mit juristischen Schritten gegen die Wahlunterstützung forderte ein Verbot u.a. der NL. In Bremen trat ein "Aktionsbündnis" auf. Der FAP Funktionär Markus Privenau spricht aus, was die NL als Motto verbreitet hat : "Das Ziel ist eine Volksfront von Rechts". 9

Von dem Einzug der REP's in den Bundestag versprach sich die NL, das sich "Medienkampagnen und die militanten Aktionen der Antifa"8 stärker auf die REP's konzentrieren. Gleichzeitig wird auf "Rechtsabweichler" gehofft, die sich als gewählte REP Abgeordnete offen zur "Nationalen Opposition", also zu den Gruppen der GdNF, bekennen und ihnen so größere Publizität verschaffen. 10

Abgesehen von dem Nutzen für die eigene Organisation wurde der mögliche REP Erfolg bei den Bundestagswahlen von der NL als Beitrag zur Entwicklung des faschistischen Lagers gesehen. Es geht ihnen darum, "daß die CDU/CSU nicht mehr am `rechten Rand` auf Stimmenfang gehen und gleichzeitig die `bürgerliche Mitte` halten kann." 8

Doch die Unterstützung der REPs ist nur eine Möglichkeit. Um "auf örtlicher Ebene durch andere Rechts-Parteien ein Gegengewicht" zu den REPs zu schaffen, erklärte sich die NL für alle anderen `94 stattfindenden Wahlen zur Wahlhilfe für NPD, DVU und Deutschen Liga bereit, wenn diese kooperationsbereit sind. 8 Während die NL vorgibt bei den REPs auf "Rechtsabweichler" zu hoffen, sollen diese Parteien Kandidaten aus der GdNF aufstellen. Das Ziel ist in beiden Fällen die Parlamente als Tribüne für mehr oder weniger offene nationalsozialistische Propaganda zu benutzen.

Angesichts der Erfolglosigkeit eigener Kandidaturen und Verboten der eigenen Parteien greift die GdNF in der BRD auf eine Taktik zurück, die schon mehrere Jahre alt ist. Im März 1990 wurde ein Mitglied der ANS Niederlande als Abgeordneter der Centrums Partei in den Gemeinderat von Purmerend gewählt. Harald Neubauer, ein Europa Parlament Abgeordneter der REPs, wurde im gleichen Jahr von Kühnen als NSDAP/AO Mitglied geoutet. Laut Eite Homann, dem Vorsitzenden der ANS und Mitglied der NSDAP/AO, sind 1990 viele Faschisten in die Centrums Partei eingetreten um als Kandidaten aufgestellt zu werden. Homann gehört ebenso wie auch andere Führungspersonen aus der ANS der GdNF an. 5 Die 30 bis 40 Mitglieder der seit 1984 verbotenen ANS Niederlande waren auch in 1995 wieder auf Listenplätzen der Centrums Partei zu finden. Diese erhielt bei den Gemeinderatswahlen im März ca. 6% der Stimmen. 11

Zum Verbot der NL

Am 24.02.94 wurde die NL, sowie deren Zeitschrift "Index" vom Hamburger Innensenator Wrocklage verboten. Die Wohnungen von 5 NL-Mitgliedern wurden durchsucht, Verhaftungen gab es keine.

Der Hamburger Senat hatte bereits am 31.08.93 beim Bundesverfassungsgericht die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NL beantragt. Die Verbotsbestrebungen de Inneministeriums in `94 ergaben dann im Februar `95, daß die NL keinen Parteien-Staus hat und deswegen nur von der hamburger Innenbehörde verboten werden kann.

Somit hatte die NL ein Vierteljahr Zeit sich auf das Verbot vorzubereiten.

1 Pressemitteilung Worch, 8.6.91

2 Index, Sept 92

3 Index 2,S2

4 Wunsiedel Broschüre der NL

5 Index 28,S9

6 Spiegel 8/94

7 Argumente gegen Rechts (Broschüre)

8 NL-Diskussionspapier "Republikaner in den Bundestag ?!?

9 Argumente gegen Rechts (Broschüre)

10 Presseerkärung der Nationalen Liste vom 28.2.94

11 Antifaschistische NRW Zeitung Nr. 5

[Aus: Antifaschistische Informationen, Rechte Organisationen in Hamburg, Nummer 1; Erscheinungsdatum: 2. Juni `95; Herausgegeben von: Bündnis keinen Fußbreit den Faschisten, c/o Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg; e-mail: kfdf@krabat.nadir.org]