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Wed Sep 13 00:26:27 1995
 

Flugblatt zur Demonstration und AgitProp-Aktion am 2. Oktober 1995
AgitProp-Aktion: 12.30 Uhr, Marktplatz, Goettingen
Demo: 17.30, Marktplatz, Goettingen
Gegen Faschismus und Klassenjustiz! Die Antifaschistische Aktion!

Mit dem 3. Oktober 1995 jaehrt sich das Jahr der sogenannten Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zum fuenften Mal. Zur Zeit des "Kalten Krieges" war es der 17. Juni, der fuer den deutschen Nationalismus herhalten musste, weil die herrschenden Eliten in Wirtschaft und Politik sich gerne selbst feiern und damit gleichzeitig demonstrieren wollen, dass sie fest im Sattel der Macht sitzen. Auch in diesem Jahr wird es wieder offizielle Feiern zur Untermauerung der neuen Rolle des entstandenen Grossdeutschland geben; Duesseldorf ist in diesem Jahr die Stadt, die damit fertig zu werden hat. Erinnern wir uns noch an das letzte Jahr: Bremen glich mehr einem Uebungsfeld fuer Polizei- und Bundesgrenzschutzeinheiten als einer Volksfeier. Nein, eine Volksfeier, deren Voraussetzung ein Begehren des Volkes zu feiern waere, war es nicht. Ja, fuenf Jahre nach der Wiedervereinigung will nicht so richtig Stimmung aufkommen, angesichts der sozialen Situation fuer die meisten Menschen in diesem Land. Nicht nur der Alltag ist eingekehrt, auch Ernuechterung hat sich breit gemacht. Auch in diesem Jahr muss bilanziert werden, wie es um die gesellschaftliche Situation in der BRD bestellt ist. Wie seit 1990 jaehrlich wird der 2. Oktober als Vorabend des "Tages der deutschen Einheit", zum Anlass genommen, antinationalistische und antifaschistische Akzente mittels einer AgitProp-Aktion und anschliessender Demonstration zu setzen. Wie in jedem Jahr wird es einen Themenschwerpunkt geben, auch diesmal rankt er sich im weitesten Sinne um das Thema "Innere Sicherheit". Im speziellen geht es um die Funktion der Justiz. Denn puenktlich zum 50. Jahrestag der Befreiung vom Nazi-Faschismus versucht sich die BRD mit werbewirksamen Feierlichkeiten und Auftritten vor allem im Ausland ein liberales oder gar fortschrittliches Image zu geben. Die Vergangenheit wird als bewaeltigt erklaert. Dass dies nicht so ist, verdeutlicht ein Blick auf die Buehne der Justiz und hinter die Kulissen_ Die Medienoeffentlichkeit der ersten Haelfte des Jahres 1995 war gepraegt von Feierlichkeiten anlaesslich des 50. Jahrestages der Zerschlagung des Nazifaschismus. Mit der braunen Vergangenheit Deutschlands soll(te) aufgeraeumt, der Nationalsozialismus als abgeschlossenes "Phaenomen" dargestellt werden. Darueberhinaus wird nach den strengen Regeln der "Totalitarismusthese" der deutsche Faschismus mit dem real existiert- habenden Sozialismus der DDR und der Sowjetunion gleichgesetzt - selbst waehnt man sich in der Mitte unter aufrechten Demokraten und erklaert alle Deutschen damit gleichermassen zu Opfern des Totalitarismus.

Angriffe gegen organisierten Widerstand
Vor dem Hintergrund dieses historischen und gesellschaftspolitischen Revisionismus - die Geschichte wird zurechtgestueckelt bis sie passt und die Weste der BRD wieder weiss erscheint - soll ideologisch wie praktisch letztlich mit der organisierten radikalen Linken bzw. AntifaschistInnen aufgeraeumt werden. Gut ausgeruestet mit den Argumenten von ueber 10 Verboten faschistischer Organisationen, Parteien und Gruppen, fand in den letzten 1 1/2 Jahren die umfassendste Repression gegen linksradikale Organisationen und organisierte Strukturen seit langem statt.

Repression gegen KurdInnen
Bereits Mitte/Ende der 80er Jahre begannen die BRD durch ihre Organe des Innern -von Verfassungsschutz, Bundesanwaltschaft bis hin zur Polizei - mit der Attackierung und Unterdrueckung des kurdischen Widerstandes in der BRD. Bereits 1987 setzten die ersten Prozesse gegen die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) ein, schon dort kam der §129a (Mitgliedschaft in, Unterstuetzung von, Bildung einer und Werbung fuer eine terroristische Vereinigung) zur Anwendung. Seit jeher ist das Gebaerden des BRD-Staates als Schuetzenhilfe fuer die Tuerkei und zur Wahrung der eigenen oekonomisch-militaerischen Interessen in der Tuerkei zu interpretieren. Mit der Anheizung der Asyldebatte (Artikel 16) und der Hysterie der gestiegenen "Auslaenderkriminalitaet" wurde ein giftiges Gebraeu erzeugt: ein Gemisch aus Rassismus und Terroristenhatz, so dass die PKK und weitere kurdische Vereine und Organisationen heute nicht nur bereits als terroristische Vereinigung verboten sind, sondern als kriminell und gemeingefaehrlich gelten. Die Vernichtung des kurdischen Widerstandes durch die Tuerkei mit Hilfe deutscher Militaerexporte geraet aus der gesellschaftlichen Diskussion. Mit dem Etikett der "terroristischen Vereinigung" versehen, werden seit 1 1/2 Jahren regelmaessig grossangelegte Razzien gegen KurdInnen durchgefuehrt, Vereine verboten, Demonstrationen wegen der Verwendung von PKK-Fahnen zusammengepruegelt, KurdInnen in die Folterkeller der Tuerkei und damit in den Tod geschickt.

Angriff auf den organisierten Autonomen Antifaschismus
Der Versuch, in Goettingen die Autonome Antifa (M) zu zerschlagen, kann als Vorreiter fuer einen bundesweiten Angriff auf den organisierten Antifaschismus gelten. Am 5./6. Juli 1994 kam es nach ueber dreijaehrigen Ermittlungen zu einer Durchsuchungsaktion in und um Goettingen. Politisch richtete sich diese koordinierte Grossaktion der Generalstaatsanwaltschaft Celle, des BKA und LKA sowie den oertlichen Polizeibehoerden gegen die Autonome Antifa (M) und das mit ihr verbundene legal angelegte Konzept. Dieses beinhaltet kontinuierliche Oeffentlichkeitsarbeit, Buendnispolitik und massgebliche Beteiligung am Aufbau einer bundesweiten antifaschistischen Organisation (Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation). Nach fast einjaehrigem oeffentlichen Presse- und Justiz-Hick-Hack zwischen einzelnen Behoerden, hat am 4. August 1995 der Bundesgerichtshof endgueltig entschieden, den Prozess wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" nach §129 gegen 17 Mitglieder und vermeintliche Mitglieder der Autonomen Antifa (M) vor der Staatsschutzkammer Lueneburg zur Hauptverhandlung zuzulassen. Eine Eroeffnung des Prozesses wegen "Werbung fuer die terroristische Vereinigung RAF" nach §129a wurde abgelehnt. Damit ist auch die Anklage gegen die GeschaeftsfuehrerInnen des Buchladens Rote Strasse zusammengebrochen.

Der BGH kommt dabei zu folgenden Entscheidungen:

Trotz vollstaendigem Wegfall der Anklage nach §129a, bedeutet der BGH-Beschluss ein politisches Mammutverfahren fuer die 17 Angeklagten, das sich ueber Jahre hinziehen kann; Grundlage der Verhandlung sind 115 Aktenordner, die eine vierjaehrige Observationstaetigkeit des Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen dokumentieren. Im Laufe dieser vier Jahre, so ergibt sich aus der Beantwortung einer "Grossen Anfrage" der Gruenen im Niedersaechsischen Landtag, sollen allein 143 Personen auf eine moegliche Mitgliedschaft in der Autonomen Antifa (M) ueberprueft worden sein. Wie bereits veroeffentlicht, sind in der Zeit vom 29. Oktober 1993 bis zum 15. August 1994 offiziell 13.929 Telefonate abgehoert worden. Das gesamte Ausmass der Ermittlungen laesst nicht nur auf eine lueckenlose Durchleuchtung des gesamten linksradikalen Goettinger Spektrums schliessen, sondern auch, dass bis weit in linksliberale Kreise geschnueffelt wurde. Zum Ziel haben diese Ueberwachungspraktiken und der folgende Mammutprozess zunaechst die Isolierung und schlussendlich die Zerschlagung der Autonomen Antifa (M) . Es liegt im Interesse aller fortschrittlichen Kraefte, das zu verhindern, da dieses Verfahren vor allem bezueglich des organisierten Antifaschismus eine Pilotfunktion, haben wird und mit einer Kriminalisierung der Autonomen Antifa (M) per Organisationsdelikt (§129) in der Folge praktisch jede politische Gruppe zur "kriminellen Vereinigung" gestempelt werden koennte, die ein aehnliches politisches Konzept hat.

Angriff auf die organisierte deutsche Linke
Am 13. Juni 1995 fand eine bundesweite Durchsuchungsaktion von ueber 80 Wohnungen, politischen Zentren, Arbeitsplaetzen etc. auf Grundlage mehrerer §§129/129a-Verfahren statt. Begruendet werden die Durchsuchungen mit Ermittlungen gegen die linksradikale Zeitschrift "radikal", gegen die "antiimperialistischen Zellen (AIZ)" und gegen das "K.O.M.I.T.E.E.", eine antirassistischen Gruppe, die fuer mehrere (versuchte) Anschlaege im Raum Berlin - beispielsweise gegen einen Abschiebeknast - verantwortlich zeichnete. Vier Menschen wurden waehrend der Grossaktion von Bundesanwaltschaft (BAW) in Zusammenarbeit mit dem BKA und den Landeskriminalaemtern nach Karlsruhe verschleppt und sind derzeit in verschiedenen Gefaengnissen der BRD zum Teil unter Sonderhaftbedingungen isoliert. Ein Mensch, der in diesem Zusammenhang als Zeuge vorgeladen wurde, ist zu fuenf Monaten Beugehaft verurteilt worden, weil er die Aussage verweigert hat. Die Inhaftierung laesst erahnen, mit welchem Massstab seitens der Verfolgungsbehoerden gemessen wird. Gegen verschiedene Menschen ist noch ein Haftbefehl ausgestellt, diese sind aber bis heute nicht auffindbar.

Kriminelle Energie
Wurde in den letzten 15 Jahren immer wieder der §129a bemueht, um mit der Unterstellung des Werbens fuer eine terroristische Vereinigung - in der Regel RAF - verschiedene Widerstandsbereiche und -formen zu isolieren und zu kriminalisieren, so scheint das Schwert des §129a abgeschliffen. Die Messer sind gewetzt, geschaerft wird wieder der alte §129. Dies trifft sowohl fuer die MacherInnen der Zeitschrift "radikal" zu, denen vorgeworfen wird, das Zeitungsherstellen als solches sei kriminell, als auch fuer die Autonomen Antifa (M), der vorgeworfen wird, dass der Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit darin bestehen wuerde, kriminelle Taten zu begehen. Wie auch immer die einzelnen juristischen Konstruktionen aufgebaut sind, deutlich ist, dass der BRD-Staat im Jahre 50 nach der Befreiung vom Nazi-Faschismus zum Grossangriff gegen die noch verbliebenen organisierten Ansaetze linksradikaler Politik ausgeholt hat. Die kriminelle Energie des Sicherheitsapparates ist derzeit darauf gerichtet, die Idee, dass es etwas anderes geben kann als ein kapitalistisches Verwertungssystem auszuloeschen.

Zurueck nach Goettingen
Am 24. August 1995 wartete das Goettinger Tageblatt unter der Ueberschrift "Will Generalstaatsanwaltschaft ein paar Bauernopfer?" mit einem Artikel auf, in der die Goettinger Polizei sich als Opfer der Ermittlungen des LKA und der Celler Generalstaatsanwaltschaft (GSA) bezeichnet. "Bei der Polizei in Goettingen haben die Ermittlungen (_), unterdessen helle Empoerung ausgeloest", heisst es. "Es gehe der Generalstaatsanwaltschaft in Celle offenbar vor allem darum, die sogenannte Deeskalations-Linie in Misskredit zu bringen (_). Die Politische Linie passe der Generalstaatsanwaltschaft nicht. (_). Die Goettinger Polizisten fuehlen sich aber auch vom Landeskriminalamt (LKA) ueber den Tisch gezogen. Beamte der LKA-Sonderkommission, die in Goettingen jahrelang vergeblich die Urheber zahlreicher Anschlaege auszumachen versuchte, haetten offenbar akribisch Aktenvermerke ueber ihre Goettinger Kollegen angelegt (_)." Aufschlussreich ist nicht nur die Aussage der Goettinger Polizei, dass die GSA Celle eine politische Motivation besitzt, sondern die Tatsache, dass die Goettinger Polizei von einer "politischen Linie" spricht. Damit ist wohl aus ihrer Sicht das Deeskalationskonzept gemeint. Sich allerdings in Ermangelung der Faehigkeit die gesamtpolitische Situation zu erfassen als Opfer hinzustellen, ist absurd. Aus der Antwort des niedersaechsischen Innenministeriums vom 6. Juni 1995 an das OLG Celle, die im Zuge der Ermittlungen gegen den antifaschistischen Widerstand verfasst wurde, geht dagegen hervor, dass es kein Deeskalationskonzept gibt - weder seitens des Innenministeriums noch seitens der Goettinger Polizei. Fakt ist, dass die Goettinger Polizei seit 1986 immer wieder in die Schlagzeilen geriet und ihr Ruf stark angekratzt war. Ein paar Schlaglichter verdeutlichen dies.
Einsaetze wie

zwangen die Polizei ihr bisheriges aggressives Einsatzkonzept auf Demonstrationen ueberdenken. In diese Situation hinein erfolgte der Schritt der Autonomen Antifa (M) mit der Silvester-Demonstration 1991/92. Da die Polizei sich zurueckhalten musste, war es in der Folgezeit moeglich, eine andere Demonstrationskultur in Suedniedersachsen zu etablieren, die sich nicht mehr an die repressieven Spielregen des ausgehoelten Demonstrationsrechtes halten musste.

D(i)eEskalation
Aber die Entwicklung in Goettingen auf die gesamte politische Situation zu uebertragen und als deeskaliert oder entspannt zu bezeichnen, waere kurzsichtig. Niemals vergessen werden darf, dass Demonstrationen nur einen kleinen Teil der politischen Arbeit darstellen. Ein Blick auf die kurz dargestellte Gesamtsituation in der BRD aber auch Goettingens zeigt, dass der staatliche Anti-Antifaschismus ideologisch und praktisch tagtaeglich wuetet. Wie bereits angedeutet, umfasst die Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands in Suedniedersachsen mehr, als nur den Versuch, die Autonome Antifa (M) zu zerschlagen.

Beispiel Mackenrode
Fuenf AntifaschistInnen erhielten im Maerz 1995 Anklagen der Goettinger Staatsanwaltschaft. Ihnen wird vorgeworfen, zusammen mit 40 weiteren AntifaschistInnen im Oktober 1991 das Schulungszentrum des Neonazis Karl Polacek angegriffen zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war das Haus in Mackenrode ein Zentrum der bundesdeutschen Neonazi-Szene und wichtiger Bestandteil der Struktur der mittlerweile verbotenen FAP. Bei der Aktion im Oktober 1991 wurde nicht nur ein Schulungstreffen der FAP verhindert, sondern der politische Druck auf das niedersaechsische Innenministerium reichte aus, um die Ausweisung Polaceks auszuloesen. Die Anklagen gegen die AntifaschistInnen beruhen im wesentlichen auf der engen Zusammenarbeit zwischen Ermittlungsbehoerden und Neonazis und waeren ohne die Aussagen der Nazis vermutlich gar nicht zustande gekommen. Unter anderem wurden ihnen Lichtbildmappen von bekannten AntifaschistInnen vorgelegt.

Der 2. Oktober 1995
Trotz der Repression, trotz der weiteren Schnueffeltaetigkeit der Sonderkommission 606 des LKA, trotz des anstehenden Mammutverfahrens wird die Autonome Antifa (M) an ihrem bisherigen Konzept der konstruktiven Politik festhalten - dies gilt auch fuer den Aktionstag am 2. Oktober 1995. Die Demonstration im Anschluss an die AgitProp-Aktion wird, wie die Jahre zuvor, einen schwarzen Block beinhalten, denn nach wie vor gilt, dass wir uns nicht selbst den ermittelnden Behoerden auf dem Tablett servieren wollen. Da wir die Vermittlung der Inhalte der Demonstration zum Ziel haben, streben wir einem friedlichen Ablauf der Demonstration an. Dies war auf den Demonstrationen, an der sich die Autonome Antifa (M) in den Jahren zuvor beteiligte, immer dann gewaehrleistet, wenn die Polizei sich entsprechend zurueckhielt.

Die AgitProp-Aktion
Die AgitProp-Aktionen und Demonstrationen zum 2. Oktober sind Teil der politischen Konzeption der Autonomen Antifa (M). Sie haben das Ziel, im Buendnis mit anderen Gruppen eine breite Oeffentlichkeit anzusprechen, Position gegen die gesellschaftliche Rechtsentwicklung zu beziehen und antifaschistische Politik zu propagieren. In diesem Jahr wird die AgitProp-Aktion zusammen mit der Antifa Jugendfront (AJF) und dem Politischen Arbeitskreis (PAK) vorgetragen. Gesellschaftlichen Widerspruechen wird eine linke Widerstandskultur, die Alternativen zum Bestehenden aufzeigen soll, entgegengesetzt. Die AgitProp-Aktionen sind Ausdruck dieser Gegenkultur. In Anlehnung an vier Prozesse aus Vergangenheit und Gegenwart, die als exemplarische Beispiele dienen und nicht den Anspruch absoluter Authentizitaet haben, soll die Kontinuitaet staatlicher Klassenjustiz und die damit bezweckte Zerschlagung fundamentaler Opposition gegen das Herrschaftsystem dargestellt werden. Ein Richter, der durch die Staatsformen hindurch derselbe bleibt und nur seine jeweilige Gestalt aendert, wird dabei ebenso eine Hauptrolle spielen, wie die vier Angeklagten, die durch ihren politischen Kampf den Herrschenden gefaehrlich werden. Den Anfang macht der Prozess gegen Rosa Luxemburg, Kaempferin in der SPD des Kaiserreiches und spaeter in der KPD, der 1914 gegen sie gefuehrt wurde. Wegen "Aufrufs zum Ungehorsam gegen die Obrigkeit" wurde sie zu einem Jahr Knast verurteilt. Das, was sie verbrochen hatte, war, im ganzen Land gegen Militarismus und Krieg zu agitieren. Dies passte den kriegshetzenden Machthabern nicht. Schon wenige Monate nach ihrer Entlassung wurde Rosa Luxemburg bis zum Ende des Krieges in "militaerische Schutzhaft" genommen. Im Januar 1919 dann wurde sie von rechts-reaktionaeren Freikorpsverbaenden ermordet. Der zweite Prozess dreht sich 1933 um die Anklage gegen mehrere Kommunisten mit dem Vorwurf, den deutschen Reichstag angezuendet zu haben. Angeklagt war auch der bulgarische Revolutionaer Georgi Dimitroff. Obwohl der Nazi-Staat mit allen Mitteln versuchte, Kommunisten den Brand zuzuschieben, um sie in der Oeffentlichkeit zu isolieren, gelang es Dimitroff, dank der starken Solidaritaet durch Teile der Bevoelkerung und kluge politische Prozessfuehrung, einen Freispruch fuer sich zu erwirken. Der Hollaender van der Lubbe dagegen wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Der dritte Prozess findet 1975-77 statt. Angeklagt ist die erste Generation der RAF. Unter anderem wegen Anschlaegen auf US-Militaerzentren im Rahmen der weltweiten Aktionen gegen den brutalen Zerstoerungskrieg der USA gegen Vietnam wurde der in der Geschichte der BRD bis dahin beispiellose "Stammheim-Prozess" gefuehrt. Der Verurteilungswille der deutschen Justiz einhergehend mit der "Terroristenhetze" des bundesdeutschen Staates waren schon im Vorhinein allzu deutlich. Im Rahmen dieser Hetze und des Prozesses selbst wurde eine Unzahl von Gesetzen beschlossen, die eine Verurteilung der Angeklagten moeglich machen sollten und eine Zerstoerung der radikalen Linken in Deutschland zum Ziel hatten. 1975-1977 dann versuchte sich der deutsche Staat vorerst des Problems RAF mit der Ermordung Ulrike Meinhofs, Andreas Baaders, Jan-Carl Raspes und Gudrun Ensslins im Knast in Stammheim zu entledigen. Der vierte und letzte Prozess befasst sich mit der Unterdrueckung kurdischer RevolutionaerInnen in der BRD, die gegen die Unterstuetzung des faschistoiden tuerkischen Regimes durch die BRD und fuer die Befreiung Kurdistans kaempfen. Durch die gesamte AgitProp-Aktion fuehrt ein antifaschistischer Moderator. Am Ende wird er zu dem behandelten Thema einen regionalen Bezug herstellen, indem er die Kriminalisierung der Autonomen Antifa (M) darstellt. Hier wird durch das Landeskriminalamt Niedersachsen versucht, antifaschistischer linksradikaler Politik, die sich in der Region verankert und buendnisfaehig gezeigt hat, zu isolieren und mit Mammutverfahren zu ueberziehen. Der Prozess steht hier noch aus.

Da eine reine Darstellung von Unterdrueckung und Repression keine Perspektive aufzeigen kann, wird der Widerstand gegen die deutsche Klassenjustiz am Ende der Aktion stehen.

Kampf dem Faschismus heisst Kampf dem imperialistischen System!

Die Vernichtung der Wurzeln des Faschismus bleibt unser Ziel!

Goettingen, 9/95

Autonome Antifa (M) organisiert in der Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organisation