Rechte bei Niedersachsenwahl 94
05.02.95-18:55:33
Rechter Wahlkampf in Celle
Wahlkampf der rechten Parteien in Celle zur Wahl des
niedersächsischen Landtages am 13.03.1994
Am 13. März waren in Niedersachsen die Landtagswahlen. Wir haben
versucht den Wahlkampf der rechten Parteien hier im Landkreis
Celle zu beobachten. Wir haben uns dabei auf die Republikaner
(REP), Die Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), die
National-Demokratische Partei (NPD) und die Deutsche Partei (DP)
konzentriert. Hier ist nun unser Ergebnis. Dies ist sicherlich
unvollständig und resümiert nur auf unseren Beobachtungen. Wenn
ihr also mehr wißt, oder andere Beobachtungen gemacht habt laßt
uns dies wissen und schreibt uns.
Deutsche Partei
Als Beginn des Wahlkampfes ist vielleicht das Bundes- und
Landestreffen der Deutschen Partei am 08.01.1994 im Celler Tor
in Groß Hehlen zu bewerten. Dort hat die DP versucht sich wieder
zu rekonstituieren (siehe unser Flugblatt und unsere
Presseerklärung). Für die Niedersachsenwahl hat diese Partei
aber nicht genügend Unterstützungsunterschriften
zusammenbekommen und so konnte sie nur in einzelnen Wahlkreisen
mit DirektkandidatInnen antreten, so auch im Wahlkreis
Celle-Land. Hier kandidierte der nds. Landesvorsitzende der DP,
Otto Schumeier aus Lachendorf.
In einem völlig unkritischen Interview mit der Celleschen
Zeitung (CZ vom 12.03.94) konnte Schumeier sich als bürgernahen,
fleißigen und aufrichtigen Menschen darstellen der sich und
seine Partei sogar noch nach rechts abgrenzt. Ansonsten war von
der DP nicht viel zu merken. Trotzdem bekam Schumeier immerhin
421 Erststimmen.
Ökologisch - Demokratische Partei
Die ÖDP betrieb nur einen sehr spärlichen Wahlkampf. Es wurden
einmal die Plakattafeln der Stadt mit Plakaten beklebt und es
gab eine Hauswurfsendung mit der Tagespost. In dieser
Hauswurfsendung wurde auf jegliche evtl. rechtslasitge
Formulierung verzichtet und versucht sich als reine
Umweltschutzpartei darzustellen. Als Ergebnis bekam sie im
Wahlkreis Celle-Land magere 68 und im Wahlkreis-Celle Stadt 71
Stimmen.
National - Demokratische Partei Deutschland
Der Wahlkampf der NPD beschränkte sich vorwiegend auf
plakatieren an den Plakatständern der Stadt und einiger
Gemeinden. Dies wurde hauptsächlich - wenn nicht sogar
ausschließlich - von Eduard Biller mit seinem Privatwagen, ein
älterer hellgrüner BMW mit dem Kennzeichen CE-EL-624, gemacht.
Da die allermeisten Plakate mit dem sehr aussagelosen Slogan
"Den anderen den Marsch blasen" innerhalb kürzester Zeit wieder
entfernt oder zerstört wurden, ist Biller wohl vier oder fünfmal
rumgefahren und hatte insgesamt ca. 100 Stück verklebt. An
einigen Plakattafeln stand zu lesen "Billert sieh dich vor",
nach unserem Wissen heißt er Biller, also ohne "t" am Ende. Wer
es besser weiß, möge uns bitte schreiben. Ansonsten gab es zwei
kleine Anzeigen des NPD-Kreisverbandes in der Celleschen Zeitung
und einmal fuhr ein Lautsprecherwagen durch die Stadt. Das
Ergebnis der Wahl ist auch für die NPD eher mager. In Celle-Land
gab es 89 und in Celle-Stadt 85 Stimmen.
Die Republikaner
Den größten Aufwand betrieben die Republikaner. Auf Platz 9 der
Landesliste kandidiert der Kreistagsabgeordnete Wilhelm Köhler
aus Meißendorf und auf Platz 12 der ebenfalls im Kreistag
sitzende Dieter Großmann aus Celle. Bei einem Einzug in den
Landtag hätte es dann zumindest für Köhler für ein Mandat
gereicht.
Laut taz vom 19.08.89 träumte Köhler schon bei der vorherigen
Landtagswahl vom Posten des Justizminister. Diesmal waren die
Chancen für die REPs in den Landtag zu kommen nicht so schlecht
und so begründet sich wohl auch der große Einsatz hier vor Ort.
Anfang Februar verklebten die REPs ca. 15 Aufkleber auf den
Plakatwänden, welche zu einer Großkundgebung am 11.02.94 in
Hannover, im Congreß-Centrum einluden. Wer dort den
Bundesvorsitzenden Schönhuber hören und sehen wollte, mußte
3.-DM Eintritt zahlen. Zu dieser Veranstaltung, welche ja nur
durch massiven Polizeieinsatz (SEK, Pferdestaffeln,
Wasserwerfer, CS-Gas) möglich wurde, gab es auch eine große
Anzeige, ca. 1/8 Seite in der Celleschen Zeitung. Später gab es
noch eine Anzeige vom Landesverband und vier kleinere vom
Kreisverband in der CZ. Darin schreien sie wie schon so oft nach
Sicherheit und Ordnung. Von einigen Menschen wissen wir, daß
die REPs sogar von Tür zu Tür gegangen sind und versucht haben
WählerInnen zu überzeugen. Dies war aber auf
den Dörfern, in Celle begnügten sie sich mit dem Einwerfen von
Informationsmaterial. So wurde zum Beispiel im Bereich der
Neustadt die Parteizeitung "Der Republikaner Nr.2/94" im
Bereich Klein-Hehlen "Der Republikaner Nr.3/94" und ein
gefalteter DIN A4-Zettel (Postfach 1514, 29205 Celle) verteilt.
Ebenfalls ein DIN A4-Zettel wurde mit der Tagespost vertrieben.
Hier versuchen sie sich gegen das Stigma der Rechtslastigkeit zu
wehren: "Die Republikaner sind weder `Nazis` noch Rowdies, wie
es die politische Konkurrenz und die Medien weismachen wollen.
Sie sind vielmehr verantwortlich denkende und handelnde
Staatsbürger/innen, die sich für diese Republik einsetzen". Auch
in einem Interview mit der Celleschen Zeitung (CZ vom 03.03.94)
versuchten sie dies, doch der Redakteur Gerhard Wagner war
engagiert genug, anhand von programmatischen Aussagen der
Republikaner deren rassistisches Gedankengut offenzulegen. In
diesem Interview erklärten sie, daß sie auf öffentliche
Veranstaltungen wegen der zu befürchtenden Proteste verzichten
wollen. Auch Stände wollen sie nicht durchführen (im Gegensatz
zur letzten Landtags- bzw. Europawahl).
Zitat CZ: " Dieter Großmann: `Die Gefahr von Übergriffen ist zu
groß. Meine Gesundheit ist mir wichtiger.` Er möchte nicht so
aussehen wie sein Haus, das vor einigen Tagen mit Farbe
beschmiert wurde."
Auf Lautsprecherwagen wollten sie leider nicht verzichten und so
fuhr dieser mindestens zweimal durch die Stadt. Der Wagen hatte
allerdings ein auswärtiges Kennzeichen. Ein großer Schwerpunkt
ihres Wahlkampfes waren die Plakatierungen. Damit begannen sie
erst relativ spät, ungefähr 2-3 Wochen vor der Wahl, dafür aber
sehr massiv. Zwei Wochen lang waren sie fast jeden Tag
unterwegs und hingen Plakate mit dem national-chauvinistischen
Spruch:
"Deutschland zuerst, Jetzt REP",
fünf Meter hoch an Laternenmasten. Zuerst nur in Celle, später
auch auf den Dörfern. Nach unserer Einschätzung waren, daß gut
und gerne 500 Stück. Allerdings konnten wir auch sehen, daß die
meisten davon kaum älter als ein oder zwei Tage wurden. Entweder
waren sie dann entfernt, zerstört, besprüht oder beschmiert. Auf
den Plakatständern der Stadt bzw. der Gemeinden haben sie erst
sehr spät geklebt, mit dem selben Erfolg wie bei den anderen.
Ansonsten gab es noch vier große Plakatwände von den
Republikaner in Celle welche ebenfalls mit Farbe bearbeitet
wurden. Mit Blick auf das winkende Landtagsmandat war Herr
Köhler (heller PKW-Kombi, CE-CH-794) einer der eifrigsten
Plakatierer. Doch mit einem Landesdurchschnitt von 3,7 % hat es
dazu nicht gereicht. In Celle haben sie aber wieder weit über
den Landesdurchschnitt gelegen. So bekamen sie im Wahlkreis
Celle-Land 5,6 % (2548 Stimmen) und in Celle-Stadt 5,7 % (2930
Stimmen). Zweistellige Ergebnisse erreichten die Reps in Belsen
(13,9%), in Bargfeld (12,6%) in Grebshorn/Wohlenrode (11,1%), in
Bunkenburg/Jarnsen (10,0%) und in Meißendorf (10,8%), in
Jeversen waren es immerhin 9,9%.
Die Naturgesetz Partei
Diese Partei haben wir nicht beobachtet, aber aufgrund ihrer
programmatischen Aussagen wollen wir kurz auf sie eingehen.
Anfang März traf sich in Celle die "Naturgesetzpartei", die mit
etlichen fliegenden Yogis die Welt verbessern will. Neben all
der pseudowissentschaftlichen ganzheitlichen Esoterik wird ganz
nebenbei ständig auf das Wohl der "Nation" gepocht und z.B. von
"nationalem Bewußtsein" und "Kollektiver Gesundheit der Nation"
geredet. Im Übrigen haben alle Menschen, Reiche und Arme, ihren
"natürlichen Platz", an dem sie auch gefälligst zu bleiben haben
und damit auch zufrieden werden sollen (was den Reichen
vielleicht weniger Schwierigkeiten bereitet als den Armen). So
ist auch der "natürliche Platz" der Mütter an Heim + Herd,
schließlich sind sie dafür verantwortlich, daß die folgende
Generation gesund + vital ist. Für Arbeitslose ist ein
Arbeitsprogramm für das Allgemeinwohl vorgesehen. Sämtliche
Probleme wie z.B. Gewalt in der Familie, Kriminalität,
Abtreibungen sollen durch ein anderes Bewußtsein gar nicht mehr
vorhanden sein. Dieses Bewußtsein erhalten alle Menschen durch
die "Erziehung" (welche ganz im Esoterik-Stil, dem Zweck dienen
soll "sein volles geistiges und körperliches Potential zu
entfalten" und "höhere Bewußtseinzustände" zu entwickeln). Wie
die Zeit bis dahin, wenn das Ziel der "Streßfreien harmonischen
Nation" erreicht ist, aussehen soll bleibt unklar. Diese Partei
hat nur einmal plakatiert und nur auf den Plakattafeln der
Stadt. Ihre Plakate blieben weitgehend unangetastet und immerhin
wählten 156 Menschen (beide Wahlkreise zusammen) diese Partei
aus dem Grenzbereich zwischen Esoterik und Faschismus.
Bewertung
Soweit wir beobachten konnten, wurden die rechten Plakte
unmittelbar nach ihren verkleben zerstört. Das hatte den guten
Effekt, daß etliche Leute bis zur Wahl kein einziges NPD-Plakat
und wenn überhaupt bis auf einige Ausnahmen nur zerstörte oder
beschmierte REP-Plakate zu sehen brauchten. Den Rechten wurde
deutlich gezeigt, daß es eine Menge Leute gibt, die absolut
nicht gewillt sind, sich tatenlos das Erstarken der Rechten
anzugucken und die es nicht zulassen, daß sie die Straße für
ihre Propaganda nutzen.
Die REPs wurden bei den vorangegangenen Wahlen oft als sog.
Protestpartei verharmlost. Nachdem nun die Etablierten sich
inhaltlich den REPs angenähert haben (in der
Asylrechtsänderungwurden die Forderungen der REPs sogar naoch
rechts überholt) werden sie im Augenblick nicht mehr als
Wegbereiter des gesellschaftlichen Rechtsruck benötigt und so
erfahren sie jetzt eine allgemeine Diskreditierung. So z.B.: bei
der NDR-Sendung, die ausfiel, weil VertreterInnen der SPD, FDP
und Grünen nicht mit den REPs an einem Tisch sitzen wollten. In
Celle widmete der Celler Kurrier den REPs nicht eine Zeile. Wenn
innerhalb so einer "Stimmungsmache" nur beschmierte oder
zerstörte REP-Plakate zu sehen sind, bewerten die WählerInnen
die REPs vielleicht als das, was sie wirklich sind: Rassisten
und Faschisten.
ANTIFASCHISTISCHER ARBEITSKREIS CELLE
c/o Celler Zündel, Postfach 1591, 29205 Celle
V.i.S.d.P.: H.Klingmann
SYSOP
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