Auch bundesdeutsche Universitäten und ihre StudentInnen sind schon seit langem nicht mehr so fortschrittlich wie ihr Ruf. Insbesondere nach Kohls geistig-moralischer Wende und dem Anschluß der DDR treten Reaktionäre aller Couleur, insbesondere die Studentenverbindungen (Burschenschaften sind nur die, welche sich selbst so nennen) immer dreister auf. Von den 30 Hamburger Verbindungen sind gewiß nicht alle neofaschistisch, jedoch grenzen viele immer noch ausländische Studierende und Frauen aus. Elitedünkel und die Bildung von Seilschaften in Politik und Wirtschaft läßt sich ebenfalls bei vielen Korporationen nachweisen. Darüber hinaus sind insbesondere die Burschenschaften, meist im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) zusammengeschlossen, nicht nur historisch durch ihre Affinität zum Faschismus aufgefallen.
Zu den eindeutig neofaschistischen Burschenschaften zählen die Burschenschaft Germania Hamburg, die Burschenschaft Askania und die Pennale Burschenschaft Teutonia. Von der Germania ist schon seit längerem der gute Kontakt zur FAP bekannt: bis Dezember 1992 wohnte im Germanenhaus in der Sierichstr. 23 der Hamburger Landesvorsitzende der FAP Andre Goertz. Mitlerweile ist hier Ex-Republikaner Rolf Leppert eingezogen,nachdem er früher schon Karriere bei den Pennalien machte. Er ist Mitarbeiter des Deutschen Rechtsbüros, einer Rechtshilfe Organisation der militanten Nazis. Bis zum Umzug ins bayrische Münsing betrieb Leppert das Postfach und war Inhaber des WuselDi -Verlags, in dem die Broschüre "Mäxchen Treuherz und die Juristischen Fußangeln" erschien. In dem Korporationshaus wurden mehrere Demonstrationen, z. B. des "Bürgerforums für die deutsche Einheit", vorbereitet. Letzteres vereinigte ein breites Spektrum von Hamburger Nazis unter seinem Namen, wie REPs, NPD, DVU, FAP, NL und die studentische Gruppe 146.
Außerdem finden im Hause der Germanen auch ideologische Schulungen statt, wie die vom 29. 4. 1993 über die sog. Konservative Revolution. Gehalten wurde ein Referat über Moeller van den Bruck der für einen völkischen Ständestaat plädierte und dessen Buch "Das dritte Reich" Adolf Hitler als Vorbild diente. Der Referent distanzierte sich in keiner Form von diesem "Wegbereiter des Faschismus", sondern sprach in apologetischer Weise von dem "Nationalen Lager", "in dem sich früher Moeller und heute die Burschen befinden würden. Die Germania wirbt zudem regelmäßig in der neurechten Zeitung "Junge Freiheit."
Zweite braune Burschenschaft ist die Askania. Von ihr ist wenig bekannt, da sie die Öffentlichkeit scheut. Sie soll ca 15 Mitglieder haben, welche als Neonazis eingeschätzt werden. Für eine Veranstaltung, die im Haus der "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft", einer Nazisekte, stattfand, luden sie den General a.D. Uhle-Wettler ein. Dieser war in der REP-Programmkommission und ist ständiger Autor in der "Jungen Freiheit".
Für Nazis an der Schule ist die Schülerburschenschaft Teutonia Hamburgia zuständig. Sie gab die Zeitung "Freies Volk" heraus. In der Redaktion saßen Heiko Pätzmann, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Hamburger REPs und Rolf Leppert, ehem. Beisitzer der Partei. Die Zeitung orientiert sich anscheinend an dem großen Vorbild "Junge Freiheit" und versucht mit Ethnopluralismus und Nationaler Idendität den Kampf um die Köpfe zu gewinnen. Doch manchmal gerät dieser Versuch doch etwas arg plump. Sätze wie: "Insbesondere die Stadtteile Kreuzberg und Neukölln sind dermaßen überfremdet, daß eine Integration nicht mehr möglich ist." oder: "Das Deutsche Reich, das Bismark 1871 gegründet hat, ist der Nationalstaat des deutschen Volkes. Dazu gehören natürlich die Ostprovinzen Preußens nach dem Stande von 1914", verraten die völkische Absicht.
Neben Werbeanzeigen der Naziblätter "Europa Vorn", "Junge Freiheit" und den "Unabhängigen Nachrichten" findet sich in einer Ausgabe auch ein Interview mit dem selbsternannten "Nationalmarxisten" Reinhold Oberlercher. Dieser legte gerade ein "Hundert-Tage-Programm der nationalen Notstandsregierung" vor, welches locker den Vergleich mit dem NSdAP-Programm standhält. Angemerkt sei an dieser Stelle noch, daß die Teutonia, um die es etwas ruhig geworden ist, obwohl Pätzmann in der Jungen Freiheit noch auf Dummenfang geht, einem Allgemeinen Pennäler Ring (APR) angeschlossen ist, dem 9 Schülerburschenschaften angeschlossen sind. Ebenfalls im APR ist die Pennalie "Albia Harburgensis", welche in der Jungen Freiheit wirbt. Die "Primanervereinigung Albia Harburgensi ... am 04. April 1981 als Freundschaftsbund mit Convents- und Lebensbundprinzip, deutschnationaler Grundhaltung und burschenschaftlicher Ausrichtung" gegründet, geriet im Winter 1994/95 etwas in Bedrängnis. Nachdem es kurz nach Weihnachten eine Störung ihres "Glühbierabends" gegeben hatte, mußte ihr Gedenken an die "Reichsgründung" wegen antifaschistischer Proteste vollständig ausfallen. Ins Gilde-Haus in Harburg wird Schriftwart Thomas Brunke seine Bürschlein wohl nicht so schnell wieder einladen.
Die drei braunen Burschenschaften Germania, Teutonia und Askania haben nun wiederum im Sommer 1990 den "Deutschen Freundeskreis" (DFK) gebildet. Dieser Zusammenschluß, der sich nach den revanchistischen DFKs in Polen (Schlesien) nennt, ist laut Verfassungsschutz eine rein aus Korporierten bestehende Organisation. Wahrscheinlich wurde sie von enttäuschten Republikanern gegründet, die nach der gescheiterten Intellektualisierung der REPs durch den Republikanischen Hochschul Verband, Schönhuber den Rücken kehrten und versuchen nun ein Bündnisprojekt aufzuziehen. Zeitweilig stand der DFK auch der faschistischen "Deutschen Liga für Volk und Heimat" nahe.
Bis Ende 1991 gab der DFK die Zeitung "Horizont" heraus, verantwortlich war Ingo Curdt, Mitglied der NPD und ehemaliger Kreisvorsitzender deren Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten. In der Zeitung fand sich wiederum Werbung für die Teutonia, welch Wunder, da auch hier Rolf Leppert wieder in der Redaktion saß. Für den 9. November 1990 kündigte der DFK dann großkotzig eine Demo unter dem Motto "Nie wieder Sozialismus in Deutschland" in der Zeitung "Die Welt" an. Dort hieß es u.a. "Keine internationalistische Gleichmacherei, keine multikulturelle Gesellschaft, die Deutschland seiner in Generationen gewachsenen kulturellen Identität beraubt." Reden durfte auf der Kundgebung der Nazi-Anwalt Jürgen Rieger. Am 3. Oktober 1991 machte der DFK dann nochmals eine Flugblatt-Aktion unter dem Titel "Solidarität mit allen unterdrückten Völkern!". In nationalrevolutionärer Weise wird der Bogen vom Selbstbestimmungsrecht der Völker, hier der Kroaten, Iren oder Basken, zum völkischen Chauvinismus der Deutschen geschlagen. Gefordert wird die Annexion von Schlesien, Pommern und Ostpreußen unter Brechung aller völkerrechtlichen Grenzen.
Auch der DFK machte verschiedene Veranstaltungen, so z.B. mit dem berüchtigten Auschwitzleugner David Irving und dem Leiter des neurechten Thule-Seminars, Pierre Krebs. Treffen des DFKs fanden im Haus der Germania Hamburg statt.
Eine Gruppe aus Burschenschaftern, DFK-Mitgliedern und anderen Faschisten treibt zudem regelmäßig Wehrsport in Niedersachsen. Geübt wird mit Übungs- und Leuchtspurmunition, Gotcha-Waffen und eigenen Fahrzeugen. Von den Ausbildern wurde 1992 das Komitee für freiwillige Reservistenarbeit Nord" (KON) gegründet. Das KON erhofft sich durch die offizielle Gründung eine Anerkennung durch die Bundeswehr, um mit dieser gemeinsam zu trainieren. Trainiert wird für Anschläge auf ImmigrantInnen und für den Kampf gegen politische Feinde. Durch die Kontakte des DFKs zu Christian Worch, ist auch eine Verbindung zur Anti-Antifa nicht auszuschließen, zumindest tauchten schon dementsprechende Schmierereien an der HHer Uni auf. In einem geheimen Verfassungsschutzbericht, der in der TAZ zitiert wird, heißt es: es sei "keinesfalls mehr auszuschließen, daß sich auch fanatisch-nationalistische und von einem elitär-revolutionären Pathos beflügelte Korporationsstudenten dazu aufgerufen fühlen, das Vaterland mit Gewalt gegen Volksunterdrücker zu verteidigen. Es wäre nicht das erste Mal in der deutschen Geschichte, daß sich Korporationsstudenten in die erste Reihe einer Nationalrevolutionären Bewegung stellen würden."
Nicht in der TAZ erwähnt wird die Landsmannschaft Mecklenburgia Rostock, welche in der Zeitung des Sturmvogels, einer Abspaltung der militanten Wiking Jugend, Nachwuchs sucht.
Die Meckis, wie sich die schlagenden Korporierten aus der Sierichstr. selber nennen, werben auch regelmäßig in der "Jungen Freiheit" u.a. für eine Veranstaltung mit dem deutschnationalen Prof. Seiffert aus Kiel. Seiffert war mit Schönhuber im "Deutschlandrat" einer rechten Akademikerriege, die kurz vor der Gründung der REPs ideologische Vorarbeit für diese leistete. In Hamburg fiel Seiffert durch eine Veranstaltung an der Uni auf, bei der ihm Schläger der faschistischen "Hamburger Liste Ausländerstopp" Saalschutz gewährten.
Das Neueste von der Front völkischer Studis ist die Gründung eines Lesekreises der Jungen Freiheit. Wir sind sicher, daß auch hier wieder Korporierte dabei sind. Immerhin wurde diese Nazipostille für AkademikerInnen, schon 1990 von folgenden Hamburger Korporationen abonniert : Hammonia-Marko Natangia, Mecklenburgia Rostock, Schlesvigia-Niedersachsen, alle sind Landsmannschaften im Coburger Convent, sowie von dem Pressereferat der Deutschen Burschenschaft in der Roonstraße.
Zur letzten Wahl des Studierendenparlamentes im WS 1994/95 kandidierte eine Liste mit dem Namen Uni-aktiv, die Bundeswehrreservisten, Mitglieder einer Konservativen Opposition und CDU- bzw. JU-Mitglieder vereint. Die Sympatieträger der neofaschistischen Burschenschaften wollen an der Uni radikal aufräumen : erst mit dem Schwulenreferat, dem Frauen- und Lesbenreferat, dem Ökolgiereferat und dem AusländerInnenreferat und später am liebsten mit den übrigen Gremien der selbstorganisierten StudentInnenschaft. Den Vorwurf rechtsextrem zu sein, weisen sie selbstverständlich weit von sich, obwohl der Kandidat auf Listenplatz 1 Thomas Crerar, Jura-Student, es eigentlich besser wissen müßte. Er bezieht seine politische Bildung durch ein Abonnement der Jungen Freiheit.
Der neofaschistische Charakter einiger Hamburger Korporationen läßt sich nicht mehr leugnen. Die anderen Korporationen müssen sich fast alle vorwerfen lassen, daß sie sich im sog. Bonner Papier zu einer gemeinsamen Arbeit mit den Burschenschaften verpflichtet haben und diese auch praktizieren. Konservativ bis reaktionär sind sie eh meistens. Da in der scheinbar undurchschaubaren Vielfalt dem/der Außenstehenden der Überblick schwer fällt, empfehlen wir :
Distanziert euch von jeglichen Korporationen !
Sorgt dafür, daß Burschen- und Landsmannschaften an der Uni keine Möglichkeit bekommen ihre Propaganda zu betreiben !
Keinen Fußbreit den Faschisten und ihren Wegbereitern !
Quellen:
TAZ; Freies Volk Nr. 1-3; div. Ausgaben von Horizont; Flugblätter des Deutschen Freundeskreises; Index , Zeitung der "Nationalen Liste"; Abo-Datei der Jungen Freiheit; div. Ausgaben der Jungen Freiheit
[Aus: Antifaschistische Informationen, Rechte Organisationen in Hamburg, Nummer 1; Erscheinungsdatum: 2. Juni `95; Herausgegeben von: Bündnis keinen Fußbreit den Faschisten, c/o Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg; e-mail: kfdf@krabat.nadir.org]