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Politisierende Psychosekten

Der "Bund zur Verbreitung unerwünschter Einsichten" und Zegg ("Zenrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung")

Diese zwei Sekten haben organisatorisch nicht viel gemeinsam, gehören aber beide in die Kategorie der "Politisierenden Psycho sekten". Diese Gruppierungen wurden von frustrierten Altlinken der 70er aufgebaut. Sie haben einen starken Führerbezug und eine Ideologie, die sich letztendlich auf "Fick dich frei" reduzieren läßt. Dies auch oft unter Mißachtung von Persönlichkeitsrechten und mit starken autoritären Elementen. Hier liegt ihre Verbindung zur Rechten.

Der "Bund zur Verbreitung unerwünschter Einsichten"

stammt aus Freiburg, wo er ursprünglich "Marxistisch-Reichistische Initiative" hieß. Die Analyse Reichs von der verdrängten Sexualität als Grundlage der Massenpsychologie des Faschismus ist eine der Legitimationsgrundlagen für ihr "Freie Liebe"- Programm. Er hat zahlreiche weitere Tarnnamen, unter anderem

-Arbeitskreis Antiklerikales, Göttingen

-Bund gegen Anpassung

-Bund zur Verbreitung unbequemer Ansichten

-Bunte Liste (BuLi), Freiburg

-Gruppe für Aufklärung, Demokratie und Selbstbestimmung

-Initiative Neue Linke (INL), Göttingen, Wien und Salzburg

-Internationale Gesellschaft zur Entwicklung der Lebensfreude e.V. (IGEL)

-Verein zur AIDS-Verhütung e.V., Fankfurt am Main

Ihr Verlag ist der Ahriman-Verlag (Freiburg). Der Führer der Sekte heißt Fritz Hoevels (Freiburg).

Zu ihren Feindbildern zählen vor allem die Kirche (wegen ihrer Sexualfeindlichkeit), dann HIV-Infizierte, die sie gerne zwangs tätowieren lassen würden, Feministinnen ("frigide"), die USA, der Islam (Bomben auf Teheran für Rushdie) und die Linke. Dies mündete 1989 in die Erkenntnis "Haargenau die gleichen Feinde", ein Flugblatt, gerichtet an die "Republikaner". Sie bekämpfen nämlich auch den "Nationalmasochismus" und die "Erbschuldmystik". (aus "Offener Brief an alle, die sich überlegen, die `Republikaner' zu wählen").

Die flächendeckende Paranoia der Sekte äußert sich in Feindkar teien, Videoaufnahmen von GegnerInnen und teils auch in gewalttä tigen Angriffen.

In Hamburg

treten sie vor allem als "Bund zur Verbreitung unerwünschter Einsichten", als "Bund gegen Anpassung" oder als "Bund zur Verbreitung unbequemer Ansichten" auf.

Sie waren während des zweiten Golfkriegs (1991) aktive, zum Teil fanatische Saddam-Hussein-UnterstützerInnen. Dabei schreckten sie auch nicht vor rassistischen Begründungen zurück: "Hat denn jemand schon mal a) einen Yeti bei der Paarung oder b) einen kuweitischen Staatsbürger bei der Arbeit gesehen? Dagegen sind die Liechtensteiner richtig fleißig." (Flugblatt "Bismarck hui Hussein pfui") Während des Golfkriegs organisierten sie eine Veranstaltung zu Husseins Unterstützung an der Universität. Ein weiteres Mal fielen sie ein gutes Jahr später auf, als sie nach den Massakern beim Newrozfest in Kurdistan 1992 versuchten, ihre Thesen auf einer ai-Veranstaltung in der Uni loszuwerden.

Seitdem sind sie - soweit bekannt - nur noch durch ihren Schaukasten am U-Bahnhof Hallerstraße in Erscheinung getreten, in dem sie die Erzeugnisse ihres "Ahriman"-Verlages ausstellen. Dazu zählen neben Hetzschriften gegen HIV-Infizierte auch die Bücher der Reihe "Unerwünschte Bücher zum Faschismus". Eines dieser Bücher ist sogar in der Staatsbibliothek zu bekommen: Vladimir Dedijer, "Jasenovac - das jugoslawische Auschwitz und der Vatikan" zur Ustascha, der klerikal-faschistischen Vergangenheit Kroatiens. Es ist jedoch davon auszugehen, daß Dedijer unwissentlich vereinnahmt wurde.

Soweit sie öffentlich aufgetreten sind, waren es zumeist Frauen um die 40 mit 70er-Jahre-Klamotten, Freiburger Akzent, verdrehter Sprache und dünnen Nerven.

Quellen

Sönke Braasch, "`Bund gegen Anpassung' - Politisierende Psychosekte", Der Rechte Rand 1991

"Sektenquatsch und Eiermatsch", Broschüre der AntiFa SB im AStA der Uni Göttingen, Sept. l989

Wolfgang Schneider, "Aus dem Tollhaus II", Konkret 3/88

ZEGG: "Zentrum für Experimentelle Gesellschaftsgestaltung"

Das ZEGG stammt aus demselben Sumpf wie der BzVuE. Es hat seinen Ursprung in der "Aktionsanalytischen Organisation" (AAO) Otto Mühl. Diese Sekte hatte ihr Zentrum auf dem Friedrichshof im Burgenland (Österreich), später auf Gomera. Nachdem Vergewaltigungsvorwürfe gegen Otto Mühl und seine Frau Claudia Mühl laut wurden, spaltete sich die Gruppe um Dieter Duhm ab, der jetzt der Führer des ZEGG ist. Die Mühls wurden beide wegen Vergewaltigung Minderjähriger verurteilt.

Und obwohl die ZEGG sich von dieser Vergangenheit zu distanzieren versucht, ist das Verhältnis der Gruppe zum "Sex mit Kindern" nach wie vor ungeklärt: "Zur freien Liebe gehört die behutsame Einführung der Kinder in dieses Thema". Von den "Fickplänen" der AAO ist zwar Abstand genommen worden, aber 1992 wurde der von der Sektenfiliale "Sex-Peace" betriebene Kinderladen in Köln geschlossen, weil die Erzieher die Kinder sexuell genötigt hatten. Ein Vierjähriger vor Gericht: "Es sind alle Erzieher gewesen, und alle Erzieher haben das gemacht."

Bald nach der Wende erwarb ZEGG das ehemalige Stasi-Gelände bei Belzig, wo es jetzt residiert.

In Hamburg

rekrutiert ZEGG einen erheblichen Teil seiner Anhänger, unter anderem über das MEIGA-Sommercamp ("Eine Chance für die Liebe").

Quellen

"Janosch mit dem Plastikschwert und ein Kinderladen im Verdacht", Ingrid Müller-Münch, FR 8.7.1992

Wolfgang Schneider, "Aus dem Tollhaus II", Konkret 2/88

[Aus: Antifaschistische Informationen, Rechte Organisationen in Hamburg, Nummer 1; Erscheinungsdatum: 2. Juni `95; Herausgegeben von: Bündnis keinen Fußbreit den Faschisten, c/o Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg; e-mail: kfdf@krabat.nadir.org]