Dem ZEGG wird von KritikerInnen vielfach der Vorwurf gemacht, eine Sekte zu sein. So z.B. auch im Zusammenhang mit dem Auftrittsverbot für Sabine Lichtenfels und Dieter Duhm in einer Vorlesungsreihe von Rudolf Bahro an der Humboldt-Universität im Sommer 1993.
Die Unipräsidentin Marlis Dürkop untersagte damals Bahro die Einladung der beiden mit der Begründung, das ZEGG sei eine Sekte, deren Ziele im Widerspruch zur humanistischen Auffassung der Humboldt-Uni stünden.
Das Ganze hatte natürlich auch damit zu tun, daß Antifa-Gruppen bereits zur Störung dieser Vorlesung mobilisiert hatten.
Das ZEGG seinerseits reagierte damals mit offensivem Zurückschlagen. Das Titelblatt der Juli/August-Ausgabe des ZEGG-Magazins wurde mit dem Aufdruck "Vorsicht Sekte!" versehen. Das ZEGG behauptete in diesem Heft, daß auf sie lediglich klischeehafte Vorstellungen von Sekten projiziert würden, in denen Hörigkeit und psychische Unterwerfung im Mittelpunkt ständen, was jedoch mit dem Leben und der Realität im ZEGG nichts zu tun hätte.
An dieser Stelle ist es vielleicht ganz hilfreich, ein paar Worte über die Bedeutung des Begriffs "Sekte" zu verlieren:
"Sekte", eine Ableitung des lateinischen Wortes "sectare" = "abspalten" oder auch "sequi" = "folgen" wird seit Jahrhunderten zumeist von den christlichen Großkirchen als im deutschen Sprachgebrauch diffamierend verwendet. Erst mit dem Aufkommen der zumeist indisch geprägten sog. "Jugendreligionen", wie z.B. "Hare Krishna", gelangte der Begriff "Sekte" in den allgemeinen Sprachgebrauch und wurde seitdem auf viele religiöse Gruppen, die nicht zum Mainstream der großen Weltreligionen gehörten, verwandt. Nicht zuletzt wegen des diffamierenden Beigeschmacks des Sektenbegriffs, beschränkt man sich heutzutage wieder darauf, den Begriff lediglich auf die klassischen christlichen "Sekten" zu beziehen.
In diesem Sinne ist das ZEGG sicherlich keine Sekte und auch der "religiöse" Unterbau läßt nicht unbedingt Wurzeln im klassischen Christentum erkennen.
Darüber hinaus sind wir der Meinung, daß das ZEGG und die von ZEGG propagierte Ideologie genügend Ansätze für eine kritische Auseinandersetzung bietet und die Frage, ob Sekte oder keine dabei eigentlich zweitrangig ist. Vielmehr geht's uns darum, eine über den Sektenvorwurf hinausgehende Auseinandersetzung sowohl mit der ZEGG-Ideologie als auch mit seinen SympathisantInnen zu führen, was wir mit dieser Broschüre versucht haben und unter euch anleiern wollen.
Tatsächlich sind bis heute noch keinerlei Fälle bekannt geworden, in denen das ZEGG versucht hätte, Ausstiegswillige in Belzig zu halten oder unter Druck zu setzen.
Andererseits wäre dem entgegenzuhalten, daß das ZEGG ja ohnehin nicht als "geschlossene Gemeinschaft" arbeitet, sondern ein offenes Konzept mit zwar fester "Belegschaft", aber wechselnden TeilnehmerInnen verfolgt, so daß sich die Frage nach einer Zwangsmitgliedschaft, die als Kriterium für die Kategorie 'Sekte' üblicherweise angewandt wird, so gar nicht stellen kann.
Allerdings stellt sich uns auch die Frage, wem und warum eine solche Kategorisierung, sprich das Öffnen der Sektenschublade eigentlich nützt.
Dazu sagt ein ehemaliges AAO-Mitglied einige Sachen, die wir ganz passend fanden:
"Ein Hauptmotiv, einen Oberbegriff zu suchen, scheint das Verlangen der gesellschaftlichen Mehrheit zu sein, eine Distanz der 'mainstream'-Ideologie zu den Verirrten auszudrücken. Der ideologischen (Selbst-) Ausgrenzung der 'Sekten' begegnet die Gesellschaft mit einer nicht weniger ideologischen Ausgrenzung. Ein Dialog ist kaum mehr möglich, es dominieren Anfeindungen, Vorurteile und - bisweilen - Verfolgung." (Andreas Schlothauer, S.195)
Auch wir meinen, daß mensch es nicht bei Ausgrenzung, bestenfalls Bemitleiden belassen sollte. Ein solches Verhalten führt zu weiterer Isolierung der Betroffenen und als Folge davon zu noch engerer Anbindung an die jeweilige Gruppierung.
Und auch für's ZEGG gilt, daß der Sekten-Vorwurf kein Ersatz für eine inhaltliche Auseinandersetzung sein kann.