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Autonome Antifa Heidelberg

Polizeiübergriff auf Autonomes Zentrum

23.02.95-23:42:30

22.02.1995

Stellungnahme des Autonomen Zentrums

zum Polizeiuebergriff am Abend des 16.02.1995

Am Donnerstag Abend drangen zwei Polizisten gegen 21.00 Uhr in das

Autonome Zentrum ein. Obwohl sie mehrfach nach der Legitimation

fuer ihr Handeln gefragt wurden, aeusserten sie sich zunaechst

nicht zur Sache und zeigten auch keinen Hausdurchsuchungsbefehl

vor. Stattdessen durchsuchten sie einige Raeume. Als einige

Besucherinnen und Besucher versuchten, dieses Handeln friedlich und

gewaltfrei zu unterbinden und die Polizisten des Hauses verwiesen,

wurden die Beamten handgreiflich. Statt sich nun endlich zu

legitimieren, forderten die beiden Verstaerkung an.

Jetzt erst begruendeten die zwei ihr Eindringen: Der Vater einer 16

jaehrigen Frau hatte behauptet, dass seine Tochter sich gegen

seinen Willen im AZ aufhalte; er habe die Polizei zu Hilfe gerufen.

Waehrend die zwei zuerst eingetroffenen Beamten das AZ durch den

Vordereingang verliessen, kam durch den Hintereingang ein

Stosstrupp von Einsatzkraeften - bewaffnet mit schussbereiten

Maschinenpistolen und gezogenen Schlagstoecken - herein. Sie

durchsuchten einige der hinteren Raeume und knueppelten dabei auf

die hinten anwesenden Gaeste ein. Ein weiterer, genauso bewaffneter

Stosstrupp kam nahezu zeitgleich zum Vordereingang herein. Diese

Polizisten traten und knueppelten ebenfalls auf einige der von

Maschinenpistolen eingeschuechterten Gaeste ein. In diesem Zuge

wurden "Tatverdaechtige" grundlos verhaftet - ausser Ausweichen gab

es von Seiten der Gaeste keinerlei Widerstand. Die Verhafteten

wurden in Handschellen ins Polizeirevier Mitte abtransportiert,

dort fotografiert und verhoert. Im Zuge weiterer Durchsuchungen

stellte sich heraus, dass die gesuchte Person sich nicht im AZ

befand - hiervon konnte sich auch ihr Vater, der sich unter diesem

massiven Polizeischutz endlich hereingewagt hatte, ueberzeugen.

Presseerklaerung der Polizeidirektion Heidelberg:

Massiv in ihrer Arbeit behindert und taetlich angegriffen

wurden Heidelberger Polizeibeamte am Donnerstag abend im

"Autonomen Zentrum" (AZ) in der Alten Bergheimer Strasse. Der Vater

eines 16-jaehrigen Maedchens war gegen 20.40 Uhr beim Polizeirevier

Heidelberg-Mitte erschienen und hatte mitgeteilt, dass sich seine

Tochter, die unter psychischen Problemen leidet und

suizidgefaehrdet ist, gegen seinen Willen im AZ aufhalten wuerde.

Unmittelbar zuvor hatte er selbst vergeblich versucht, seine

Tochter zum Mitkommen zu bewegen, wobei das Maedchen im Anschluss

daran mit anderen Personen ins AZ ging. Die Beamten des nunmehr

verstaendigten Polizeireviers Mitte wollten anschliessend dem

Erziehungsberechtigten die Tochter zufuehren und brachten dies bei

ihrem Einschreiten gegenueber den Anwesenden auch zum Ausdruck.

Dennoch wurden die Beamten beim Betreten durch die Anwesenden

kategorisch darauf hingewiesen, dass ihnen der Zutritt verwehrt

wird. Im weiteren Verlaufe kam es zu erheblichen Taetlichkeiten

gegenueber der Polizei, wobei insgesamt 5 Beamte verletzt wurden.

U. a. wurde ein Beamter mit einem Stuhl niedergeschlagen und ein

anderer von hinten gewuergt. Durch die eingesetzten Kraefte wurden

schliesslich 5 Tatverdaechtige im Alter von 23 und 24 Jahren

festgenommen, wobei einem anschliessend die Flucht gelang. Das

Maedchen selbst hatte zwischenzeitlich die Tumulte offensichtlich

genutzt und war aus den Raeumlichkeiten gefluechtet. Waehrend des

Einsatzes mussten, aufgrund der erheblichen Widerstandshandlungen,

insgesamt 28 Beamte eingesetzt werden.Die Ermittlungen dauern an.

Sie werden durch die Kripo Heidelberg gefuehrt.

Diese Presseerklaerung geht zu weiten Teilen voellig an der

Realitaet vorbei! Es hat definitiv keine "erheblichen

Widerstandshandlungen" oder gar "taetliche Angriffe" gegeben.

Demnach sind keine Einsatz kraefte von uns verletzt worden - kein

Beamter ist von uns mit einem Stuhl niedergeschlagen worden und

auch keiner von hinten gewuergt worden. Spaeter waehrend dieser

Polizeiaktion wurde der Ein satzleiter gefragt, was denn die

Maschinenpistolen sollten: Sie seien "zufaellig" dabei gewesen, da

sie beim Einsatz vorher noetig gewesen seien. Wahrscheinlich

stammen die Verletzungen der Polizi sten ebenfalls von diesem

vorherigen Einsatz!

Durch diese verfaelschende Schilderung des Ablaufs versucht die

Polizei, die im AZ Anwesenden als pruegelnde Chaoten darzustellen.

Dazu aeusserte sich die Stadt in der Art, dass dieser Zwischenfall

"nicht dazu fuehren sollte, in der Bevoelkerung Vorurteile

gegenueber den Mitgliedern des Autonomen Zentrums zu schueren."

Die regionale Presse berichtet voellig einseitig: Der Mannheimer

Morgen (Bericht am 18.02.1995) bezieht sich ausschliesslich auf die

Pressemitteilung der Polizei, obwohl die erste Presseerklaerung des

Autonomen Zentrums rechtzeitig vor Redaktionsschluss vorlag. Die

Rhein Neckar Zeitung (Bericht vom 18.02.1995) laesst scheinbar

beide Seiten zu Wort kommen, wobei der Schwerpunkt dann doch auf

den Aussagen der Polizei liegt. Aus unserer Presseerklaerung wurde

praktisch nur die Vermutung des Einschuechterungsversuchs und der

Machtdemonstration zitiert. Diese Einschaetzung ist allerdings

vorher schon durch Übernahme der entsprechenden polizeilichen

Darstellungen scheinbar widerlegt worden. Obwohl die Stadt sich

weiter positiv zum AZ aeussert ("Wie von der Polizeidirektion

Heidelberg bestaetigt wurde, sind die Laermbelaestigungen bei

Veranstaltungen im Autonomen Zentrum nicht groesser als bei

vergleichbaren Veranstaltungen." - Presseerklaerung der Stadt

Heidelberg) und seit geraumer Zeit keine Proteste von Nachbarinnen

und Nachbarn mehr bei uns eingegangen sind, waermt die RNZ auch

diese alten Geschichten wieder auf - um uns bei der Bevoelkerung in

Misskredit zu bringen!

Alles in allem bleiben einige Fragen unbeantwortet:

Warum hat die Polizei ueberhaupt eingegriffen?

(... fast taeglich naemlich gehen in Polizeirevieren Meldungen von

Eltern ein, die ihre Kinder vermissen. Zumeist werden die Eltern

mit der Begruendung abgewiesen, dass zum Eingreifen eine

gerichtliche Verfuegung noetig sei.)

Warum begruendete die Polizei ihr Eindringen nicht sofort?

(... es handelte sich naemlich nicht um die Suche nach einem

"gemeingefaehrlichen Schwerverbrecher" - eine Verdunklungs- oder

Fluchtgefahr im juristischen Sinne bestand nicht.)

Warum war die Verstaerkung mit Maschinenpistolen bewaffnet?

(... dass naemlich jeglicher Widerstand im AZ keinen Einsatz von

Maschinenpistolen erfordert, dass hier also gewiss nicht von

Verhaeltnismaessigkeit die Rede sein kein, steht wohl nicht zur

Debatte.)

Warum knueppelte die Verstaerkung gleich los?

(... dass naemlich vor der Muendung einer Maschinenpistole kein

Mensch Widerstand in irgendeiner Art leistet, liegt doch auf der

Hand!)

Warum behauptet die Polizei, dass fuenf Beamte von uns verletzt

worden seien?

(... mit dieser [falschen] Behauptung wird naemlich darauf

hingearbeitet, die anstehenden Verfahren auf "Koerperverletzung"

auszuweiten.)

Warum berichten Mannheimer Morgen und Rhein Neckar Zeitung

einseitig gegen das AZ?

(... unsere Presseerklaerungen werden naemlich nicht bzw. nur

unzureichend beruecksichtigt.)

Wir denken, dass auch hinter dieser Aktion eine weitergehende

Absicht steht. Dazu muss ein groesserer zeitlicher Zusammenhang

gesehen werden: Besonders massiv geht die Polizei seit dem

landesweiten Anti-Repressionstag am 03.12.1994 gegen das AZ vor,

als ein erster Versuch des Eindringens stattfand. Autos von

Personen, die offensichtlich mit dem AZ in Verbindung gebracht

werden, werden beobachtet und verfolgt; das AZ wurde (und wird?!)

von Polizei und Verfassungsschutz beobachtet. Diese Massnahmen wie

in besonderem Masse die vom Donnerstag Abend - sowie ihre

Einbindung in eine Medienhetze, sind dazu gedacht, das AZ in seiner

derzeitigen Situation, und damit Teile der linken Szene, zu

diskreditieren und mit Ermittlungs- und Strafverfahren zu

ueberziehen Das ist wohl die Strategie, dem AZ die Solidaritaet von

Buergerinnen und Buergern in Hinblick auf eine etwaige Raeumung

rechtzeitig zu entziehen.

Das Autonome Zentrum Heidelberg

Alte Bergheimerstr. 7a

69115 Heidelberg

Tel./Fax: 0 62 21 / 2 26 52

Diese Presseerklaerung wird unterstuetzt von:

AG Junge GenossInnen in der PDS

Antifa-AK der

Fachschaftskonferenz der Uni

Heidelberg

Antifa-Infoladen

Antirassistisches

Antifaschistisches Notruf- und Infotelefon Heidelberg

Autonome Antifa Heidelberg

Autonome Tierrechts Aktion

Arbeitskreis gegen Diskriminierung und Rassismus

Donnerstagsgruppe

Roter Splitter Hochschulgruppe

VEB Laut & Laestig

Wagenburg Hoppetosse

MUT-Menschenrecht und Tierrecht e. V.

IKT-Initiative Konsequenter Tierschutz e. V.

TUN-Tier- und Naturschutz e. V.

Archiv fuer Sicherheits- u. Entwicklungspolitik, Everswinkel

P.S.: Weitere UnterstuetzerInnen- Unterschriften bis Freitag Mittag

an obige Adresse bzw. Tel./Fax!