Die Heide wacht auf
17.03.95-02:59:59
Die Heide wacht auf
Widerstand gegen das Nazi-Zentrum in Hetendorf
"Der Rechte Rand" berichtete mehrfach über die Aktivitäten von
alten und jungen Nazis im Heideörtchen Hetendorf bei
Hermannsburg im Landkreis Celle. Auch nach dem Verbot der
Wiking-Jugend, die der auffälligste Nutzer des Anwesen Hetendorf
Nr.13 war, ist die Bedeutung dieses Zentrums nicht geringer
geworden. So sieht es das "Bündnis gegen Rechts", die regionale
Initiative für die Schließung dieses neofaschistischen
Schulungszentrums. Das Bündnis ruft jetzt zu antifaschistischen
Aktionstagen zu Pfingsten 1995 in der Heide auf und bittet um
Unterstützung.
Über Jahre hinweg veranstaltete die Wiking-Jugend (WJ) zu
Pfingsten ihre "Tage volkstreuer Jugend" in Hetendorf. Daran
beteiligten sich jeweils mehrere hundert TeilnehmerInnen. In das
Programm gehören u.a. Wehrsportübungen, uniformierte Ausmärsche
in die Heide und politische Schulungen. Diese Lager wurden auch
von Mitgliedern anderer neofaschistischer Organisationen besucht
und waren die bedeutendste Veranstaltung der WJ in ihrem
alljährlichen "Fahrtenplan".
Aber nicht nur die Wiking-Jugend, sondern auch eine Vielzahl
anderer Gruppen und Organisationen, gehören zu den Nutzern des
sogenannten "Heideheims" in Hetendorf: Altnazis, die über einen
"Freundeskreis Filmkunst" regelmäßig zur Vorführung
"historischer Filme" zusammenkommen, rassistische und
neuheidnische Gruppen wie die "Artgemeinschaft" oder der "Bund
der Goden" treffen sich hier zu Tagungen, Neonazis wie die FAP
oder die verbotene "Nationalistische Front" veranstalteten hier
ihre Parteitage, die NPD nutzt die Räumlichkeiten für
Versammlungen auf Landes- und Kreisebene,... .
In seiner Bedeutung für die Vernetzung des organisierten
Neofaschismus in Deutschland ist das "Heideheim" vermutlich
einzigartig. Allen Bemühungen zum Trotz gibt es von Seiten
staatlicher Organe keine Anzeichen, daß man gewillt ist, dieses
faschistische Zentrum aufzulösen. Deshalb gründeten (schon vor
dem Verbot der Wiking-Jugend!) AntifaschistInnen in einer
Bandbreite, die von einem örtlichen Sportverein über JUSOs und
Grüne bis hin zu Autonomen reicht, das "Bündnis gegen Rechts - Initiative zur Schließung des rechtsextremen Schulungszentrum in
Hetendorf". Diesem Bündnis hat sich inzwischen eine Vielzahl von
überregionalen organisierten antifaschistischen Gruppen und
Organisationen angeschlossen. Auch wenn in diesem Jahr zu
Pfingsten wohl kaum "Tage volkstreuer Jugend" in Hetendorf
stattfinden werden, will sich das Bündnis genau zu diesem
Zeitpunkt mit antifaschistischen Aktionstagen in der Lüneburger
Heide für die Auflösung des "Heideheims" einsetzen. Daß dazu ein
langer Atem erforderlich ist, belegen die bisherigen Versuche,
dem Treiben der Nazis in Hetendorf ein Ende zu setzen:
Schon 1985 verübte eine Gruppe militanter Antifaschisten einen
Brandanschlag auf den damals im Ausbau befindlichen
Gebäudekomplex. Personen waren nicht gefährdet und der Schaden
für die Nazis war beträchtlich. Gerüchte besagen allerdings, daß
mit dem Erlös aus der Brandversicherung der Ausbau des Anwesens,
wie es sich heute darstellt, erst möglich wurde. Im Sommer
1987 organisierten autonome antifaschistische Gruppen aus
Norddeutschland eine Kampagne gegen die Wiking-Jugend, an deren
Ende eine Demonstration gegen das damalige Herbstlager der WJ in
Hetendorf stand. Die WJ verlegte dann zwar ihr Lager, den
Autonomen gelang es aber nicht, eine breite Unterstützung für
ihre Aktion zu erhalten. In den darauffolgender Jahren gab es in
erster Linie Presseveröffentlichungen über das Treiben in
Hetendorf - aber kaum Widerstand. Anfang der 90er Jahre
intensivierten örtliche Initiativen aus Kirchengemeinden, der
Landjugend und dem Antifaschistischen Arbeitskreis Celle ihre
Aktivitäten gegen die Nazis. So wurden Unterschriften gesammelt,
ein Bolzplatz, den die Wiking-Jugend bei ihren Lagern nutzte,
wurde von der Landjugend beansprucht und die Recherchen des
Antifaschistischen Arbeitskreises führten zu parlamentarischen
Anfragen im niedersächsischen Landtag und im Bundestag. Bei den
antifaschistischen Aktionstagen zu Pfingsten 1995 will das
gesamte Spektrum antifaschistischer Initiativen in gemeinsamen
Aktionen ihrem Protest und Widerstand gegen das "Heideheim"
Ausdruck verleihen. Geplant sind Diskussionsveranstaltungen über
den bisherigen Widerstand und seine Perspektive, Informationen
über den Widerstand der Einwohner von Kvaers in Dänemark gegen
deutsche Nazis in ihrem Dorf, ein antifaschistisches Fest, ein
Zeltlager, Fahrzeugkorsos, eine Demonstration, Musik- und
Kulturveranstaltungen und Führungen im nahegelegenen
Konzentrationslager Bergen-Belsen. Den "Tagen volkstreuer
Jugend" werden somit Tage antifaschistischen Protests und
Widerstand entgegengestellt. Und auch den staatlichen Behörden
soll klar gemacht werden: Mit dem Verbot der WJ allein ist es
nicht getan! Das Nazi-Zentrum in Hetendorf soll weg!
Antifaschistische Aktionstage zu Pfingsten 1995 in der
Lüneburger Heide
Weitere antifaschistische Gruppen und Organisationen, die sich
in diesem Rahmen wiederfinden können, sind aufgerufen sich an
der Vorbereitung der antifaschistischen Aktionstage zu
beteiligen.
Weiterhin ist ein Veranstaltungskonzept erarbeitet worden. Bei
Interesse an der Durchführung einer Veranstaltung zu den
antifaschistischen Aktionstagen in der Lüneburger Heide bitte
ebenfalls an die Kontaktadresse wenden!
Informationen können gegen Beilegung des Rückantwortportos
angefordert werden:
Bündnis gegen Rechts
c/o Celler Zündel
Postfach 1591
29205 Celle
Spendenkonto: Info-Treff, Postbank Hannover, BLZ 25010030,
Konto-Nr. 384862 - 302 (Stichwort 1995)
SYSOP
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